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Tschetschenische und arabische Terroristen überfallen einen Zirkus in Moskau: 2.000 Geiseln, die Hälfte davon Kinder. Ziel ist die Diskreditierung des russischen Geheimdienstes als Schlächter von Witwen und Waisen. Und es wird nur mit einem einzigen Mann verhandelt, einem Exil-Russen, der auf Gibraltar lebt. Keiner weiß, dass die Sache mit dem Zirkus nur ein Ablenkungsmanöver ist, denn in Wirklichkeit geht es um den Diebstahl einer schmutzigen Bombe, die über Rom abgeworfen werden soll, und zwar während einer NATO-Sicherheitskonferenz. Da trifft es sich gut, dass der russische Superagent Major Aleksej Smolin, Dienstummer 40012, seine Tochter aus dem Zirkus rausholen möchte, und bei der Gelegenheit den Terroristen kräftig in die Suppe spucken kann …

Schaut erstmal aus wie eine wüste Mischung aus STIRB LANGSAM 2 (wegen des Schnees und des Flugzeugs) und einem James Bond (sagen wir OCTOPUSSY wegen des Zirkus und der Bombe). Major Smolin ist cool, kann kämpfen wie Jason Bourne im dritten Teil (also mittels vieler, vieler Schnitte anstelle von Kampfkunst), liebt seine Tochter, übersteht eine Folter von Tschetschenen relativ problemlos, und kann natürlich auch große Lastflugzeuge fliegen. Mei, die Ausbildung beim russischen Geheimdienst ist halt umfassend.

Und wenn das ein amerikanischer Film wäre, dann wären alle voll angeekelt von wegen Ami-Supermann und Weltbeherrschung und so weiter. Das ist aber ein russischer Film, und er hat auch ein paar wesentliche Pluspunkte, die ihn von der durchschnittlichen Ami-Gurke unterscheiden: Eine komplexe Handlung, bei der Mitdenken ernsthaft gefragt ist, wunderschöne Landschaften, und Autos die nicht explodieren. Überhaupt ist zum einen die Pyrotechnik im Vergleich zu einer durchschnittlichen DIE HARD-Fortsetzung auffällig mager, und die Zusammenarbeit zwischen den Amis und den Russen funktioniert zum anderen mit einigem Witz und sehr locker und effektiv. Dumm halt, dass die Figuren so entsetzlich stereotyp sind. Um nicht sogar zu sagen: Platt. Aleksej kann absolut alles, und wirkt eben wie eine russische Kreuzung aus Clark Kent und James Bond, an seiner Seite steht eine unerschrockene britische Journalistin ihren Mann, der Oberaraber ist klug und verschlagen, der tschetschenische Obermufti ist klug und böse, sein Hiwi weniger klug, dafür aber grausam und fies, dessen Hiwi wiederum noch dümmer aber noch grausamer und fieser ... Es sind so wenig Grauzonen dabei, und so etwas stört mich einfach ungemein. Keine Intrigen, keine Bösen mit netten Charakterzügen (oder umgekehrt), alles entweder Schwarz oder Weiß. Selbst der russische Geheimdienst ist mit Good Guys nur so gestopft, und damit das nicht so auffällt gibt es dort dann auch einen(!) Bad Guy, der immer gleich rumballern will. Gääähn …

Trotzdem insgesamt gar nicht so schlecht gemacht, aber eben ein wenig ausgelutscht und stereotyp. Hinzu kommt, dass Anfang und Ende eher danach klingen, als ob man mitten in einer Serie einsteigt, ohne die Charaktere zu kennen. Die Handlung beginnt mittendrin, und ehrlich gesagt endet sie auch relativ offen. Praktisch alle Charaktere kommen ohne eine Einführung in die Geschichte hinein, vor allem aber bleiben bei den Überlebenden jeden Menge erzählerischer offener Fäden übrig, die sich problemlos weiterspinnen lassen würden. Allein die Schlusseinstellung bietet ein Sequel auf dem Silbertablett an. Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, ob es da nicht vielleicht tatsächlich eine Serie à la James Bond gibt, könnte mir aber problemlos vorstellen dass so etwas geplant war. Aber im vorliegenden Fall, also ohne Serie, muss man als Zuschauer schon einiges an Hirnschmalz mitbringen, um herauszufinden, wer da eigentlich wen aufs Kreuz legen will. Der tatsächliche Plan ist schon einigermaßen komplex, und man sollte als Zuschauer ein wenig Erfahrung in Geheimdienstromanen im Stil von Quiller mitbringen um die Zusammenhänge zu verstehen. Ist doch zum Beispiel der vermeintliche Obermotz Pokrovskiy mitnichten der Obermotz, sondern eigentlich ein netter Nebeneffekt als menschlicher Abfall, der von einem Wüstenherrscher effektiv in die Scheiße geritten wird. Und der Weg dahin ist so verzwirbelt, dass man auch schon mal den Überblick verlieren kann.

Wenn man ein wenig im Internet stöbert stellt man schnell fest, dass COUNTDOWN als Propaganda angesehen wird. Und tatsächlich ist das ganze tatsächlich oft recht plump in Szene gesetzt worden: Allein dass der FSB (wahrscheinlich bekannter unter der früheren Bezeichnung KGB) als Hort des Guten und Gerechten gezeigt wird wirkt einfach … unglaubwürdig. Es wird zwar etwas verständlicher, wenn man weiß, dass der FSB in Form des früheren zweiten Direktors Vladimir Anisimov die Dreharbeiten unterstützt hat, aber besser wird es dadurch irgendwie nicht. Da sind, auch wenn ich es ungerne zugebe, die Amis weiter. Bei denen ist die CIA auch im Film so böse wie in Wirklichkeit. Und zu guter Letzt klärt uns eine Texttafel noch darüber auf, dass der Film auf den Erlebnissen eines echten FSB-Offiziers basiert, dass wir heute alle an seiner Seite gegen den Terrorismus kämpfen, und uns nichts anderes übrig bleibt als zu gewinnen. Aha …

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