Viggo Mortensen spielt den Besitzer eines Coffeeshops, der mit seiner Familie zurückgezogen in einer Kleinstadt lebt, bis er schließlich zwei Verbrecher erschießt, die seinen Laden überfallen wollen und seine Mitarbeiter bedrohen. Kurz darauf taucht ein Mafioso, gespielt von Ed Harris, auf, der behauptet, dass er damals in illegale Geschäfte verstrickt gewesen wäre und lauert sogar seiner Frau, gespielt von Maria Bello, und seinen Kindern auf.
Obwohl der Titel vielleicht die Erwartung an ein Drama um die Wurzeln der Gewalt, ihre Auswirkungen und Gründe, warum oftmals mit Gewalt auf selbige reagiert wird und der Titel besser "A Story about Violence" heißen sollte, gelingt David Cronenberg hier ein vielschichtiges und spannendes Thriller-Drama, das sich durchaus sehen lassen kann.
Cronenberg stellt dar, wie schnell die Gewalt in ein Vorstadtidyll in Amerika einzieht, wie Mortensen von seiner blutigen Vergangenheit verfolgt wird und stellt die Wurzeln der Gewalt, zumindest teilweise, an Mortensens Sohn dar, der in der Schule zu physischer Gewalt gezwungen wird. Dabei verurteilt Cronenberg Gewalt als Mittel keineswegs und startet keinen klischeehaften Aufruf zu friedlicher Konfliktlösung, er liefert vielmehr einen relativ objektiven Einblick in die Thematik und spart sich jegliche Wertung, zeigt aber, dass der, der einmal Gewalt als Mittel einsetzt auch weiterhin dazu gezwungen wird und darüber hinaus, wie schnell es auch in einem ruhigen Vorort zu blutigen Exzessen kommen kann.
Die Charakterkonstruktion ist dabei hervorragend gelungen. Die Hauptfigur, die zwar versucht, einen Gewaltausbruch zu verhindern, aber schließlich scheitert und im Prinzip nur auf ein ruhiges, zurückgezogenes Leben aus ist, ist sehr gut gelungen, auch die der Ehefrau, die zwar ebenfalls Gewalt verabscheut, ihren Mann jedoch mit zunehmender Gewaltbereitschaft immer anziehender findet und auch die Nebenfiguren sind gut konstruiert. Die Handlung ist ebenfalls gut gelungen, ist im Groben und Ganzen nicht vorhersehbar und schlägt den einen oder anderen gelungenen Harken. Das Skript ist also gelungen.
David Cronenberg serviert die Erschießungen und brutalen Szenen überaus heftig, lässt das Blut nur so spritzen, aber in diesen Film passt Brutalität als Stilmittel durchaus, denn anders als beispielsweise Tarantino serviert Cronenberg diese nicht aus reinem Profitkalkül und spart sich offensichtlichen Zynismus. Die Wendungen sind hervorragend platziert, das Erzähltempo ist sehr schnell und so gelingt ein rundum unterhaltsamer Thriller, der sich zum Ende hin immer weiter steigert. Die Atmosphäre ist, unterstützt von dem hervorragenden Score von "Herr der Ringe"-Komponist Howard Shore, dem guten Cast und Cronenbergs Gespür für spannender Einstellungen, zum bersten gespannt. Cronenbergs Bildsprache ist ebenfalls hervorragend, man denke nur an die letzte Szene, in der sich die Familie beim Abendessen anschweigt und man als Zuschauer nicht so richtig weiß, was man jetzt davon halten soll. Die wenigen Action-Szenen sind ebenfalls gekonnt in Szene gesetzt und so überzeugt "A History of Violence" sowohl durch seine vielschichtige Story, als auch als spannender und atmosphärischer Thriller. Einziger Makel bleibt der dramaturgisch etwas ungeschickte Aufbau, denn nach dem Tod des Mafiosos setzt Cronenberg mit dem Anruf des Bruders noch einmal neu an und verursacht einen kurzen Bruch im Spannungsbogen. Dennoch Cronenbergs bis dato beste Arbeit.
Viggo Mortensen zeigt sich, wie später in "Tödliche Versprechen" unter der Regie von Cronenberg in absoluter Bestform und liefert nach "Herr der Ringe" eine der besten Leistungen seiner Karriere ab. Nach außen hin wirkt sein Spiel eher ruhig und zurückhaltend, die innere Spannung ist dabei jedoch nahezu fühlbar und auch in den Action-Szenen zeigt sich Mortensen von seiner stärksten Seite. Ed Harris ist als Mafioso beängstigend gut, sowie sehr charismatisch und zeigt erneut, dass er zu den besten Charakterdarstellern Hollywoods gehört. Maria Bello ist als Ehefrau sehr sympathisch und zeigt nach "The Cooler" erneut, dass sie oftmals unterschätzt ist. William Hurt ist gewohnt stark, warum er für seinen überaus kurzen Part aber eine Oscar-Nominierung bekommen hat, ist mir unklar.
Fazit:
David Cronenberg gelingt hier ein durchaus beachtliches Thriller-Drama, das mit seiner vielschichtigen Charakterkonstruktion beeindruckt und Gewalt als Konfliktlösung nicht ausschließt. Mit der einen oder anderen Action-Szene, einer enorm dichten Atmosphäre, der gelungenen Inszenierung und dem starken Cast ist "A History of Violence" darüber hinaus enorm spannend und jedem zu empfehlen.
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