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Der Tag nach Bella Vita

Joe D'Amatos "Endgame" ist einer der Vorreiter der Italo-Endzeit-Exploitationer, die im Windschatten des Road Warriors Europas schmuddeligste Kinos unsicher machten. Heute nehmen sich retrofeiernde Werke wie "Planet Terror" oder "Turbo Kid" solche Streifen ehrerbietend zur Brust. Damals galt er als reinster Schund. Mittlerweile muss man zur Erkenntnis kommen, dass sich beides nicht ausschließt und das auch Schund feine Kunst sein kann. Er muss nur mit genug Passion gemacht sein und mit Lust auf Nostalgie aufgesogen werden. Europäisches Schmuddelkino per excellence, das unheimlich Spaß macht und seinen ganz eigenen Charme hat, der zu 100% wohl nie mehr eingefangen werden kann. Allein deswegen lohnt sich das Aufsuchen von Events wie den Bahnhofskino-Wochenenden von Mondo Bizarr, wo man mit Gleichgesinnten solch wunderbar trashigen Rotz feiern darf. Joe D'Amato mag mal selbst behauptet haben, dass er und Konsorten mit solchen unterbelichteten Werken zum Untergang des ernstzunehmenden italienischen Kinos maßgeblich beigetragen haben. Doch hat er uns gleichzeitig die andere Seite der Kinomedaille fest ins Herz gebrannt. Die dreckige, anspruchslose, unterhaltsame und völlig aberwitzige, fast dilettantische. Dafür werden ihn die paar tausend Spezies wie wir rund um den Globus ewig schätzen. Es muss nämlich nicht immer Haute Couture sein. Manchmal soll es einfach nur cool und bequem sein. Vielleicht sogar selfmade.

"Endgame" startet als "Rollerball" und "Running Man" für Arme, bis er kurz danach zu einer Art futuristischem Roadmovie wird, in dem ein lässiger Einzelkämpfer eine Gruppe Mutanten aus dem Stadtgebiet kutschieren muss, will, soll. Und was für eine coole Sau dieser Shannon ist - von dem könnte sich glatt Chuck Norris noch ein paar Sprüche, Moves und einsilbige Gesichtsausdrücke abgucken. Die Kostüme und Masken könnten frisch vom Deiters Karnevalsshop sein, die Settings sehen trotz all dem Kunstnebel aus wie Castrop Rauxel West und bei den Darstellern weiß man manchmal nicht, ob sie sich eine Blähung verkneifen oder noch warten, bis die nächste Satzzeile im Sprachbereich ihres "Großhirns" angekommen ist. All das könnte man fast mit Freunden und Bekannten von der Filmschule selbst zusammenklabustern. Allerdings nur mit Liebe, Mühe, Charme, Witz und viel Herzblut. Denn all das spürt man in jeder Minute. Und das macht meiner Meinung nach Kult zu Kult und solche Filme so ansteckend spaßig und positiv. Dass D'Amato kein ausgewiesener Actionspezi ist, merkt man der schleppend-hüftsteifen Inszenierung durchaus an, jedoch ohne das ausgewachsene Langeweile aufkommen würde. Dafür hält das fragwürdige Epos zu viele denkwürdige Momente, Macho-Einzeiler und kreative Ideen bereit. Nur ein wenig mehr Härte und Gore wären durchaus wünschenswert und sicher auch machbar gewesen. In diesem Bereich hält der Name D'Amato diesmal nicht, was er verspricht.

Fazit: Endzeit wie eine saftige Vierjahreszeitenpizza - alles drauf, was der geübte Trashfreund braucht. An jeder Ecke etwas Neues. Ein sauciges Kiesgrubenmassaker nach italienischer Art. Selten hatte Joe D'Amato mehr Spaß. Und wir feiern mit. Keine Sekunde ernst zu nehmen!

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