Chaplins erster Tonfilm ist wohl gleichzeitig sein bekanntester: „Der große Diktator“ rechnet auf geniale Art und Weise mit Adolf Hitler und dem Nazi-Regime ab, obwohl zur Entstehungszeit des Drehbuchs noch gar kein Krieg herrschte. Dieser Punkt verdeutlicht Chaplins Fähigkeiten als Visionär, der in diesem Film bereits die sinnleeren Parolen Hitlers, die Blindheit des deutschen Volkes sowie Ansätze der grausamen Judenverfolgungen thematisiert.
Die Zeiten des „Tramps“ sind nun vorbei, Chaplin bewegt sich auf modernen Spuren, lässt aber dennoch an einigen Stellen Einflüsse aus der Stummfilmzeit einwirken, unter anderem auch in einer der berühmtesten Szenen der Filmgeschichte, in der er als fanatischer Diktator mit einer luftballonartigen Weltkugel spielt. Diese Sequenz zeigt diktatorisches Wunschdenken, Überheblichkeit und großartiges Mimik- und Gestikspiel zu einer aufwendigen Choreographie (vergleichbar mit dem Boxkampf aus „Lichter der Großstadt“) zugleich.
Alle Bezugspunkte zum Nazi-Regime wurden leicht abgeändert, so wird aus Adolf Hitler „Adenoid Hynkel“, Mussolini heißt „Napaloni“ und Deutschland „Tomanien“. Vor allem eben genannte Personen weißen eine große Ähnlichkeit zu den realen Vorbildern auf, natürlich beabsichtigt. Chaplin als Hynkel ist natürlich legendär und demontiert den Diktator durch unverständliches Kauderwelsch und Kurzsichtigkeit, was seine Handlungsweise betrifft. Er agiert hier größtenteils als jähzornige Marionette von politisch einflussreichen Personen.
Neben der Bloßstellung Hitlers wird die Geschichte nicht aus den Augen gelassen, nämlich die eines jüdischen Barbiers, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit Hynkel aufweist und der sich in eine junge Hausfrau (großartig, wie in „Moderne Zeiten“: Paulette Goddard, Chaplins damalige Ehefrau) verliebt. Die Story erzählt Chaplin über weite Strecken wie immer gefühlvoll und interessant und umschifft gekonnt alle Klischees.
Am Ende ist es dann ausgerechnet der jüdische Friseur, der vor einem Publikum von Tausenden von Menschen eine ergreifende Rede für mehr Toleranz und Menschlichkeit hält. Leider passt die Rede in ihrer Direktheit dann doch nicht so recht ins Gesamtkonzept, als Gegenargument könnte man anführen, dass hier nicht Chaplin, sondern der Friseur aus seiner Weltsicht den Appell ans Publikum richtet.
Wie dem auch sei, „Der große Diktator“ ist längst Filmgeschichte und sollte von jedem selbst ernannten Cineasten in mindestens einem Pflichtdurchgang gesehen worden sein. Chaplins erster Tonfilm – gleichzeitig sein letzter Jahrhundertfilm!