Die Geschichte von Maja und Cora, der liebenswerte und meiner Meinung nach zu Unrecht unbekannt gebliebene Roman von Ingrid Noll ist zweifelsohne nicht leicht zu verfilmen. Die Geschichte ist komplex und eigentlich fast unmöglich in ihrer Gesamtheit auf eine Filmlänge zu komprimieren, hinzu kommen die ganzen Emotionen die einem begleiten und den Charakter der Geschichte ausmachen. Daher ist Bückings Leistung hier besonders hoch zu bewerten. Auch wenn ihm nicht gänzlich die Umsetzung des Romanflairs eins zu eins gelang, so kommt doch viel von dem rüber, was uns die Autorin sagen will.
Die Story dreht sich im Kern um die Freundschaft zwischen Maja und Cora, die allen Widrigkeiten Stand hält. Maja (Heike Makatsch) stammt aus einer zerrütteten Familie, der Vater Alkoholiker und Mörder von Majas Onkel, ihre Mutter seither ein psychisches Wrack, der Bruder ein unsympathischer Grobian. Cora (Christiane Paul) hingegen wächst im wohlbehüteten und vermögenden Elternhaus auf. Als Majas Bruder Carlo Cora vergewaltigen will drückt Maja mit der Gaspistole ab, Carlo stirbt. Darüber zerbricht ihre Mutter endgültig und kommt ins Heim, Maja wird in Coras Familie aufgenommen. Die beiden Freundinnen wachsen nun zusammen wie Geschwister auf - das schweißt zusammen.
Gemeinsam gehen sie nun ihre Wege durch dick und dünn, ihre Freundschaft ist stärker als alles andere. Auch wenn sie immer wieder in Streit geraten wissen sie doch genau, daß Auseinandersetzungen zu einer Freundschaft genauso gehören und können sich immer wieder auf ihre starke Bindung besinnen.
Die Story wird in rasantem Tempo entwickelt, in jeder Minute geschehen wesentliche Dinge. Ein direkter und klarer Erzählstil ist unbedingt notwendig um die Ereignisse des umfangreichen Romans halbwegs unterzubringen. Bücking gelingt dies recht gut, erzählt überraschend menschlich und natürlich, die Charaktere und ihre Handlungen sind trotz ihrer Eigenarten nachvollziehbar - auch wenn man das Buch nicht kennt, nimmt man ihnen ihr Tun stets ab und kann sich gut in die Psychologie der beiden Protagonistinnen hineinversetzen.
Trotzdem bleibt genügend Raum für verliebte Detailarbeit, insbesondere gelingt es hier Bücking in hervorragender Weise viele kleine Dinge, auf den ersten Blick unwesentliche Details so einzuarbeiten, daß sie den Charakter der Geschichte verstärken und die Atmosphäre so gelungen machen. Ob das der näselnde Pfarrer auf der Beerdigung ist oder das anwidernde Mikrowellenessen, später in der Toskana die Zeitungsszenen mit dem Sportteil oder die Saufgelage Hennings mit Majas Vater - all das gibt genau die Stimmung wieder die man auch beim Lesen des Buches verspürt.
Trotz aller Ruhe kommt der schwarze Humor nicht zu kurz, hier lieferte Ingrid Noll genug Material. Zahlreiche Äusserungen zeugen von Nolls typischem Stil, beispielsweise die trockenen Kommentare von Maja ("heute Jungfrau, morgen Witwe") oder der Haushälterin ("das Ende vom Schwein ist der Anfang der Wurst").
"Die Häupter meiner Lieben" ist eine wunderschöne Geschichte, voller Romantik, mit Liebe erzählt, trotz allem unterhaltsam und kurzweilig, ohne Längen - und mit viel schwarzem Humor. Nicht nur für Ingrid Noll Fans ein absolutes Muß, auch die Darsteller glänzen in ihren Rollen und verkörpern die Figuren absolut treffend. Von Heike Makatsch können wir dies selbstverständlich erwarten, Christiane Paul hingegen beweist in diesem Film endgültig ihre schauspielerischen Qualitäten und empfahl sich für weitere charakterähnliche Hauptrollen ("im Juli").
(9/10)