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Der stinkreiche Waffenhändler Harry Laird (Horst Buchholz) lädt am Vorabend des 1. Weltkriegs eine illustre Runde von Gästen auf seine Yacht im Mittelmeer ein. Meist sind es Industrielle, Militärs oder Schuldner, die er mit einer Aufführung eines alten griechischen Theaterstücks um Aphrodite und ihre Auferstehung bespaßen will. Der Clou am ganzen: die Gäste werden das Stück selbst spielen und da das Stück auch noch mit einer Orgie ende, sind den Ausschweifungen keine Grenzen gesetzt. Auch dabei: die leckere Pauline (Valerie Kaprisky), die mit ihr Tante (Capucine) eingeladen ist und da ihre Tante bei Harry in der Schuld steht, muss selbst die keusche Pauline bei der Inszenierung mitmachen…

Ich frage mich eigentlich recht selten bei Filmen: wieso tust du dir das an? Inzwischen, nach langen Jahren, ist mein Geschmack bei Filmen halbwegs sicher geworden und ich greife nicht mehr komplett ins Klo – meist ahne ich schon nach Schilderungen und Kritiken (oder der Besetzung), ob ein Film für mich etwas ist, oder nicht. Ich hätte dieses Mal auf meinen Radar hören sollen, der mich warnte, dass das nix werden kann.
Ich war leichtsinnig geworden: kurz zuvor hatte ich nämlich einen, wie ich finde, recht gelungenen und unterhaltsamen Softsex-Film gesehen („Vanessa“ von 1976 von Hubert Frank mit der wunderhübschen Olivia Pascal) und da dachte ich mir im „jugendlichen“ Übermut: versuch’s doch mal mit APHRODITE.
Immerhin eine namhafte Besetzung, ein bekannter Regisseur (Robert „Dr. Phibes“ Fuest, der zumindest ein guter Handwerker ist) und der Kameramann von David Hamilton, nämlich Bernard Daillencourt (und es gibt tatsächlich einen Hamilton-Film, den ich mag, „Die Geschichte der Laura M.“). Zudem spielt die süße Valerie Kaprisky mit.
Na ja, mein Bauchgefühl hatte Recht, mein Kopf nicht: APHRODITE ist ein unerträglich langweiliges, prätentiöses, unerotisches und lachhaftes Softsex-Dramolett. Am Anfang denkt man noch: okay, könnte was werden, selbst Horst Buchholz, der in der zweiten Hälfte zügellos chargiert, hält sich zurück, die Bilder sind schön, der Hintergrund des drohenden 1. Weltkriegs ist interessant und Valerie wäscht sich ausgiebigst vor einem Einwegspiegel.
Spätestens aber als die Gäste auf der Insel sind, bizarre Kostüme tragen, Texte rezitieren und unerotische Sexszenen absolvieren und Hotte guckt sich das Treiben mit sardonischer Miene an, wird’s schmerzhaft.
Vermutlich soll das Ganze die Dekadenz (der Todestanz!) der Bourgeoisie verkörpern: einfach weiterfeiern und Waffen kaufen, als ob es Spielzeug wäre und dabei den bevorstehenden Krieg vergessen. Harry der Waffenhändler manipuliert seine Gäste und will sie moralisch austesten, aber warum, ist nicht ganz klar – die Waffen bekommt er eh verkauft. Und so endet das bunte Treiben recht abrupt.
Außerdem irritierte mich, dass einige Softsex-Szenen etwas „härter“ waren (nicht Hardcore), offensichtlich wurden diese nachträglich dilettantisch eingefügt, um den Film besser zu vermarkten. Sexier wurde dieses Filmchen dann auch nicht. Und Valerie Kaprisky macht sich nur am Anfang frei – sie bleibt trotz dunkler Andeutungen von Horstie keusch und standhaft. Auch eine versuchte Vergewaltigung mit ihr bleibt zum Glück erfolglos und dabei ist dann noch ein schlechtes Body-Double dabei.
Kurzum: ein strunzenlangweiliger, unerotischer und manirierter Softsexstreifen, der seinen ach so kritischen, anti-dekadenten Standpunkt einfach kontakariert, in dem er die Dekadenz kommentarlos abfilmt und grotesk beendet. Dann lieber ein ehrlicher Softsex-Film wie „Vanessa“, der nicht mehr sein will als er ist oder ein ehrlicher Hardcore-Film mit Lanny Barby oder sonst wem Attraktives. 2/10.

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