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Die Stimme aus dem Off verkündet es gleich zu Beginn: In einem zweiten amerikanischen Bürgerkrieg 2017 werden die Vereinigten Staaten von einem autokratischen Regime beherrscht - die letzte freie Stadt ist Steel Harbor, wo die titelgebende Hauptdarstellerin Barbara "Barb Wire" Kopetski (Pamela Anderson) einen Nachtklub betreibt und dabei in 007-Manier u.a. als Kopfgeldjägerin diverse lukrative Aufträge annimmt. Was sich einigermaßen trashig anhört erweist sich dann jedoch als solider Actionfilm, der zwar nichts grundlegend Neues bietet, jedoch tempo- und actionreich ohne allzu große Längen durchläuft.

Barb Wire funktioniert auch deswegen so gut, weil sich der Film nicht zwingend ernst nimmt und entsprechend der Comic-Vorlage an manchen Stellen auch ziemlich übertreibt. Der running gag "Nenn mich niemals Babe", den Barb Wire stets mit einer Ladung Blei in den diese Worte Aussprechenden beantwortet, mag hierfür stellvertretend stehen, genauso wie ihr Butler & Manager Curly (Udo Kier), dem sie schon mal die Perücke von der Glatze wischt, wenn er allzu betulich nach seiner Gage fragt. Denn so überzeugend sich Miss Kopetski in stets hautengem schwarzen Leder und High-Heels durch dunkle Hinterhofgassen prügelt, Hotelwände sprengt, sich an steilen Fassaden herunterläßt oder einem allzu aufdringlichem Stripshow-Gast ihren Spike in die Visage donnert, so wenig perfekt erscheint die Figur der Barbara Kopetski, die mit stetem Geldmangel zu kämpfen hat und ihrerseits von ihrem Ex-Freund auch schon übel hängen gelassen wurde.

Die Story mit dem repressiven Regime, dessen Repräsentanten alsbald auftauchen, da sie Widerstandskämpfer suchen die sie in Steel Harbor vermuten, mag rudimentär an Casablanca erinnern, dennoch ist Barb Wire in erster Linie ein Actionfilm und weitere Parallelen zu dem Klassiker der 40er bestehen bestenfalls noch in den Nazi-Lookalike-Uniformen der Regierungsvertreter. Barb Wire verwendet einige Versatzstücke aus anderen Filmen und fügt sie zu seiner eigenen Hintergrundkulisse zusammen: Der Club erinnert an das Tech Noir aus Terminator I, der schwarze Gangsterboss an den Duke aus  Die Klapperschlange, seine Kämpfer dagegen an die Bösewichte aus Mad Max II bzw. III, der korrupte Polizeichef von Steel Harbor hat gleich mehrere Entsprechungen. Einige Szenen aus dem später verfilmten Sin City scheinen wiederum Bezug auf Barb Wire zu nehmen. An Innovationen bietet das dystopisch angehauchte Science-Fiction-Märchen Barb Wire das Gedankenlesen aus den Gehirnen auch von gekühlten Leichen an, angewendet von den Folterspezialisten der neuen Regierung, außerdem ermöglichen spezielle Iris-Linsen das Täuschen der bei Razzien beliebten Identifikations-Scannern.

Dass Pamela Anderson nicht besonders gut schaupielern kann dürfte nicht verwundern, dennoch genügt allein ihre Präsenz als Sexbombe in schwarzem Leder, um Barb Wire glaubhaft zu verkörpern. Gut besetzt sind auch die Nebenrollen, angefangen von Udo Kier (der leicht tuntige Curly) über den Ganoven Schmitz (Clint Howard - was für ein exemplarisches Arschgesicht) oder den Gangsterboss, der in einer Baggerschaufel auf einem Schrottplatz residiert ("Du weißt doch, daß ich nur große fette Frauen mag"), sie alle bilden einen angemessenen Rahmen für diesen unterhaltsamen, wenngleich auch nicht innovativen Film. Die teilweise grottendämlichen Dialoge sind in ihrer gewollten Klischeehaftigkeit teilweise kaum mehr zu übertreffen, passen aber erstaunlicherweise sehr gut zum Geschehen und werden darüber hinaus mit einer Selbstverständlichkeit vorgetragen, die einem das Geschehen nie langweilig erscheinen läßt.

Ein Lob muss auch den aufwendigen Settings gezollt werden, hier wurde nicht gespart und auch wenn Inventar zerdeppert wird - und es wird reichlich viel Inventar zerstört - hat man nie den Eindruck daß hier ein B-Movie mit Effekten geizt. Das gilt für die verwüsteten Hotelzimmer genauso wie für ihren eigenen Club, das Hammerhead, den die Regierungsschergen zerlegen. Auch die NS-ähnlichen Uniformen dieser Kampftruppen, die Monturen der Widerstandskämpfer und last not least das stets tadellos sitzende schwarze Lederkostüm von Barb Wire, hier wurde sich Mühe gegeben.

Barb Wire bedeutet eineinhalb Stunden Action und Spaß mit einer furiosen, jedoch nie overactenden Pamela Anderson - ein Film, den man sich gerne auch noch ein zweites oder drittes Mal anschaut. 8 Punkte

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