In den USA gnadenlos gefloppt, findet nun auch Tony Scott’s „Domino“ den Weg in die deutschen Kinos. Doch auch hierzulande scheinen sich nicht viele für den Film zu begeistern, gerade mal 9 Leute waren (am Starttag!) im Kino. Kommerziell gesehen also nicht berauschend. Doch „Domino“ hat etwas, dieses „Etwas“ ist mal gut und mal schlecht und kann die ein oder andere Länge bei knapp zwei Stunden Laufzeit auch nicht vermeiden. Trotzdem erweißt sich der Film als unterhaltend, was vor allem der einzigartigen Optik zu verdanken ist.
„Domino“ ist ein Film, der gleichzeitig schockiert wie fasziniert. Augen und Ohren fühlen sich von Anfang an wohl, die Optik ist einzigartig. Rasante Schnitte, Farbfilter weit und breit, ineinander laufende Farben – furios und teilweise überwältigend. Auch der Soundtrack kommt spitze, hier wurden alle denkbaren Genre zusammengewürfelt und heraus kam ein Fest für die Lauscher.
So genial die Optik, desto schlechter der Inhalt ?? Diese These kann man nur teilweise bestätigen. Schlecht ist das Skript nicht, die Charaktere sind lebhafter als erwartet. Doch wirklich clever ist das gebotene nicht, durch die Rückblenden und die ungewöhnliche Erzählweise wird der Plot jedoch (bewusst) verkompliziert.
Die Story um Domino (Keira Knightley), ein Kopfgeldjägermädel, und ihre Partner Ed (Micky Rourke) und Choco enthält autobiographische Züge, die echte Domino verstarb kurz nach Ende der Dreharbeiten. Gewalt wird hier groß geschrieben und so ist es keine Überraschung, wenn einem Kerl bei lebendigem Leib der rechte Arm ausgerissen wird (und sich dies dann auch noch als Missverständnis herausstellt!) und auch sonst setzt Tony Scott bei seinen Shoot-Outs auf Blut und Einschusslöcher – wenn auch mit Maßen. Die Kritik (wenn es denn eine sein sollte) am Reality-TV bleibt dabei oberflächlich, kann aber zumindest ein paar humoristische Momente in der leider selten kurzweiligen Story bieten. Logik ist hier sowieso fehl am Platz. Warum zum Beispiel werden Ed und sein Partner zur Preisverleihung für den „Kopfgeldjäger des Jahres“ eingeladen, obwohl sie ein paar Wochen zuvor an gleicher Stelle und vor den gleichen Typen mit dem Geld der Seminaristen getürmt sind ??? Naja, shit happens. Aber eine Offenbarung ist die Story nun wirklich nicht. Und was der Subplot um Afghanistan sollte, hab ich immer noch nicht verstanden. Entweder hatte mal wieder das Pentagon seine Finger im Spiel oder Scott wollte seinen Patriotismus ausleben – wie auch immer. DAS MUSSTE NICHT SEIN!
Richtig gut sind hingegen die Dialoge. Schön sinnfrei, vulgär und schlichtweg cool, wie die Protagonisten miteinander reden. Auflockerung zum gewaltreichen Stoff, wie sie besser nicht sein könnte.
Immerhin gestaltet sich die Action als handfest und rundum gelungen. Ein paar nette Explosionen, viele Prügeleien und einige Shoot-Outs – ein bisschen mehr hätte es schon sein dürfen. Inszenatorisch hingen einwandfrei, so wie man es von Scott gewöhnt ist.
Gut auch die Darsteller. Keira Knightley verkörpert die junge Kopfgeldjägerin von Minute zu Minute besser, zeigt sich immer knapp angezogen und macht einen starken Eindruck. Der nach etlichen Drogenexzessen schon am Boden seiner Karriere angekommene Micky Rourke glänzt wortkarg und kommt einfach cool rüber. Er tut dem Film wirklich gut. Lucy Liu kann sich in ihrer Nebenrolle kaum entfalten und bleibt schickes (diesmal jedoch biederes) Beiwerk.
Fazit:
„Domino“ ist ein Fest für die Sinne – nur nicht fürs Hirn. Der Plot wird zwar kompliziert erzählt, ist jedoch schlichtweg Genredurchschnitt und ohne Überraschungen. Bei der Optik hingegen beweißt Scott, dass er innovatives und topmodernes Kino machen kann, auch wenn er nah am Overkill kratzt. Die Action ist erste Sahne – da muss man nicht lange herum reden.
Auch die prominenten Darsteller wissen zu überzeugen, allen voran Keira Knightley. Aufgrund des Trashpotenzials hat der Film durchaus die Chance zum Kult – die Zeit wird es zeigen...