Review

„Bronx lotta finale“ aus dem Jahre 1983, für Connaisseure des wahren Italo-Kinos ein weiteres Praliné von Schmuddelgott D'Amato.

Endzeit. Pilze am Himmel, danach großer Katzenjammer, es sieht plötzlich alles nicht mehr so rosig aus und irgendwie nach italienischem Hinterhof, Werkhof, verwaisten Fabrikhallen und Steinbruch. 
Etwas zu feiern gibt es ab und an dennoch, nämlich wackere
Gladiatoren, die mit KISS- Augen-Make Up aus ihren (recht gemütlichen) Wohnwagen steigen und dann aufeinander einkloppen und –stechen, als gäb´s kein Morgen (es gibt ja eigentlich auch keines).  Das Ganze als TV-Übertragung zur Gaudi des gerne punkig gekleidetem postnuklearen Überbleibsels der Menschheit und  gesponsert von „Energie Plus, für Lebensfreude und Manneskraft“. 

Mittendrin, als strammer Leder-Gladiator, einer mit vielleicht nicht mehr allzu viel Lebensfreude, aber sicherlich reichlich Manneskraft: Shannon! Ein Name wie ein Peitschenhieb über die Stirn, gespielt von niemand Geringerem  als Al Cliver („Zombi 2“, „L’aldila“), der hier mimisch äußerst sparsam agiert, wohl auch um Kräfte für´s Stunt-Rumgekullere und Kontrahenten-Zusammentreten zurückzuhalten. Das wirkt aber lässig!
 
Oberkanaille Colonel Morgan (Gordon Mitchell) und seine Neo-SS-Schergen (verschiedene Interpreten) verwalten das Spektakel, wie eigentlich alles Andere auch…

Paul Michael Glasers „Running Man“ kam übrigens erst vier Jahre später in die Kinos, aber vielleicht hat Drehbuchautor George Eastman vorher mal in Bachmanns/ Kings dystopischen und sehr unterhaltsamen Unterhaltungsroman „Menschenjagd“ (1982) gestöbert. Ja, Unterhaltungsroman, denn King ist keine Literatur. Thomas Mann, Kafka, Benn, Ernst Jünger, Goethe, Camus oder Poe, das ist Literatur. King nicht.

Eastman spielt selbstverständlich auch mit, wie so oft beim Massaccesi -D’Amato; er ist Gladiator Kurt Karnak, eine Name wie ein Morgensternschlag voll ins Rückgrat, seine Performance lässt sich, wenngleich auch er ordentlich auf die Rübe kriegt, so zusammenfassen: coole Sau!

Zurück zur Handlung: Es schwelt ordentlich im Untergrund, denn da agieren die geknechteten und deshalb sich irgendwie ungeliebt fühlenden Mutanten. Vermaledeite Strahlung, aber manchem und mancher verhalf´s auch zur Telepathie, so auch der mysteriösen Lilith, gegeben von Laura Gemser, die, es irritiert zuerst sehr, mit ihrer hochgeschlossenen Gewandung auch beim Schlendern durch eine iranische Einkaufsmeile keine Probleme hätte, es würden ihr alle Türen aufgehalten werden. Sie ist für ihre Verhältnisse unfassbar viel bekleidet, man fragt sich, was D'Amato da geritten hat, aber aus gegebenem, sehr unschönem Anlass,  wirft sie dann doch schließlich das Oberteil ab.

Shannon und Lilith arbeiten bald zusammen, es gilt für die Mutanten, dem Zugriff des sinistren Colonel Morgan zu entfliehen, dazu aber erst mal raus aus dem Dickicht der Trümmerstadt.  50 kg Gold winken Shannon; Gabriele Tinti, ein Kraftmax und Hal Yamanouchi als wieselflinker Ninja-Mann mit Bruce Lee-Rumgemache sind auch bald im Spiel.  Es geht dann zu einem gewissen Ort, einem besseren, man muss sich aber zuvor hauen, immer wieder, Leute sterben, Heerscharen blinder Mönche kommen ins Spiel und für wenige Momente kommt dann sogar etwas Reitende Leichen-Atmosphäre auf. Mehr soll hier nicht verraten werden... 

In Sachen Gore ist das hier übrigens kein „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ oder so, aber es wird eigentlich permanent gemeuchelt, manchmal auch explizit, etwas zerbröselt oder eine von Ratten halb vertilgte Leiche rückt fotogen ins Bild (gleich zum Auftakt!).  Brutal mutet das schon an, man kann sich da echt nur in aller Form distanzieren, hihi.

„Bronx lotta finale“ ist - meine Meinung – vielleicht nicht ganz so prächtig wie der 1983 entstandene „Fireflash“ („2019: Dopo la caduta di New York“) von Sergio Martino, aber doch so charmant wie Castellaris „I nuovi barbari“ aka „Metropolis 2000“ (1982), der aber sicherlich oft  souveräner inszeniert ist.  Er gefällt mir aber sogar irgendwie besser als Castellaris Steinbruch-Spektakel. Stärker als  D’Amatos und Eastmans, ein Jahr zuvor entstandener, Endzeit-Klopper „2020 -Texas Gladiators“ ist „Bronx lotta finale“ fraglos.

Der Film bietet mit sparsamen Mitteln eine vortreffliche, schmutzige Italo-Endzeitstimmung, echte Macho-Action und ein paar nachdenkliche Momente, die teilweise durchaus ihre Wirkung erzielen. - Echtes Gefühlskino von  D'Amato!
Die nachhallenden Synthie-und Saxophon-Klänge Carlo Maria Cordios, die manchmal etwas an "Blade Runner" gemahnen, potenzieren das Vergnügen, manchmal dudelt es auch wie bei den Action-Sequenzen von "Dawn Of The Dead". Zwei bis drei weniger kurzweilige Szenen, etwa wenn Shannon zuerst eine gefühlte halbe Stunde lang tapfer als Fußball für einen anderen Gladiatoren herhält, um danach eine weitere gefühlte halbe Stunde in gleicher Manier zurückzutreten, wären durchzustehen, aber unterm Strich liegt hier ein Volltreffer für jeden vor, der auf der Suche nach etwas Handfestem aus dem Füllhorn besten italienischen Kinos der 80er ist.

D'Amato verkündete mal, unter seinen eigenen Streifen sei dies sein Favorit (erwartungsgemäß also doch nicht "Die Unbesteigbaren - von hinten geknallt"). Und das durfte er mit einiger Berechtigung so empfinden, „Endgame“ ist ein Kracher. Ich favorisiere jedoch zwei bis drei andere Titel seiner.

Sehr subjektive 8/10.

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