Was für ein Sex-Drama!
Und das in jeder Hinsicht. Einen Skandalfilm wollte Regisseur Reygadas erschaffen, über die Darstellung eines Mexikaners, der aufgrund seines schlechten Gewissens zugrunde geht.
Doch das bleibt kaum hängen.
Nicht von ungefähr stürzten sich nahezu sämtliche Kritiker auf die schonungslosen Sexszenen und konzentrierten sich weniger auf die eigentliche Botschaft.
Geht mir genauso, irgendwas muss Reygadas grundlegend falsch gemacht haben.
Hauptfigur Marcos sehen wir direkt in der ersten Einstellung, nackt.
Er ist korpulent, etwa um die 50, wirkt nicht gerade gepflegt und so steht er da mit seinem Hängebusen, dem dicken Bauch, - schwer atmend und doch starr in der Bewegung.
Langsam fährt die Kamera an ihm herunter, vor ihm kniet ein Dreadlockgirl und bläst ihm einen. In einer Einstellung recht deutlich.
Kurz darauf weint die Frau, die Verbindung zwischen Sex und seelischem Schmerz scheint hergestellt.
Doch weit gefehlt.
Marcos, so erfährt man eine Weile später, hat gemeinsam mit seiner Frau ein Baby von Bekannten entführt, um Lösegeld zu erpressen, doch das Baby stirbt.
Er vertraut sich der wesentlich jüngeren Ana an, der Tochter eines Generals, für den Marcos arbeitet. Bei ihr sucht er Erlösung und Erleichterung (auch in sexueller Hinsicht), doch aus der Misere scheint es nur einen Ausweg zu geben.
Hin und wieder schätze ich Beiträge weit außerhalb des Hollywood Mainstreams und bin auch gerne bereit, etwas Geduld mitzubringen, doch „Battle in Heaven“ hat diese arg überstrapaziert.
Dabei stören noch nicht einmal so sehr die unästhetischen Sexszenen, als der fehlende Zugang zu den Figuren und die schwerfällig Art der Erzählung.
Marcos ist eine Momentaufnahme. Er spricht nicht viel, er zeigt nur eine Emotion: Das schlechte Gewissen, dass ihn plagt.
Man erfährt keine Hintergründe seiner Aktionen, weiß nicht, in welcher Beziehung er zu Ana steht, wie er sie kennen gelernt hat, - er ist einfach nur da, innerlich zerrüttet, meistens schweigsam und lethargisch.
Entsprechend verlaufen die Kamerafahrten als Abbild seiner Seele.
Oft bleibt sie minutenlang auf ein unbewegliches Motiv gerichtet, mal fährt sie in endlos wirkenden Fahrten über die Stadt, quer durch unwissende Passanten, die natürlich fast alle blöd in die Kamera schauen, was der Authentizität nicht gerade zuträglich ist.
Mal eine Vogelperspektive über einen Autobahnring, dann eine U-Bahn Passage, ein Gesicht in Nahaufnahme, und religiöse Motive, um Sinnbilder herzustellen, was letztlich bei einer Wallfahrt endet.
Reygadas Absicht wird zwar deutlich, doch die Form der Verpackung ist alles andere als ansprechend.
Schließlich kommt man nicht umhin, die Sexszenen zu besprechen, denn sie machen einen nicht unerheblichen Teil des Streifens aus, zumal diese sinnbildlich für die Aussage der Geschichte sprechen.
Sicher, es ist unbequem, einem fettleibigen, nicht mehr jungen Paar beim Sex zuzuschauen, aber es ist zumindest ehrlich. Nur ästhetisch ist es in dieser Form nicht.
Die Kamera hält in Nahaufnahme drauf, zeigt Fettpolster, tiefe Falten, mal einen erigierten Penis, der direkt nach dem Sex wieder abschwillt, Teile eines Blowjobs, eine Vagina, - Details, die die Aussage nur selten verdeutlichen, da viele Szenen teilweise ohne Zusammenhang gezeigt werden.
In einer masturbiert Marcos, während im TV ein Fußballspiel gezeigt wird. Mal davon abgesehen, dass dies nicht in Ansätzen überzeugend wirkt, steht diese Sequenz ohne jeglichen Zusammenhang zu dem, was davor oder danach geschieht. Zwar sieht man in dieser Einstellung kein Geschlechtsorgan, doch weiter bringt uns das nicht.
Am Ende trifft der Film noch nicht einmal eine deutliche Aussage, er bleibt diffus, wie der komplette Verlauf. Die Absicht zwar erkennbar, die Form der Darstellung aber kaum zugänglich.
Sicher, die Darsteller agieren authentisch, wirken keineswegs stelzig oder gar künstlich, aber ihrem gnadenlos schwerfälligen Handeln beizuwohnen, ist beileibe nicht ansprechend.
Und im Zusammenhang mit der ungeschönten Darstellung von angeblichem Alltagssex muss man sich doch die Frage stellen, warum ausgerechnet ausschließlich Anas wohlgeformter, nackter Körper das Filmplakat ziert.
Soll der Streifen am Ende doch eine ganz andere Zielgruppe anlocken?
Sicher wird es Zuschauer geben, die mit der Starrheit des Ganzen etwas anfangen können und sich gerne der Lethargie und des Schuldbewusstseins der Hauptfigur hingeben.
Ich für meinen Teil, habe einen Film gesehen, der mich über die komplette Laufzeit nicht angesprochen oder gar berührt hat, - nicht nur unbequem, sondern furchtbar langweilig.
2 von 10