„Highlander“, das war sein Durchbruch, sein Meisterwerk und gleichzeitig auch seine Karrierehöhepunkt. Danach ging es für Regisseur Russell Mulcahy leider abwärts. Nach seinem kommerziellen wie künstlerischen Tiefpunkt „Highlander II: The Quickening“, dem gefloppten „The Real McCoy“ und dem tendenziell in Richtung B-Liga zeigenden „The Shadow“ musste Mulcahy den Weg in die zweite Budget-Klasse antreten und macht dort seitdem mit Perlen wie „Silent Trigger“, „Resurrection“ oder „The Lost Battalion“ auf sich aufmerksam. „Ricochet“, produziert von Joel Silver („Lethal Weapon“, „Die Hard“), entstammt noch aus seinen besseren Tagen, Anfang der Neunziger, stellt sich allerdings als eines seiner schwächeren Werke heraus.
Das Skript Fred Dekkers („Night of the Creeps”, „Robocop 3”) und des in den Achtzigern für glänzende Drehbücher verantwortlichen Steven E. de Souza („48 Hrs.”, „Die Hard“) zeigt sich als eine wenig einfallsreiche Variation von „Cape Fear“. Der psychopathische Verbrecher Earl Talbott Blake (John Lithgow, „Cliffhanger“, „Hollow Point“) wartet nach seiner Inhaftierung nur auf die richtige Chance, um es Cop Nick Styles („Training Day“, „Man on Fire“), der ihn seinerzeit ins Knie schoss und verhaftete, heimzuzahlen.
Die dreckig-düstere Stimmung von „Highlander“ oder „Silent Trigger“ sucht man in diesem von Mulcahy doch ungewohnt konventionell und stillos inszenierten Psychothriller vergeblich. Daran können weder Kamera-Ass Peter Levy („Cutthroat Island“, „Broken Arrow“) noch Alan Silvestri („Forrest Gump“, „The Long Kiss Goodnight“)mit dem deutlich von seinem eigenen „Predator“ - Score zehrenden Klängen etwas ändern.
Aufmerksamkeit erregen nur die hinsichtlich des Themas doch befremdlich brutalen Actioneinlagen. Insbesondere der sadistische Blake ist in seiner skrupellosen Vorgehensweise immer für bluttriefende Vergeltungsmaßnahmen zu haben. Nur etwas peinlich, dass „Ricochet“, eigentlich als Thriller konzipiert, auch genau daraus seine Höhepunkte bezieht.
So sehr Lithgow sich in seiner Schurkenrolle, die er nur wenig später in „Cliffhanger“ perfektionieren sollte, bemüht, hängen bleiben tun nur die Actionszenen. Insbesondere der Gladiatorenkampf gegen den Vertreter einen rassistischen Nazigang (Was sonst?) im Knast ist eine deutliche „Highlander“ – Reminiszenz bezüglich Kameraeinstellungen, Hintergründe und Waffenwahl. Weiterhin erwähnenswert ist der Schlussshowdown in luftiger Höhe mit vorhergehender, bildschirmfüllender Explosion.
Neben einigen logischen Ungereimtheiten (Kam nie jemand auf die Idee Blakes Zelle zu inspizieren?) und zumindest zu Beginn noch guten Sprüchen, fällt vor allem der zu flott vonstatten gehende Gemütswandel, vom erfolgreichen Anwalt zum reputationslosen, unglaubwürdigen Psychowrack negativ auf. Blacks Eindringen in Styles Leben, die Ruinierung seines Ruf und seiner Ehe laufen bisweilen sehr konstruiert ab und sehen die Reaktionen Styles zu genau voraus.
Der junge Denzel Washington ist trotz gestähltem Oberkörper noch nicht in Oscar-verdächtiger Performance und schlägt sich als tüchtiger Karrieremann konturlos. Unterstützt wird er dabei von bekannten Gesichtern wie dem hier passend besetzten Ice-T („Johnny Mnemonic“, „Mean Guns“) und Kevin Pollak („The Whole Ten Yards“, „Hostage“). Ice-Ts Rolle ist hier zwischenzeitlich größer als nötig, weil er final noch eine wichtige Hilfe abgeben muss.
Hauptmanko des Films ist wohl leider Regisseur Russell Mulcahy, der ansonsten stets ein Garant für bravouröse Action und atmosphärische Sets ist. Am Stoff von „Ricochet“ beißt er sich einfach die Zähne aus. Das Duell der beiden Todfeinde vermag er nur wenig packend auf die Leinwand zu bannen. Insbesondere Blakes Annäherungsversuche und die anschließende Entführung mit Drogenmissbrauch und Vergewaltigung vermitteln kaum die anvisierte beklemmende Stimmung. Selbst als Styles den Spieß umdreht, lebt „Ricochet“ nicht von seiner psychologischen Raffinesse sondern dem simplen und in diesem Fall auch plakativ einfältigen Kampf auf Leben und Tod.
Fazit:
Durchschnittlicher Psychothriller mit unnötig brutalen Actioneinlagen, die in diesem Fall den Großteil des Publikums blenden und die dramaturgischen Defizite zu übertünchen versuchen. Darunter versteckt sich jedoch nur ein soweit ordentlich gespielter, vorhersehbarer, mitunter überkonstruierter Thriller, in dem ein ausgebrochener Ex-Knacki seinem damaligen Peiniger das Leben so richtig zur Hölle machen will. Russell Mulcahys Stoff war „Ricochet“ mit Sicherheit nicht.