Zweitverfilmung des 1942 gedruckten, 1984 bereits einmal für das Fernsehen bearbeiteten "The Body in the Library", dass vom Titel her durchaus zu den im Volksmund geläufigeren, aber jetzt auch nicht wirklich zu den am Wertesten Geschätzten Titeln von Agatha Christie gehört. Hier als Bestandteil einer britischen Serie, die damals noch frisch in Season 1 an den Start gegangen, aber auch schnell sowohl Anhänger als auch die Ablehner, die Zweiten dann eher mit der lauteren Stimme und dem Brustton von Empörung und Überzeugung darin gefunden hat. Die Gründe für den Aufruhr sind durchaus schnell ersichtlich wie sich auch der langanhaltende Erfolg mit der Vorlage selber erklären lässt, weißt man dem geschriebenen Wort doch noch ordentlich Tribut, zumindest auf dem gleich so raschelnden Drehbuchpapier. Die Darbietung selber ist dann Verballhornung und Travestie:
Als eine ihm unbekannte junge, blonde Frau tot in seiner Bibliothek gefunden wird, gerät trotz seiner Unschuldsbeteuerungen schnell der verdutzte Hausherr, der pensionierte Colonel Bantry [ James Fox ] in den Verdacht. Um diesen und den Tratsch reinzuwaschen, wendet sich seine Frau Dolly Bantry [ Joanna Lumley ] an ihre gute Freundin Miss Jane Marple [ Geraldine McEwan ], dem Hintergrund des Mordes und der Identität der Toten auf die Spur zu gehen. Zudem wird aus alten Zeiten der ehemals bei Scotland Yard tätige Colonel Melchett [ Simon Callow ] reaktiviert, der den bisher leitenden Superintendent Harper [ Jack Davenport ] bei den Untersuchungen ein wenig unterstützen und führen soll. Die Ermittlungen führen das ungleiche Trio auf jeweils ihren Wegen in das Hotel "Majestic" in Danemouth, wo Josie Turner [ Mary Stockley ], die Cousine der Toten, und ihre letzten Bekanntschaften, der potentielle Adoptivvater Conway Jefferson [ Ian Richardson ] und seine verwitweten Schwiegerkinder Adelaide Jefferson [ Tara Fitzgerald ] und Mark Gaskell [ Jamie Theakston ] sowie der Tanzpartner Raymond Starr [ Adam Garcia ] gastieren.
Kennern des Romanes sind die Gleichheit von Figuren und Inhalt hier durchaus aufgefallen und auch als da erst schätzenswerter Faktor durchaus zu Eigen. Bis auf die pre-title, die sich aber aus dem Imagination und schon als gescheiter Aufhänger mit dem ersten Knalleffekt, und auch dem Bewandtnis für spätere Ereignisse ergibt, kann man den Personen und ihren (Schand)taten sicherlich nicht Zeile für Zeile, aber in Kurzfassung und Reminiszenz von einem Medium zum Anderen folgen. Manchmal könnte man parallel lesen oder die An- und Bemerkungen miteinander vergleichen; sowieso hat sich der Autor des Skriptes in zumindest geraffter Manier mit dem Original befasst und an das nahezu Meiste überwiegend gehalten.
Dummerweise nur ist der Roman nicht gerade das Husarenstück schlechthin, aber mit Wohlwollen eher ein Zeit-, Gesellschafts- und Trivialporträt einer ganzen bestimmten Phase in der Öffentlichkeit allgemein und einem kleinen Kreis Eingeschlossener speziell. Böte Platz für eine Analyse einer Schutz- und Trutzburg, verkörpert durch einen Kurort, in dem Arm auf Reich und Vergangenheit auf Gegenwart und Zukunft, sowie auch die Gegensätze von Mann und Frau und ihr Verhalten aufeinander trifft. Die Kriegszeit wird möglichst ausgeblendet, herrscht aber wie so oft bei Christie im Nachhall von verstorbenen und/oder körperlich bzw. seelisch veränderten, geschädigten Personen immer im Hintergrund vor. Eine Familie steht im Mittelpunkt der Ereignisse, eine Gruppe von Menschen, denen die eigentlichen Bindeglieder untereinander schlichtweg fehlen, und die so aus anderen Gründen entweder zusammenbleiben oder zueinander gehören. Kriminalistisch ist das etwas rar und dramaturgisch schon wieder fast zu trocken, wird sich zwar in Motiven, Alibi, Verdächtigungen hier und geheimen Gefühlen da, aber dies auf recht banalem Societyniveau und als tanz- und Klatschbasenveranstaltung, quasi begonnen in der Morgenstund und über den Fünf-Uhr-Tee bis hinein in die dunkle Nacht geführt.
Getreu dessen residiert man hier auch nur an eigentlich einem einzigen Ort, im Film noch mehr als im Buch, wo ja noch in die Phantasie gesprungen und ansonsten auch mehr an Schauplatz erwähnt und gewechselt wird. Eine illustre Faulenz-, Touristen- und Reichenkulisse als komplett weißem Schloss am Meer, mit Pool, mit Strandpromenade und Ballsaal, wenn dieser auch eher stickig ausschauend und kleingeschrumpft wirkt. Es wird viel und eigentlich dauernd palavert, dazu immer kleinere und größere Mahlzeiten eingenommen, also viel getrunken und auch mal diniert. Die Parteien wechseln sich, was sich auch im Buch so herleitet, aber hier mit andauernden Rückblenden zurzeit vor der Tat und dem Abklären des Schema, wer wann wo und mit wem und überhaupt auch uninteressanter, unwichtiger und konfuser ergibt.
Die Hintergründe der diversen Konstellationen sind ganz ansprechend, die Location im besten theaterhaften Sinne und als sichtliches Ausstellungsstück der Bühnenkulisse soweit einnehmend, da adrett. Die vielen Verweise auf die Quelle freuen den Leser, die Ratifizierungen auch, die teils hanebüchenen Änderungen und Simplifizierungen eher weniger, und die Wahl der Darsteller oder – trotzdem oder gerade deswegen – dafür überhaupt nicht. Fehlbesetzung McEwan als Miss Marple übertreibt wie auch der große Anteil der Schar ihre Variationen von Mimik und Gestik und Kommunikation bis hin zum entnervenden Exzess, strikt gefolgt von der einstig herben New Avengers tomboy-Schönheit Lumley, die hier als Drag Queen fungiert und wie ein Teil der Anderen Akteure auch entsprechend bis zum Exzess chargiert. Davenport wähnt sich scheinbar noch bei Coupling oder in einem anderen Sketchambiente und wird wahrscheinlich auch von den anderen gecasteten Männern abgelenkt, wo man doch schnell Angst haben muss, dass da beizeiten der falsche Bart ab-und so der Vorhang der dick aufgetragenen Schmierenkomödie fällt.