Mal ganz ehrlich, wer von uns Männern kann es Brad Pitt verdenken? Auch wenn er, genauso wie seine Filmpartnerin Angelina Jolie, es gar heftig dementiert, scheint es wohl am Set nicht nur zwischen ihren Filmcharakteren heftig geknistert zu haben. Die Scheidung von Ehefrau Jennifer Aniston spricht genauso Bände, wie die Tatsache, dass man beide häufig zusammen in der Öffentlichkeit sah.
Nur ein Marketinggag, ähnlich wie er Tom Cruise und Katie Holmes ebenfalls vorgeworfen wird oder ganz einfach die Liebe? Ist im Grunde egal, soll auch nicht unser Bier sein. Dem Film hat es jedenfalls nicht geschadet.
Regisseur Doug Liman („Go“, „The Bourne Identity“), ausgestattet mit stattlichen 110 Millionen Dollar und einem erschreckend einfallslosen Skript von Simon Kinberg („xXx: State of the Union“), dem zu „X-Men 3“ hoffentlich mehr eingefallen ist, kann sich voll und ganz auf seine beiden spielfreudigen Stars und sein eigenes Talent verlassen. Meiner Meinung nach, ist der fähige Filmemacher auch nach „Mr. & Mrs. Smith” noch längst nicht am Zenit seines Schaffens angekommen.
Der Plot selbst lässt sich äußerst knapp zusammenfassen. John (Brad Pitt, „Se7en“, „Fight Club“) und Jane Smith (Angelina Jolie, „Lara Croft: Tomb Raider“, „Taking Lives“) sind seit „fünf oder sechs Jahren“ ein Ehepaar, ohne zu wissen, dass sein/ihr Partner den Job eines Auftragskillers nachgeht. Als ihre jeweiligen Agenturen sie auf die gleiche Zielperson ansetzen und sie während dieser scheiternden Mission gegenseitig ihr Geheimnis lüften, entbrennt der vielleicht brachialste und lustigste Ehestreit der Filmgeschichte.
„Mr. & Mrs. Smith” macht keinen Hehl daraus, dass er nur auf seinen beiden Hauptdarstellern baut und kann sich glücklich schätzen so ein miteinander harmonierendes Duo gewonnen zu haben, das, jetzt mal ohne die angebliche Affäre im Hinterkopf, unglaublich viel Chemie entwickelt, diebisch vergnügt sich und das ihnen anhaftende Image parodiert und zudem noch genüsslich mit dem Publikum spielt.
Der Film beginnt mit einer Sitzung bei der Eheberatung, wo beide, weil der Zuschauer die Situation aus der Perspektive des Wortführers betrachtet, nahezu direkt in die Kamera blicken und damit das Publikum ansprechen, unglaublich unsicher aufgrund ihrer kriselnden Ehe wirken und peinlich berührt zugeben müssen, dass ihre Beziehung längst nicht mehr das ist, was sie mal war.
Muss man sich mal vorstellen, da sitzt immerhin Brad Pitt, der Schwarm von so ca. 99 % der weiblichen Bevölkerung des Planeten Erde, der im übrigen auch hier wieder seinen Neid verursachenden Body präsentiert (Wer möchte mit über 40 nicht auch noch so aussehen?) und er stammelt nur so vor sich hin, weil es mit seiner Frau nicht mehr klappt.
Ihm zur Seite Angelina Jolie (Nach den Flops „Lara Croft Tomb Raider: The Cradle of Life“ und „Taking Lives“ endlich der dringend benötigte Erfolg), die ja nun auch einen Großteil der Männerherzen höher schlagen lässt, auch hier nicht mir ihren Reizen geizt und so unterkühlt, emotionslos und direkt ihren Ehemann durchkalkuliert, als wäre das Feuer der Liebe längst erloschen. Allein diese Szene sind schon ihr Geld wert und Liman dreht weiter auf.
Während sich die zweite Hälfte des Films fast durchgängig als einziges Actionspektakel sieht, stürzt sich die erste auf das Alltagsleben der beiden und ihren Spagat zwischen Job und Tarnidentität. Über Smalltalk kommen sie kaum noch hinaus, sie leben aneinander vorbei und nur noch für den Job und müssen gleichzeitig aufpassen, dass sie ihre erworbenen Fähigkeiten nicht mal versehentlich im trauten Heim anwenden. Immerhin darf die anderen Hälfte keine Hinweise auf das große Geheimnis erhaschen. Brad Pitt muss im triefenden Regen einen Rasenmäher in den Geräteschuppen schaffen und Angelina Jolie ist auch mal mit einem Nachbarskind völlig überfordert. Das normale Leben hat so seine Tücken und beide scheinen damit völlig ihre Probleme zu haben. Erst als sie sich belauern, weil sie nun nicht wissen, ob der gegenüber bereits Bescheid weiß, fühlen sich beide in ihrem Metier. Was dann auch wieder reichlich Jokes garantiert.
Die Gagfrequenz der ersten Hälfte ist hoch, nicht jeder Gag sitzt, aber der Großteil funktioniert. Die Action der ersten Stunde begrenzt sich auf das äußerst explosive Zusammentreffen der beiden in der Wüste, an dem die Pyrotechniker ihren Spaß gehabt haben dürfen. An dieser Stelle sei, und das zieht sich durch den gesamten Film, nach Möglichkeit CGI-freie Inszenierung von Doug Liman lobend erwähnt. Der Mann verlässt sich vorwiegend auf old-school Tricks und greift nur wenn notwendig auf programmierte Effekte zurück.
Klar, die Story lässt zu wünschen übrig, ein richtiger Gegner für das Paar, das sich erst, wie der Auftrag befiehlt, sich bekriegt, neu kennen lernt und dann zusammenarbeitet, fehlt auch und spannend wird es freilich auch nicht. Aber das sind alles zu vernachlässigende Mankos in dieser turbulenten Actionkomödie. Besonders auffällig sind immer wieder Gags, die so spontan fallen, als ob Jolie und besonders Pitt am Set einfach improvisiert hätten und Liman (O-Ton: Das Einzige, was ich Angelina Jolie nicht erklären musste, war, wie man mit den Waffen umgeht) die Kamera einfach weiterlaufen ließ. Also solche Szenen, die man später dann als Bonus (Gag-Reels) bei der DVD-Veröffentlichung mit beipackt, hat man hier quasi mitintegriert.
Absoluter Zwerchfellknaller sind dabei der Tangotanz, in dessen Verlauf Angelina Jolie plötzlich nach unten aus dem Bild abtaucht und Pitt direkt in die Kamera, also Richtung Publikum (und eben nicht zu den Restaurantgästen) zwinkert und Pitts Geständnis, dass er schon mal verheiratet war (Hallo, Frau Aniston), worauf Jolie die Herausgabe der Sozialversicherungsnummer fordert, um sie umzubringen.
Ab Filmmitte darf man sich dann auf eine reichhaltig gedecktes Actionfest freuen, das Liman, wie man es nach „The Bourne Identity“ erwarten konnte, auch voll im Griff hat. Hier und da wird es dank Steadycam-Einsatz und zu heftigen Close-Ups zwar mal zu unübersichtlich, aber ansonsten darf man sich über eine fulminante Zerstörungsorgie des trauten Heims mit Martial-Arts-Gekloppe, ausführlichem Waffeneinsatz verschiedenster Kaliber (Pistole, Maschinenpistole, Shotgun, etc) und einer dicken Explosion freuen. Pitt und Jolie (Warum die Namen der Filmegos? Es sind Pitt und Jolie!) schaukeln sich gegenseitig hoch, bekämpfen sich bis aufs Blut. Er tritt sie mit Inbrunst, als sie am Boden liegt, dafür gibt es im Gegenzug Hiebe in die Weichteile. Dass eigentlich so platte Ideen funktionieren, hat der Film den beiden zu verdanken.
Zur Actionpalette hinzu gesellen sich eine Autoverfolgungsjagd mit durch die Gegend fliegenden BMWs und Gegnern, sowie bleihaltige Luft und zum Showdown ein ausuferndes Gefecht gegen eine Spezialeinheit in einem Einkaufszentrum, das kurzerhand in einen Kriegschauplatz mit einschlagenden Granatgeschossen verwandelt wird. Immer wieder unterbricht Liman dabei, um Leichtfüßigkeit bemüht, mit musikalischen Evergreens. Nebenbei liefert er hier übrigens auch ein Musterbeispiel, wie man PG-13-Action drehen kann, ohne dass der Zuschauer sich ständig um Szenen betrogen fühlt.
Neben diversen Anspielungen (während eines Verhörs trägt der Verhörte ein „Fight Club“ – T-Shirt) und dem nicht zu verachtenden Wortwitz, bei dem der sarkastisch-freche Brad Pitt der kühlen Angelina Jolie meist einen Schritt voraus ist, können auch die doppeldeutigen Dialoge und dem Geschlecht zugeordnete Gags (Jolie hat ihre Ausrüstung im Herd, Pitt im Gartenhaus) überzeugen.
Freilich kann man argumentieren, dass der Film, weil er Action und Comedy so in zwei Hälften aufteilt, nicht wie aus einem Guss wirkt. Dem sei entgegengesetzt, dass „Mr. & Mrs. Smith” nur so funktionieren kann. Der Beginn ist so unglaublich witzig, weil wir als Zuschauer ständig erwarten, dass die Hölle ausbricht, das Ende nur so gut, weil wir vorweg die beiden kennen gelernt haben, mit ihnen durch die Ehekrise gegangen sind und uns nun mit ihnen amüsieren, während sie alles in Schutt und Asche legen. Bei der Power, die die beiden an den Tag legen, bleibt kaum Platz für weitere Charaktere. Wenn überhaupt, sollte Vince Vaughn („Starsky & Hutch“, „Dodgeball: A True Underdog Story“) als Pitts Kumpel und Kollege, der bei seiner Mutter lebt noch erwähnt werden, da er zumindest ein paar gute Szene hat, aber kaum in der Lage ist das Gesamtbild noch zu veredeln.
Fazit:
Endlich ein typischer Sommerblockbuster, bei dem man gepflegt das Hirn abschalten kann, um sich von Action und Humor berieseln zu lassen. Das gilt für Männlein und Weiblein, die hier ihren jeweiligen Favoriten in Aktion erleben dürfen. Sicher, es gibt ein paar Kleinigkeiten, die verbesserungswürdig sind. Es fehlt ein würdiger Gegner (der im Finale trotz zwei verschiedener Besetzungen gestrichen wurde) für das Paar oder ein R-Rated-Cut, der die Angelegenheit vielleicht noch etwas heißer und eindrücklicher gestaltet hätte. Doch das sind wirklich zu vernachlässigende Mankos.
Die Chemie zwischen den beiden ist grandios, der Wortwitz enorm, wenn auch nicht überragend und die Action von Liman gewohnt spektakulär in Szene gesetzt. Auch dank nahezu stets ins Schwarze treffenden Gags zurecht ein Hit, der zurzeit sein Budget längst wieder drin hat. Die Gerüchte um eine mögliche Fortsetzung machen längst die Runde... Dagegen hätte zumindest ich nichts. Vielleicht mit einem nicht ganz so inhaltsleeren Drehbuch?
Nach etlichen Enttäuschungen wie „War of the Worlds“ und „Fantastic Four“ also endlich mal wieder ein Film, bei dem sich das Eintrittsgeld auch gelohnt hat.