Die Kreativität deutscher Titelschmieden schlägt mal wieder zu und macht aus „Banlieue 13“ hierzulande „Ghettoganz – Die Hölle vor Paris“.
Im Jahre 2010 hat man eine Mauer um ein bestimmtes Viertel in Paris gebaut, in dem die Kriminalitätsrate besonders hoch ist. Seitdem gibt es dort keine Polizei mehr, stattdessen beherrschen Gangs dieses Areal, den Bezirk 13. Zwar versuchen sich auch rechtschaffene Leute wie der Kampfsportler Leïto (David Belle) und seine Schwester Lola (Dany Verissimo) hier durchzuschlagen, doch Kriminalität herrscht hier allerorten. Dazu gibt’s dann passend farbarme Bilder, Autowracks und die nötige Ausstattung für die Gangs (tiefer gelegte Autos, Knarren im Übermaß usw.), um die nötige Atmosphäre zu erzeugen.
Leïto legt sich mit dem Gangsterboss Taha (Biber Naceri) an, als er diesem Heroin klaut und es vernichtet. Zwar kann er Tahas Häscher besiegen, doch durch korrupte Beamte landet er auf seiner Flucht im Knast und Lola fällt Taha in die Hände. Ebenso schlagkräftig setzt sich der verdeckte Ermittler Damien (Cyril Raffaelli) für Gerechtigkeit ein und verprügelt im Alleingang komplette Verbrecherorganisationen. Treu dem Gesetz des Actiongenres müssen diese beide nun früher oder später zu Partnern werden.
Sechs Monate nach Leïtos Verhaftung ist dann auch der Zeitpunkt gekommen: Eine gefährliche Bombe fällt Taha in die Hände, Damien soll sie wiederbeschaffen, braucht aber einen Führer im Bezirk 13…
Mit den „Transporter“-Filmen und „Unleashed“ hat Luc Bessons ja bereits französische Martial Arts Streifen im Stile alter HK-Filme produziert und auch „Banlieue 13“ geht in diese Richtung. So orientiert sich Regisseur Pierre Morel auch optisch an den genannten Filmen und bietet leichten Farbfiltereinsatz und stets etwas surreale Atmosphäre sowie diverse stylische Kamerapositionen (z.B. der Blick in eine entgegen gestreckte Pistole). Im Hintergrund ertönt elektronische Mucke oder gelegentlich französischer Hip Hop, was durchaus zu einem derartigen Trendprodukt passt.
Deutliche Abstriche muss man jedoch im Bereich Story und Charaktere machen. Über die Hauptfiguren erfährt man kaum etwas, sie bleiben leicht stereotyp und Ansätze zu einem Buddymovie bleiben im Keim sticken, da die beiden sich in Rekordzeit zusammenraufen. Denn „Banlieue 13“ ist bewusst kurz gehalten, hält sich nicht mit Subplots auf, sondern will vor allem seine Keilereien präsentieren. So nehmen die Vorstellung der beiden Hauptfiguren und damit verbundene Schlägereien fast die erste Hälfte des Films ein und großartige Spannung hat die Jagd nach der Bombe nicht zu bieten. Gegen Ende hat „Banlieue 13“ zwar ein, zwei Überraschungen zu bieten, aber das hebt ihn dann auch nicht auf die Stufe hoher Drehbuchkunst.
Stattdessen wird hier geprügelt bis die Schwarte kracht und das ist vom Feinsten. Zwar verteilt sich die Action auf wenige Szenen, doch die sind überlang. So ist kurz vorm Showdown auch eine leichte Durststrecke festzustellen, ehe das ausufernde Finale ansteht. Ein paar Shoot-Outs und etwas Verfolgung werden zwar geboten, doch Hauptaugenmerk bei „Banlieue 13“ liegt auf den Fights. Die sind echt spektakulär, kommen mit einem Minimum an Tricksereien aus und bieten einige spektakuläre Moves: Halsbrecherische Sprünge, Zweckentfremdung eines Lenkrads, gesprungene Drehkicks usw.
David Belle und Cyril Raffaelli haben körperlich und kämpferisch einiges drauf, da verzeiht man dann auch, dass beide keine großen Darsteller vor dem Herrn sind. Ihre Parts machen sie solide, aber etwas mehr Ausstrahlung könnten beide vertragen. Der Rest der Darsteller ist auf ähnlichem Niveau, nur Biber Naceri als Bösewicht und Tony D'Amario als seine rechte Hand sind etwas charismatischer als die anderen.
Hier gehen ausufernde Action und Stil klar vor Scriptqualitäten: Die Story ist dünn, die Charaktere sind kaum entwickelt, aber dem Actionfan bietet sich „Banlieue 13“ ein flottes Martial Arts Vergnügen mit reichlich Keilereien.