Lebendig begraben klingt als Titel von unserer Seite des Zeitstrahls durch vereinzelte Assoziationen reißerischer, als es dem Film letztlich gut tut. Das Thema dieses Werks aus der Edgar Allan Poe Reihe von Roger Corman hat mit Exploitation nun gar nichts zu tun. Auch oft bemühte moderne Sehgewohnheiten dürfen gerne über Bord gekippt werden. Hier wird Atmosphäre nicht nur groß, sondern auch orthographisch korrekt geschrieben.
Dabei ist der erste Schock noch graphisch illustriert. Ray Milland, der hier an Stelle des gewohnten Vincent Price die Hauptrolle Guy Carrell bekleidet, muß die Exhumierung seines Vaters mit ansehen. Kratzspuren und ein angstverzerrtes Antlitz überzeugen ihn von der Ansicht, sein Vater sei lebendig begraben worden. Und davor entwickelt er nun selbst eine pathologische Angst. Während der Manifestation dieses Albtraums durchlebt diese tragische Figur einen ganzen Katalog des Grauens.
Vorherrschend sind in Lebendig begraben eine rein artifizielle Umgebung, Nebel und Friedhöfe. Ein formidables Farbenspiel veredelt die morbiden Motive. In ausdrucksstarken Momenten dürfen auch mal Ratten und Würmer die Lichtbilder erfüllen, die der Projektor auf die Leinwand wirft. Wir werden in einem zermalmenden narrativen Mahlwerk Zeuge, wie der Wahnsinn diesen Menschen ergreift.
Wie so oft ist es die Tragödie, die in Lebendig begraben den zugänglich spürbaren Horror vermittelt.
Dies zu erleben erfordert etwas Geduld. Stilistisch folgt Roger Corman sehr nah dem Grundtonus, den man als schauerlichen Charme in den Geschichten und Gedichten von Edgar Allan Poe wiederfindet. Vielleicht ist dafür heute nur noch wenig Platz in den Herzen der Zuschauer, die dem rasanten Schlag der Zeit nach pochen. Aber nicht wenige entschließen sich auch, sich über kürzere oder längere Abschnitte zurückzunehmen.
Wer in dieser Entschleunigungsphase angekommen ist, freut sich umso mehr, daß es Horrorfilme gibt, in denen so präzise mit den Reizen gehaushaltet wird. Ray Milland durfte seine Qualität im Wahnsinn später sogar noch einmal ausleben. In Der Mann mit den Röntgenaugen gibt er einen Wissenschaftler, der es mit dem Selbstversuch deutlich übertreibt.