Mit "A History of Violance" hat Regisseur David Cronenberg (Die Fliege) einen brauchbaren Psycho-Thriller mit fähigen Darstellern und harten Szenen insziniert. Zwar muss ich zugeben, dass ich mit den bisherigen Filmen Cronenbergs nicht allzu viel anfangen konnte, doch hier hat mich der Mann von seinem Können überzeugt. Selten für die momentane Filmlandschaft gelingt es Cronenberg nämlich einen recht harten Thriller zu erzeugen, der allerdings nicht von der titelgebenden Gewalt lebt sondern von seinen Charakteren. Gewalt mag in "A History of Violance" zwar dennoch eine Rolle spielen, aber eher sekundär.
Tom Stall (Viggo Mortensen), Inhaber eines kleinen Restaurants, wird unvermutet zum Helden, als er zwei Gangster bei einem Überfall erschießt. Doch seine Ruhmestat führt zu unerwünschter Aufmerksamkeit von der Unterwelt. Der irische Mafiosi Carl Fogarty (Ed Harris) behauptet, dass er Tom von früher kennt. Fogarty belästigt darauf Toms Frau (Maria Bello) und seine Kinder, sodass er zu einer blutigen Auseiandersetzung gezwungen wird, um seine Familie zu beschützen. Fragt sich nur, ob es sich um eine Verwechslung handelt oder ob Tom ein dunkles Geheimnis hat...
Viggo Mortensen (God's Army) scheint eindeutig der richtige Darsteller gewesen zu sein, um diese Figur zu verkörpern. Sicherlich gäbe es da die eine oder andere brauchbare Alternative, doch Mortsensen schafft es mühelos sowohl den ruhigen Kleinstädler Tom als auch den brutalen Gangsterbruder Joey zu verkörpern. Beide Persönlichkeiten nimmt man ihm schnell ab, und auch jene Szenen mit dem Sohn können überzeugen. Bleibt nur noch die Frage, warum diese Performance nicht für den Oscar nominiert wurde. Doch auch abseits von Mortensens Darbietung bekommt man überwiegend tolle Schauspielerleistungen zu sehen. Zum einen wäre da Maria Bello (Das Ende - Assault on Precinct 13) zu erwähnen, die überraschend gut spielt und ihrer Figur die nötige Charaktertiefe verpasst. Wie in "State of Grace", "The Rock" und "Duell - Enemy at the Gates" weiß Ed Harris (Abyss) auch hier wie man einen guten Schurken spielt, und kommt dabei noch ein wenig besser weg als William Hurt (Dark City), der den finalen Unterweltboss und Toms Bruder mimt. Irgendwie hat man Hurt auch zu wenig Screentime eingeräumt, um seine Figur entfalten zu können, was bei den vorherig genannten Darstellern der Fall war. Auch der restliche Cast schlägt sich gut, was vor allem für den Darsteller von Toms Sohn gilt.
Wie oben schon erwähnt spielt die titelgebende Gewalt hier nur eine sekundäre Rolle, und kommt auch nur vereinzelt vor. Doch wenn sie eingesetzt wird, dann überzeugend. Tom setzt wenig auf kunstvolle Verteidigung a'la Kung Fu, sondern serviert seine Gegner schnell und effektiv ab. Somit bekommt man recht ausführliche Kopfschüsse, Genickbrüche und sonstige derbe Tötungsmethoden vorgesetzt. Schade, dass solche Szenen zur Zeit Mangelware in Actionfilmen sind. Doch wie gesagt lebt "A History of Violance" nur sekundär von den Gewaltsequenzen, sondern erzählt vielmehr eine Geschichte über einen Mann, der von seiner dunklen Vergangenheit eingeholt wird. Das ist zwar nicht neu, doch Cronenberg schafft es auch diese altbekannte Story durch seine Darsteller beeindruckend zu erzählen. Dabei bleibt kaum eine Figur ein blosses Abziehbild, sondern besitzt eigene Charaktereigenschaften. Deutlich wird das bei Toms Frau und seinem Sohn. Beide werden unerwartet durch die überraschenden Ereignisse verändert. So wehrt der Sohn zu Beginn lästige Schulkameraden mit Worten ab, lässt später dann aber Taten statt Worte sprechen, wo von Tom trotz seiner eigenen (unfreiwilligen) Gewalttaten wenig begeistert ist. Währendessen ist seine Frau zuerst über Toms wahre Identität geschockt, hilft ihm aber dann im richtigen Augenblick, als der Dorfbulle beginnt unangenehme Fragen zu stellen. Darauf folgt harter Sex auf der Treppe, wogegen sie sich anfangs natürlich auch wehrt und sogar danach Tom noch die kalte Schulter zeigt. Auch bleibt man am Schluss ein wenig unklar über ihre wahren Gefühle gegenüber Tom. Abseits dieser Charakterstudien weiß Cronenberg den Zuschauer am Anfang geschickt mit seiner spießigen Kleinstadtidylle einzulullen, aus der man dann bei der ersten blutigen Auseinandersetzung Toms herausgerissen und ihn einen düsteren Thriller katapultiert wird. Was den Score und die Locations angeht hat Cronenberg auch nichts falsch gemacht. Lediglich bezüglich des Tempos hätte sich der Film ruhig noch etwas mehr Zeit lassen können.
Schlußendlich ist "A History of Violance" perfekte Thrillerkost auf hohem Niveau, das während des gesamten Film kaum abschwäscht, was ebenfalls heutzutage eine Seltenheit in der Filmwelt ist. Unterm Strich einer der besten Filme 2005, auch wenn es nicht zur 10er Bewertung gereicht hat. Diesbezüglich hat im Jahr 2005 bei mir bisher noch kein Film dies erreicht, auch wenn "Sin City" und "Star Wars - Episode 3" nah dran waren.