Wer „New York Ripper“ als den Inbegriff der filmischen Misogynie bezeichnet, hat noch nicht den drei Jahre zuvor entstandenen „Giallo a Venezia“ gesehen. Das ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn im Gegensatz zu Lucio Fulcis Film harrt er in Deutschland immer noch einer Veröffentlichung. Um es vorwegzunehmen: Meinetwegen kann er bis zum Sankt Nimmerleinstag darauf warten.
Dieses von Mario Landi („Patrick lebt!“) in Szene gesetzte niederträchtige Machwerk – und nichts anderes ist „Giallo a Venezia“ – hat eine Geschichte zu erzählen, die zwar nach Giallo riecht, aber nach Scheiße schmeckt. Bereits während des Films fühlt man sich reif für die Dusche, um hinterher immer noch das Bedürfnis zu haben, mit der doppelten Portion Shampoo baden gehen zu müssen.
Man muß zugeben, daß die inhaltliche Struktur von „Giallo a Venezia“ von der Anlage her relativ interessant aussieht. Der Film beginnt nämlich mit dem Leichenfund von Fabio (Gianni Dei) und Flavia (Leonora Fani) – sie ertrunken, er mit blutigen Verletzungen in der Bauchgegend – und hangelt sich in der Folge die Ermittlungen des Polizisten DePaul (Jeff Flynn) entlang, um anhand von Erzählungen von Zeugen in Rückblenden die Hintergründe bis zum Tod des Paares nach und nach zu entblättern. In der Gegenwart bekommt DePaul es derweil mit einer Mordserie zu tun und versucht eine Verbindung zwischen ihr und dem toten Pärchen zu konstruieren, die – wie sich später früh im letzten Drittel herausstellt – aber gar nicht existiert, so daß die eigentliche Haupthandlung überraschend nach 70 Minuten endet und für die verbleibende Zeit noch das Mysterium um Fabio und Flavia aufgelöst werden muß.
Der Aufbau würde in der Tat Aufmerksamkeit verdienen, weil er ungewöhnlich ist, würde er nicht eine zutiefst abstoßende Schmuddeligkeit ausstrahlen, die sich wie ein roter Faden durch den Film zieht. Die Rückblenden präsentieren ein Sexdrama in seiner schmutzigsten Form, der Giallo-Part enthält Szenen extremster Gewalt, so daß einem glatt die Spucke wegbleibt. Beiden Strängen gemein ist eine ausgeprägte Frauenfeindlichkeit: Fabio entpuppt sich frühzeitig als ausgemachter Tyrann, der sexuelle Befriedigung nur dann erlangen kann, wenn er seine Partnerin auspeitscht oder diese sich prostituiert – und sie läßt es widerwillig mit sich machen. Dahingegen sind die Morde an zwei Prostituierten im Giallo-Part von einer Geschmacklosigkeit, die ihresgleichen sucht. Eine Schere wird mehrfach in den Genitalbereich der einen Frau gedonnert (obwohl nicht übermäßig explizit, ist allein die Vorstellung ein Erbrechen wert), während später die andere eine bis zur Unerträglichkeit ausgespielte Beinamputation mittels Säge über sich ergehen zu lassen hat.
Die um die Mordsequenzen herum gebauten Ermittlungen mit der italienischen, fortwährend gekochte Eier essenden Wolfgang-Petry-Ausgabe DePaul und seinem Assistenten, einem Kojak-Imitator, verlaufen ähnlich schleppend und langwierig, wie die Rückblenden um Fabio und Flavia sich in unnötig langen Marathon-Sexszenen gefallen – offenbar mit dem einzigen Ziel, Leonora Fani möglichst durchweg nackt zeigen zu können. Man kann sich phasenweise in einem reinen Porno wähnen, wenn knapp zwanzig aufeinanderfolgende Minuten damit gefüllt werden, daß das Pärchen erst Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit zelebriert, im Bett gleich die nächste Nummer schiebt, Flavia sich an der Grenze der Pornographie selbstbefriedigt und abschließend Fabio mit einer Peitsche abermals über sie herfällt. Früh ist der Punkt über dessen Vorlieben gemacht, und trotzdem bestehen die weiteren Rückblenden einzig und allein aus weiteren Szenen mit Fabio, der seiner Sexsucht frönt, und Flavia, die sich von ihm immer wieder erniedrigen läßt. Alles für die perversen Voyeure unter uns, wie es scheint.
Letzten Endes also zwei separate Storys mit latenter Frauenfeindlichkeit zum Preis von einem, jede für sich länger, als sie eigentlich sein müßte. Ein über alle Maßen ärgerlicher, dummer und ekelhafter Film voller geschmacklicher Entgleisungen und Aussetzer, völlig spannungslos (ein Whodunit findet nicht statt, um den blonden Killer mit der Sonnenbrille wird von Beginn an kein Geheimnis gemacht - er zeigt sich sofort unverhüllt) und ohne irgendwelche wie auch immer gearteten Qualitäten, um dessen Beschlagnahmung es wahrlich nicht schade ist. 1/10.