Review

Nachdem Viggo Mortensen nach zahlreichen kleineren Rollen mit der Verkörperung von Aragorn in der Herr-der-Ringe-Trilogie seinen Bekanntheitsgrad deutlich steigert, gab es zwar nicht unbedingt viel mehr Rollenangebote, da eine gute Filmreihe ihn auch nicht zu einem wirklich guten Schauspieler machen konnte. Dennoch galt es nun Versuche, die neugewonnene Popularität Mortensens auszunutzen, zu wagen und die Vermarktung von Filmen wie Hidalgo oder eben auch A History of Violence stärker mit dem Namen Mortensen voranzutreiben, als das ohne die Rolle in der Fantasy-Mär von Peter Jackson der Fall gewesen wäre.

Da derartige Vorgänge nichts Neues sind, habe ich mir den hier besprochenen Film auch bis vor kurzem verkniffen und erst jetzt für knapp 8,- € zugegriffen. Bei der Erstveröffentlichung hörte man äußerst zwiespältige Meinungungen zum Film. Den einen war der Gewaltgrad zu hoch, den anderen sagte lediglich das am Film zu, anderen fehlte es an einer durchdachten Story oder einer nennenswerten schauspielerischen Leistung. Wieder andere meinten, Mortensen hätte doch mehr drauf, als viele ihm das vorher zugetraut hatten.

A History of Violence erzählt die Geschichte von Tom Stall, der mit seiner Familie in einem Kuhkaff in der amerikanischen Einöde lebt. Seine Frau war scheinbar mal eine erflgreiche Anwältin, sein im pubertätsreifen Alter befindliche Sohn hat ärger mit einem arraganten Snob auf seiner Schule, der ihn ständig schickaniert, seine kleine Tochter scheint die einzige in der Familie zu sein, die noch ein vollkommen unbeschwertes Leben führt. Zunächst gilt dies aber auch für Tom und seine Frau, die zwar nicht viel Geld haben aber mit ihrem eher einfachen Leben glücklich zu sein.

Dies ändert sich jedoch, als zwei Kriminelle abends in das Diner gehen, in dem Tom arbeitet und die Gäste bedrohen. Tom zögert keine Sekunde und legt die beiden Männer um. Die Presse stürzt sich natürlich gleich auf den Fall und feiert ihn als Helden. Tom ist das gar nicht recht.
Schon am Tag darauf tauchen ein paar finstere Zeitgenossen auf, die nach einem Joey Cusack suchen, den sie in Tom glauben wiedererkannt zu haben. Bei jenem Joey handelt es sich um einen Killer, der vor vielen Jahren in Philadephia sein Unwesen trieb und zahlreiche Menschen auf brutalste Weise ins Jenseits schickte. Auch einen seiner neuen Verfolger (gespielt von Ed Harris) hatte dieser Joey in der Mangel und hat ihm einst ein Auge ausgestochen. Tom betont, diesen Joey nicht zu kennen, die Gangster sind sich aber sicher und folgen Tom und seiner Familie fortan auf Schritt und Tritt...


Soweit der Hintergrund. Der Film startet mit einer Szene, in der die beiden Männer, die Tom später im Diner tötet, an einem Motel zu sehen sind. Die beiden töten dort den Besitzer und seine Angestellten und erschießen letztlich auch noch ein Kind. Die Szene wird immer wieder von einem entsetzlichen Geräusch untermalt, was entfernt ein bißchen an die Autofahrt von Ulrich Mühe in Funny Games erinnert im dem grölende Heavy-Metal-Musik läuft. Dieses Geräusch soll wohl Aggressionen beim Zuschauer hervorrufen, was auch durchaus funktioniert, wenngleich die Intensität etwas zu deutlich ist.
Das ist auch der Eindruck, den man zunächst vom Film hat, er soll zeigen wie schlecht Gewalt ist. Spätestens bei der Szene im Kaffee, die sehr brutal inszeniert ist, ist man wieder an Funny Games erinnert, genauer gesagt, an die Szene, in der einer der beiden Jugendlichen von der Frau erschossen wird. Durch das Rückspulen allerdings wird dort eben jene Wirkung erzielt, die A History of Violence vielleicht entfalten möchte, aber letztlich zu keinem Zeitpunkt wirklich erreicht.
Zwar wird Gewalt auch nicht glorifiziert, obwohl manche Szene durchaus dem einen oder anderen Gewaltfetischisten Freude bereiten könnte, aber die Distanz zum Gezeigten ist stets zu gering. Niemand wünscht sich in einem Film den plumpen erhobenen Zeigefinger "Gewalt ist schlecht", wichtig und richtig wäre es aber gewesen dieses Gefühl geschickt beim Zuschauer zu erwecken, wie es Michael Haneke brillant schaffte.

A History of Violence entwickelt sich nämlich nacher der Hälfte zu einem Werk, dass zwar bis zum Ende versucht eine Story zu erzählen, um einen ehemaligen Killer, der in der Einöde mit Weib und Kind ein neues Leben beginnen wollte, der Gewalt abgeschworen hat, aber letztlich doch wieder in den Strudel der Gewalt zurückgerissen zu werden. Dem Film bleiben also eigentlich nur eine Möglichkeit um noch als "gut" durchgehen zu können: Eine gute Story
Die bietet der Film leider nicht. Während noch bis zur Hälfte die Handlung nachvollziehbar erscheint, ändert sich dies im weiteren Verlauf des Films, da einfach viel zu viele Fragen offen bleiben, die nicht oder nur unzureichend beantwortet werden. Weshalb ist Tom alias Joey aus seinem alten Leben geflohen? Er hat durch bestimmte Handlungen das Geschäft seines älteren, kriminellen Bruders, einem Gangsterboss aus Philadelphia, gestört und dessen Karrierechancen in der Schattenwelt deutlich reduziert. Das ist zwar nachvollziehbar, aber weshalb sollte er dann von der Gewalt abgeschworen haben? Ja klar, er hat sich doch verliebt und die Liebe hat ihn kurriert, deshalb wollte er ein besserer Mensch sein. Das passt aber nicht zu seiner geringen Zögerlichkeit wieder Menschen auf brutalste Weise das Leben zu nehmen. Vielleicht irgendwas Brauchbares im Nebenplot? Fehlanzeige. Sein Sohn, der von einem Mitschüler dransaliert wird, bekommt irgendwann die böse Gewalt zu spüren, als er einfach zuschlägt. Diese Entwicklung ist aber viel zu blass, nichts Halbes und nichts Ganzes und verfehlt dabei ebenfalls irgendwie lehrreich zu sein.
Dass Tom dann letztlich wieder die Gewalt wählen muss, um in seinem neuen Leben weitermachen zu können, ist ziemlich Banane. Genauso wie sein Geheule am Ende. Einer der so eiskalt und gnadenlos tötet wie er, soll eigentlich doch ein ganz normaler, eigentlich sogar recht gefühlsduseliger Mensch sein? Das passt alles nicht so richtig.

Trotzdem ist der Film einigermaßen unterhalsam, wenn man noch nicht weiß, was auf einen zukommt, und hat dabei auch die richtige Länge. Länger als die knapp 90 Minuten würde man auch nicht durchhalten, da die Story- und Charakterentwicklung nicht wirklich glaubwürdig ist und streckenweise extrem konstruiert wirkt. Das gilt besonders für das Ende, das doch sehr enttäuscht und letztlich eigentlich nur Freunden von expliziter Gewaltdarstellung zusagen dürfte.

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