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Das Familienidyll der Stalls scheint perfekt, bis eines Tages zwei Gangster das Diner von Tom Stall betreten und eine Schießerei anzetteln. Binnen Sekunden wird aus dem treusorgenden Familienvater und liebevollen Ehemann ein Actionheld, wie er im Buche steht, bzw. wie er die beiden kurzerhand erledigt. Als Held in der Presse gefeiert ruft das einen weiteren finsteren Genossen auf den Plan, der Tom für einen alten, doch wenig erfreulichen Bekannten hält… Freilich bedarf es keines geübten Auges um zu erkennen, dass der All American Daddy mit viel zu gekonntem Elan den beiden Unholden binnen Sekunden den Garaus bereitet, womit das Drehbuch seine wahre Identität recht offensichtlich verrät. Der Frage, ob er denn nun der ehemalige Killer aus Philadelphia ist oder der unbescholtene Bürger, gehen dann doch mehr die Mitglieder seiner Familie nach. Vorbei scheinen die offen grotesken Paranoiavisionen David Cronenbergs, die einst wie Albträume auf den Zuschauer herabprasselten. Die Realität und die Erkenntnis über die Wurzel allen Übels haben ihn eingeholt und bescheren weiter eine Wende, hin zum Emotionskino. Die Idee für das Grundgerüst ist demnach kaum die größte, darum geht es auch nicht tatsächlich in dieser Kopfgeburt über Gewalt in der Gesellschaft. Nicht nur pakative Typen wie Carl Fogarty mit seinem vernarbten Auge und dem teuren Anzug sind es, die Geschichte der Gewalt ist auch die von der Schrotflinte im Haushalt und der Attitüde eines "Dirty Harry" dahinter. Einerseits ist es die suburbane Welt, dieser schmelzige American Way of Life, über den sich der Kanadier ausgiebig lustig macht, es sei denn, man möchte den Übereinsatz von Howard Shores Streichern im Hintergrund als ganz hübsch empfinden. Andererseits blitzt der Schelm in Cronenberg durch, wenn er seine, für diese Dramen viel zu groben Gewaltattacken einfügt, in denen selbst Schießereien mit Fleischfetzen enden. Beides steht sicher nicht in so starkem Kontrast wie bei David Lynchs wundervollem „Blue Velvet“, doch die Comicvorlage schimmert mitunter deutlich durch. Tränen fließen, Blut fließt, beides nicht zu knapp und beides mit Bemühen der Maske angerichtet. Auf die Blutszenen legten die SFX-Künstler sichtlich größeren Wert, kurz und heftig mit leichtem Hang zum Comicsplatter zeigen sich keine elendig langen, doch erstaunlich grafisch ausgefallene Bilder, hinter denen sich Tarantino verstecken kann. Dessen Vorlieben finden sich ansatzweise in Szenen mit Gangstern im sauberen Kuhdorf des mittleren Westens mit viel Understatement wieder, würden die sich nicht ohne mit der Wimper zu zucken per Zweifach- und Kindermord vorstellen. Mancherorts wird sogar eine versteckte Kritik an der Politik von George Bush vermutet. Das kann man sicher so sehen, muss man aber ebenso wenig wie in Romeros ungleich plumperem „Land Of The Dead“. Sozialkritische Züge, die sich mal wieder mit der Natur des Menschen beschäftigen, gibt es dagegen sehr wohl. Zu erwähnen sind zu guter Letzt noch die guten Darsteller, Viggo Mortensen verkörpert beide Teile seiner Persönlichkeit, Maria Bello ist verliebt und verzweifelt im Wechsel und Ed Harris spielt, als wäre er schon immer Mr. Abgeklärt gewesen. Positiv fällt auch der junge Ashton Holmes als Sohn Jack auf, wie der in die Fußstapfen seines Vaters tritt.

Fazit: Cronenberg wird zum gesellschaftsfähigen, konformen Emofilmer. Und im nächsten Moment wieder gar nicht, denn scheinbar trifft das den Zeitgeist um die Geschichte der Gewalt. 7/10 Punkten

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