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Hitchcocks „Stage Fright“ zählt heute und auch beim Regisseur selbst Zeit seines Lebens nicht eben als sein gelungenster Beitrag zum Oeuvre.
Sir Alfred war nie wirklich an „Whodunits“, also Krimis, bei denen es hauptsächlich um die Decouvrierung des Täters geht, interessiert und dies ist einer der seltenen Fällen, wo er sich so eines Plots angenommen hat.

In der Filmgeschichte wird häufig kolportiert, der Film scheitere hauptsächlich dadurch, daß er gleich zu Beginn den Zuschauer mittels einer Rückblende über Geschehnisse informiert, die sich im Nachhinein als Lüge entpuppen, doch das ist nicht die größte Schwäche dieses seltenen „britischen“ Hitchcocks in seiner amerikanischen Zeit.

Viel schwerer wiegt tatsächlich die Einsicht, daß die ganze Affäre um den Mord an dem Mann einer bekannten Sängerin (dargestellt von Marlene Dietrich) einfach nicht bedrohlich genug ist, um den Film über seine volle Länge zu tragen und kurz ist „Stage Fright“ (den hirnrissigen deutschen Titel, „Die Rote Lola“, der nun gar keinen Bezug hat, lassen wir mal schnell fallen) wahrhaftig nicht.

Eine Reihe von Fehlentscheidungen dramatischer und schauspielerischer Natur durchzieht das ganze Werk und das macht alles zu einer relativ zähen Angelegenheit.
Da wäre zum einen der Einsatz von „La Dietrich“, die ganz im Glamour-Modus praktisch jede Szene so intensiv an sich reißt, daß der ganze, sonst sehr britische Film dagegen in Provinzialität verblasst.
Ihr gegenüber steht mit Jane Wyman eine eher dröge Frauen (Heldinnen-)Figur, die wohl auch während der Produktion so ihre Probleme mit dem Starstatus und dem Look ihrer Partnerin hatte. Wyman hat eigentlich eine brauchbare Rolle, die sie zwischen einer besorgten Freundin (von Richard Todd, dem Verdächtigen auf der Flucht), einer engagierten Hobbydetektivin, einer in einen Polizisten Verliebten und der Rolle einer eher „simpel“ und „ständisch ungebildeten“ Arbeiterklassegardobiere hin- und herschwanken läßt, doch dabei sieht sie meistens nur aus wie ein unreifes Schulmädchen, daß man beim Klauen ertappt hat – wobei der Sprachwechsel von gebildet zu ungebildet in der deutschen Fassung noch nicht einmal richtig gut rüberkommt, sondern eher albern wirkt.

So gehört der Fall und seine Auflösung auch über die volle Länge eher ihrem Filmvater, dargestellt von dem großen britischen Mimen Alastair Sim, einem älteren Herrn, dessen markanter „Totenschädel“ mit den gütigen Augen die meisten Blicke auf sich lenkt. Hitchcock mochte den Darsteller offenbar nicht so gern, aber letztendlich gewährt er per Drehbuch ausgerechnet Sim die entscheidenden Momente, um seine hilflosen Filmtochter voran zu bringen, bzw. sie aus Notlagen zu retten.
Ist er nicht dabei, verliert sich Wymans Figur zunehmend in Liebesnöten rund um Michael Wilding, dessen gebremsten Brit-Charme sie offenbar nie widerstehen kann.

Ein weiteres Problem ist sicher auch der fehlende Suspense, denn abgesehen von dem Coup, den Job der Gardobiere zu übernehmen, passiert hier selten etwas Zwingendes, die Bemühungen, sich als Bedienstete vor dem Polizisten zu verbergen mal abgesehen.
Erst am Schluß, als sich der Originaltitel auf der Bühne des Theaters endlich einlösen läßt, kommt ein bißchen echte Atmosphäre auf, ansonsten ist der Film aber entweder zäh oder etwas überalbern.
Doch wenn die Wyman am Ende mittels eines wenig überzeugenden Drehs den Täter den Beamten ausliefert (samt einer Abgangsszene, die Dario Argento bestimmt viel gegeben hat), verliert auch der letzte Höhepunkt an Wirkung.

„Stage Fright“ ist ein kompetenter, aber im Wesentlichen langweiliger Film, der die meiste Zeit vor sich hin plätschert und heute im Gegensatz zu älteren Hitchcocks arg angejahrt erscheint, außer Marlene Dietrich legt einen ihrer lässigen mondänen Auftritte hin. (5/10)

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