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Himmel, Arsch und Zwirn – das gibt es ja nicht! Ich bin wirklich einer der Letzten, der Avi Lerner, Boaz Davidson, Danny Dimbort und Trevor Short nach dieser mehrjährigen Durststrecke zugetraut hätte, dass die sich noch mal back to the roots besinnen und einen B-Actioner der Güteklasse A+ vom Stapel lassen. Schuldig waren sie es ihren seit Jahren leidgeprüften Nu Image-Fans, die ihnen trotz niveauloser Actionkost nicht den Rücken kehrten, jedenfalls allemal. Gut, dass sie sich entschieden ihn unter Millenium Pictures (höheres Budget) und eben nicht ihrer inzwischen zur Schmalbudget-Klitsche abgestiegenen Schwesterfirma Nu Image zu produzieren.
Soviel sei vorweg schon mal verraten: „Submerged“ toppt Jean-Claude Van Dammes „Wake of Death“ und Dolph Lundgrens „The Defender“. Alle drei alteingesessenen B-Actionstars hatten nun ihre Comeback und erfreulich wäre es allemal, wenn sie so weitermachen würden. Abwarten heißt nun die Devise.

Für „Submerged“ zeichnet sich Anthony Hickox (btw. Second Unit: Mark Roper) verantwortlich. Der früher mit Horrorfilmen wie „Waxwork“ oder „Hellraiser III: Hell on Earth“ auf sich aufmerksam machende Regisseur ist dem Genrefan spätestens seit Phoenician Entertainments wohl bestem Film „Storm Catcher“ (Ich liebe diesen Carstunt mit dem explodierenden und sich nach vorn überschlagenden Gefangenentransporter) bekannt und schrieb zusammen mit Paul de Souza auch das Drehbuch. Von der ursprünglichen Idee, Steven Seagal in einem U-Boot mit radioaktiv verseuchten Mutanten zu konfrontieren, ist nur noch das Transportmittel übrig geblieben. Doch dazu später mehr.

Tatsächlich haben wir es hier mit einem deutlich von „The Manchurian Candidate“ inspirierten B-Actioner, dessen Budget ich mal locker auf 25 - 30 Millionen schätze, zu tun. Der Plot vereinfacht sich das Szenario hier und da zwar, aber nur so ist es auch möglich ein Actionspektakel zu kredenzen, das inszenatorisch gar nicht mal mehr so weit vom A-Niveau entfernt ist. Hickox holte sich hierfür wieder seinen „Storm Catcher“ – Kameramann David Bridges (heuerte u.a. auch bei Terry Cunninghams „Con Express“ an) an Bord. Zusammen entfachen die beiden extrem kurzweilige, enorm stylishe B-Unterhaltung.

Denn „Submerged“ sieht in allen Belangen richtig gut aus. Die Stilmittel sind zahlreich und nah am Overkill, aber Hickox gehört zu den Regisseuren die damit auch einzugehen verstehen und anstatt ihren Film sinnlos damit zu überladen. Hier und da übertreibt er es mal, doch die meiste Zeit kann er mit ihnen haushalten. Möchte nicht wissen, wie viel Stunden die Post-Production gedauert hat... Slow- und Fastmotion, Reißschwenks, Farbfilter und schnelle Zooms gehören zum Standardrepertoire. Hinzu gesellen sich dann immer wieder aus der Egoperspektive gefilmte Blicke durch Nachtsichtgeräte und Sniperzielfernrohren oder Helikopterperspektiven. Es gibt sogar gelungene Blue Screen-Tricks und CGI-Flugzeuge (CGI für ein B-Movie überhaupt sehr gut), die top programmiert (Ich erinnere mich da noch mit Grausen an „Out for a Kill“) worden sind.
Alles verpackt in eine farbenfrohe Optik, die etappenweise von düster gehaltenen Bildkompositionen abgelöst wird. Visuell stinken da auch „Wake of Death“ und „The Defender“ gegen ab. Es sieht auf den Punkt gebracht einfach verdammt geil aus, dürfte jedoch nicht jedermanns Geschmack treffen.

Seagal selbst wird untypisch spät in den Film eingeführt, denn zunächst beschäftigt sich der Plot mit eben der oben schon erwähnten Gehirnwäsche. Der für Tod gehaltene Wissenschaftler Arian Lehder (Nick Brimble, „Robin Hood: Prince of Thieves“, „Seven Days to Live”) lässt in Südamerika mittels eines Signals, das durch die Datenleitung einer ihn beobachtenden, fliegenden Drohne (der einzige peinliche Moment: ein billiges Modellflugzeug) die Bodyguards der amerikanische Botschafterin von Uruguay aktiviert, die Landesvertreterin töten. Was dann auch gleich erst mal Anlass zu jeder Menge blutiger, in Zeitlupen festgehaltener Körpertreffer und Headshots gibt, weil gleich die ganze Belegschaft blutig zusammensinkt. Hickox ist voll und ganz in seinem Element und das soll so weitergehen.

Um diesem Treiben ein Ende zu setzen, schickt die amerikanische Regierung eine militärische Spezialeinheit auf den Weg, um die Basis des feindlich gesinnten Docs dem Erdboden gleichzumachen. Angeführt wird sie von niemandem anders als B-Prügelikone Gary Daniels („Fist of the North Star“, „Rage“), der nach seiner undankbaren Rolle in „Retrograde“ leider hier wieder nur einen Minieinsatz absolviert und nahezu verheizt wird. Selbst sein im Trailer angekündigter (und von mir herbeigesehnter) Kampf gegen Steven Seagal gibt nicht viel her (Warum nicht 10 Jahre früher...). Ich persönlich hätte ihn ehrlich gesagt lieber in der Hauptrolle gesehen. Naja, hoffentlich reicht es bald mal wieder für eine...

Sei es drum, die Truppe versagt, wird direkt, nachdem sie vom Hubschrauber abgesetzt wurde, stark dezimiert (wieder mit blutigen Shootouts und allem drum und dran) und muss sich schließlich ergeben. Weil man nun nicht noch weitere US-Boys verheizen will, darf nun endlich Steven Seagal mit seinen Söldnern ans Werk...

Eins vorweg Steven Seagal hat so einen guten Film wie „Submerged“ nicht verdient und „Submerged“ hat wiederum so einen müden Ex-Actionstar auch nicht verdient. Ich bin mir, Gerüchten zum Trotz, ziemlich sicher, dass der immer noch sehr füllige Mime im O-Ton nur teilweise synchronisiert wurde. Der Nuschelkopf erhält jedenfalls eine sehr ähnliche Stimme, weswegen der Unterschied kaum auffällt. Ausgebrannt und müde und gelinde ausgedrückt nicht sonderlich motiviert schaut er drein. Viel zu tun hat er zudem auch nicht. Hickox wusste wohl um die Form des ehemaligen Prügel-Asses und kaschiert dessen nicht mehr vorhandene Form ziemlich geschickt. Seine beiden, kurzen übrigens von Stuntman George Karlukovski (zweimal unter Isaac Florentine bei „U.S. Seals II“ und „Undisputed 2“ tätig) choreographierten Kämpfe, sind so schnell und geschickt geschnitten, dass niemandem auffällt, wie übel es um den B-Mimen steht. Immerhin brauchte man so aber weder Wirework oder ein Double, denn mit seinen Armen und Händen kann er immer noch herumfuchteln oder ballern. Trotzdem hätte ich mir hier einen jüngeren und sich in Form befindlichen Darsteller gewünscht. Man kann wohl davon ausgehen, dass er uns in den nächsten Jahren noch mit ein paar B-Produkten belästigt (zurzeit sind schon wieder ganze drei in der Post-Production) und dann still und heimlich mit den abgeschöpften Millionen von der Bildfläche verschwindet. Engagiert ist er jedenfalls längst nicht mehr bei der Sache und sein Ruf, wie auch seine Fans scheinen ihm auch am Allerwertesten vorbeizugehen.


Sein erster Auftritt hat hier dafür immerhin Blockbusterqualität: Zu harten Rockklängen betritt er in Zeitlupe durch ein düsteres Schot einen Flugzeugträger (möglicherweise Archivmaterial, wenn aber gut eingebunden) und das sind solche Szenen wo man als bekennender Actionfan Gänsehaut und eine Beule in der Hose bekommt. „Bauer/Martinez“ -Hauskomponist Guy Farley (u.a. „Wake of Death“) hat nebenbei bemerkt musikalisch über die gesamte Distanz alles im Griff und liefert hier einen verdammt präsenten, wuchtigen Score ab, den man getrost als B-Version besserer Zimmer-Töne deklarieren darf.

Das erneute Briefing wird für den Zuschauer kurz gehalten. Dafür gibt es etwas Backgroundwissen um Chris Cody (Seagal) und seine Mannen, die nach Verhinderung eines terroristischen Anschlags (so was wie der 11.09... nur auf hoher See...) im Gefängnis landeten. Cody ist dementsprechend wenig begeistert, schon wieder für die Regierung anzuheuern. Doch wer kann ablehnen, wenn als Entlöhnung eine Aufhebung der Strafe plus 100000 Dollar pro Kopf winken?

Die Vorstellung seiner Crew erfolgt wieder sehr schnittig mit Texteinblendungen (Name, wichtigste Informationen). Natürlich sind das auch alles harte, coole Motherfucker, die während der folgenden Mission in der richtigen Situation stets einen zynischen Oneliner vom Stapeln lassen können und ihr blutiges Handwerk verstehen. Krönung ist hierbei Vinnie Jones („Lock, Stock and Two Smoking Barrels“, „Snatch.“) als Sniper und äußerst brachial-gnadenloser Faustkämpfer, der seiner Figur seinen ganz eigenen Stempel aufdrückt. Begleitet werden sie im übrigen kurz von William Hope, den der ein oder andere noch als völlig überforderter Einsatzleiter in „Aliens“ kennen dürften.

Was darauf bis zum Ende folgt, ist ein nahezu ohne Längen auskommendes Actionspektakel. Seagal landet mit seiner Crew vor Ort, entgeht einer Falle, stürmt den Laborkomplex und battelt sich mit einer zahlenmäßig weit überlegenen Anzahl von Soldaten, die so ganz nebenher noch einen Panzer mit sich führt. Es folgen massive Explosionen, einschlagende Panzergeschosse und sehr nette optische Spielereien mit leicht entzündlichen Fässern (inklusive einer der beliebten „In Zeitlupe von Explosionen wegmarschieren “- Szene). Hickox beweist auch hier, dass er ungeheures Talent besitzt, was stylisch gemachte Action angeht.

Auch wenn der Plot angesichts der Actionorgie nur Nebensache ist, hat er noch ein paar Wendungen parat. Die sind hier zwar nicht zwingend notwendig, sorgen zum Ende hin aber nochmal für Spannung und eine Möglichkeiten bietende Schlussszene. Zumindest ist die Prämisse mit der Gehirnwäsche mal etwas ganz anderes. Abseits von einsilbigen Terror- und Drogenlords kann sich das Skript durchaus behaupten.

Abgetaucht mit einem U-Boot, in den Tiefen des Meers noch ein paar Überraschungen (wieder in Verbund mit Gekloppe und Geballer) miterlebend und schließlich wieder auf festem Boden stehend, jagt die Söldnertruppe dem Bösewicht hinterher. Auffallend dabei wie gut das U-Boot-Setting und die CGI-Außenansichten aussehen.

Anthony Hickox lässt sich bis zum Schluss nicht Lumpen, serviert noch eine sauber inszenierte Autoverfolgungsjagd (vorzugsweise Mercedes, Audi und BMW ;)) und blickt auch nochmal etwas genauer auf den bis dato mit ziemlich nebulösen Zielen ausgestatteten Doctor Lehder. Das letzte Drittel ist nahezu eine Nonstopactionorgie, die in einem Theater beginnt und mit Brachialzerstörung (u.a. fräst sich ein hubschraubender Heli in ein Gebäude, mit Auto durch Schaufenster etc.) endet. Seagal bekommt auch noch seine 15 Minuten Ruhm, wird zum Alleinunterhalter und darf sich mit allerlei Schießgerät durch die Gegnerscharen roden (Hickox lässt ihn in einer Szene ballernd durch einen Metalldetektor laufen *gg*), bevor es dann zum wieder genüsslich zelebrierten (zu Beginn ertönt ein Gongschlag) Endfight auf Leben und Tod kommt.

Als B-Action-Fan mit den entsprechenden Ansprüchen kommt man an „Submerged" zurzeit nicht vorbei. Klar, der Plot ist reichlich hohl, die Charaktere flach und die Logik geht mehr als nur einmal flöten, doch das sind und waren in diesem Genre noch nie Ansatzpunkte für Kritik. Anthony Hickox konzentriert sich auf die Elemente, auf die es ankommt und genau deswegen habe ich ihn nach „Storm Catcher" ins Herz geschlossen. Neben Ausnahmeerscheinung Isaac Florentine vielleicht einer der letzten B-Regisseure, die noch für Qualität bürgen können...


Fazit:
Für mich stellt „Submerged“ jedenfalls eine Offenbarung des in letzter Zeit nicht gerade durchweg mit glänzenden Produkten auffallendem B-Milieus dar. So gut wie hier habe ich mich schon ewig nicht mehr unterhalten. Vom Härtegrad (u.a. auch zersprengter Körper) über den Humor (Oneliner en masse) bis hin zur Inszenierung (sehr stylisch, tolle Explosionen, Autoverfolgungsjagden, Zerstörungsorgien, einfach alles) lässt der Film keine Wünsche offen. Selbst die sonst aufgrund der mittelprächtige Budgets oft ein Problem darstellenden CGI-Tricks gelingen vortrefflich. Der Bodycount ist hoch, die Optik tadellos, der treibende Soundtrack markig und dank der enormen Kurzweiligkeit des Stoffes kommt auch nie Langeweile auf. Die Story selbst ist trotz seines Twists freilich nur Mittel zum Zweck, dennoch aber intelligenter als so manch andere der jüngsten Leidensjahre. Zwar ist der Film im herkömmlichen Sinne kein Seagal-Film, weil er auch ohne ihn genauso problemlos funktionieren würde, für seine Fans ist das nach einer längeren Durststrecke aber wieder ein Grund zum Aufatmen. Ich habe mich hier sogar besser als bei „Exit Wounds“ unterhalten gefühlt. Bleibt zu hoffen, dass Anthony Hickox, so kurz seine Filmografie auch ist, sich schnellstmöglich wieder im Actionbereich austobt und vielleicht sogar mal ein A-Projekt in die Finger bekommt. Zu wünschen wäre es ihm jedenfalls. Mr. Lerner, „Undisputed 2“ darf kommen...

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