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Es ist ein Film, der im Vorfeld der Oscar-Verleihung Furore machte – „Brokeback Mountain“. Für viele Leute, die gerne die liberale Fahne hochhalten war es Ehrensache das Drama um zwei augenscheinlich homosexuelle Cowboys zu pushen. Selbst US-Präsident Bush wurde nach dem Film in der Öffentlichkeit provokativ befragt. Es verwundert auch nicht - ja klar Bush, der Cowboy aus Texas, das Sinnbild für neokonservative Politik. Ein Hype entstand und es wurde kräftig Schwarz-Weiß gemalt – frei nach dem politisch ach so gespalteten Amerika. Schon haben wir wieder den ultimativen Kampf zwischen konservativ und liberal. Schließlich hinterließ die Krönung des Episodendramas „Crash“ einen herben Beigeschmack. Die Konservativen wählen einen Film über Rassismus – verkehrte Welt, im Sinne der Bedienung weiterer Klischees. Hollywood hatte zu wenig Mut. Mut, für was? Man muss ja vorsichtig sein, wenn man „Brokeback Mountain“ nicht feiert.

Irgendwann im Jahre 1963 in Wyoming: Ennis del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) hüten im Auftrag eines Farmers Schafe am Brokeback Moutain. Es gibt tagtäglich Bohnen, die Marlboros qualmen und geredet wird anfangs auch nicht viel. Der hervorragend stoische Score von Gustavo Santaolalla untermalt die herrlichen Landschaften, die typisches Marlboro-Werbung Abenteuer-Feeling vermitteln. Es dauert lange, aber dann passiert es – im Zelt. Zwei Cowboys haben Sex. Unfassbar! Schlimm? Nein, kalt.
Schnitt um Schnitt reihen sich die Bilder steril aneinander. Die abenteuerlichen Landschaften verlieren ihre Wirkung und verpuffen in etwas, was alles andere als spektakulär ist. „Brokeback Mountain“ versagt auf narrativer Ebene. Der Fokus liegt auf den beiden Cowboys, deren Schauspieler sicherlich Mut bewiesen haben, indem sie die Rolle annahmen. Das ändert aber auch gar nichts an der Situation, dass Ledger und Gyllenhaal fern wirken. Ihre Performance wirkt eben genauso, wie man sich zwei Heterosexuelle in dieser Situation vorstellt. Fremd und fern.

Es ändert sich auch nichts daran, als sich die Wege der beiden trennen und in einer Heirat mündet. Ennis tritt in den Bund der Ehe mit Alma (Michelle Williams), und Jack heiratet Lureen (Anne Hathaway). Die Sache scheint vergessen, doch Jahre später sind beide so sehr Sklave ihrer Sehnsucht, dass ein Wiedersehen stattfindet. Im Zusammenhang mit den beiden Ehefrauen verwundert die Nominierung als beste Nebendarstellerin für Michelle Williams, die ihr Können zwar seinerzeit in Dawson’s Creek unter Beweis gestellt hat, aber hier gar nicht glänzen kann. Der Film versteift sich so sehr auf die schwulen Protagonisten, dass Almas Verzweiflung, als sie von der heimlichen Neigung ihres Mannes erfährt, zur Staffage wird.

Die verbotene Liebe darf natürlich nicht gelebt werden. Außergewöhnlich ist daran aber nur die sexuelle Neigung der Protagonisten. Ang Lee demontiert ein Klischee und nutzt viele andere. Die Marlboro Männer mal ganz weich. Ansonsten ist die Handlung austauschbar und wenn man das ganze auf eine heterosexuelle Ebene verfrachten würde, wäre es eine langweilige Schnulze, die eine gesellschaftlich nicht gewollte Liebe thematisiert. Sehnsucht, die man nicht ausleben darf im Amerika vor den 70er Jahren. Hätte man einen weißen Mann und eine schwarze Frau gewählt, wären wohl auch die Konservativen zur Wahl des Films bereit gewesen. Oder wäre dann die Aufregung gar nicht mehr so groß gewesen, dass man Stolz die liberale Fahne schwenken müsste? Gedanken im Geiste des absurden Klischee-Wahnsinns vor der Oscar-Verleihung 2006.

Es verwundert, dass hierum soviel Wirbel gemacht wurde. Einige, der ewig Gestrigen mag „Brokeback Mountain“ tatsächlich ein Dorn im Auge sein, mich lässt der Film als wenig dramaturgisches Drama völlig kalt und dementsprechend gelangweilt war ich, nachdem die optische und musikalische Wirkung aufgebraucht war. Im Prinzip hat nur das Klischeehafte beeindruckt – womit die Intention gescheitert ist. Oder doch nicht? Willkommen im Club der homophoben, konservativen Republikaner!? (4/10)

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