Ang Lee bleibt auch weiterhin unberechenbar. Nach seinem Martial Arts Fantasy Epos Crouching Tiger Hidden Dragon und der zwiespältig aufgenommenen Comic Verfilmung Hulk folgt jetzt also ein Homosexuellen Drama. Das der Film soviel Staub aufgewirbelt hat, liegt wohl vor allem an dem doch recht ungewöhnlichem Milieu in dem er spielt. Schwule Cowboys wurden bisher abseits der Disco Hupfdohlen von Village People einfach noch nicht thematisiert. Da dürfte sich so mancher US Redneck drüber echauffiert haben, war doch der typische Marlboro Cowboy der Inbegriff US-amerikanischer Männlichkeit. Aber was bleibt übrig, wenn man den Rummel mal beiseite lässt und sich den Film einfach nur als solches betrachtet. Ein überdurchschnittlich gutes Drama nach einer E. Annie Proulx Novelle, die auch schon für Lasse Hallströms Schiffsmeldungen die Vorlage lieferte.
Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Beziehung zwischen den Cowboys Jack Twist und Ennis Del Mar. Wobei das große Ding nicht die homosexuelle Natur der Beziehung, sondern eher die tragischen Umstände sind. Beide sind gezwungen ein Scheinleben mit herkömmlicher Familie aufzubauen. Eine Tatsache mit der Jack wesentlich mehr Probleme hat als Ennis, der sich stoisch einfügt.
Das Ganze wird getragen von einer durchweg hervorragenden Besetzung, in der vor allem Heath Ledger als maulfauler Cowboy mit Identitätsproblemen zu überzeugen weiß, während Jake Gyllenhall zwar als junger forscher Schafshüter der seine Sexualität neugierig entdeckt überzeugen kann, allerdings wohl Probleme mit der Darstellung des alternden, langsam aber sicher immer frustrierteren Jack Twist hatte. Abgerundet wird das Ganze von einem schönem subtilem Score, der das Ganze stimmungsvoll unterstreicht. Leider ist es nicht gelungen die ein oder andere unangenehm auffallende Länge, insbesondere in der zweiten Hälfte des Filmes, zu vermeiden.
Der große Gewinner des Filmes ist sicherlich Ang Lee, der sich eine völlig neue Fanschar erarbeitet haben dürfte. Trotzdem kann man durchaus enttäuscht sein, bei aller Qualität die hier abgeliefert wurde: der erhoffte Knaller der alle anderen Oscar Kandidaten des Jahres hinter sich lässt ist dieser Film nicht.
07/10