Review

Zorg lebt auf einer Ferienanlage in Frankreich, wo er als Hausmeister tätig ist und allerlei Aufgaben an den einfachen Häusern erledigt. Er hat die deutlich jüngere Betty kennen gelernt und beide stürzen sich in ein leidenschaftliches Abenteuer. Als Betty bei ihrer Arbeit gefeuert wird, kann sie bei Zorg bleiben. Sie kann beim Anstreichen helfen, so dass sie die Zeit dort gemeinsam verbringen. Doch Betty verärgert den Besitzer. Und irgendwas ist nicht richtig mit Betty, denn im Verlauf zündet sie Zorgs Behausung an, so dass beide die Anlage verlassen müssen.

Sie flüchten zu Lisa, einer Bekannten von Betty, die beide bei sich aufnimmt, doch während der Arbeit in der Pizzeria von Eddy kommt es erneut zu einem Zwischenfall, als Betty einen Gast mit einer Gabel verletzt. Betty ist impulsiv und kann sich manchmal nicht beherrschen. Und als sei dies alles noch nicht schlimm genug, eröffnet sie Zorg eines Tages auch, dass sie schwanger ist...

Wertung:

"Betty Blue" ist kein gewöhnlicher Film, denn allein die Handlung so aufzunehmen, wie sie letzten Endes passiert, bedarf schon etwas Ausdauer und einem gewissen Verständnis für Dialoge und Kleinigkeiten innerhalb einer Filmhandlung. Eine Spannungskurve an sich entsteht nur durch das Verfolgen des Verhältnisses von Zorg und Betty, da sich beide immer tiefer in persönliche Schwierigkeiten manövrieren und man möchte dann irgendwann wissen, wie das ausgehen wird. Das Verhalten von Betty ist im gesamten Film sehr unvorhersehbar, so dass auch dadurch der Film unterhalten kann. Es sind mehrere Dinge, die hier eine Rolle spielen. Zum einen wird man gleich am Anfang des Films mit einer sehr gewagten, erotischen Szene aufmerksam auf die erotische Komponente der Handlung gemacht. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film ohne, dass es aufgesetzt oder gewollt wirkt, so dass man nicht das Gefühl hat, dass die Erotik Mittel zum Zweck ist sondern, dass es in diesem Rahmen einfach dazugehört.

Des Weiteren merkt man relativ schnell, dass Betty, die von Béatrice Dalle grandios in Szene gesetzt wurde, obwohl es ihr erster Kinofilm war, nicht ganz richtig ist. Das zeigt sich durch das Impulsivhandeln, welches immer wieder über die natürliche Handlung hinausschießt (Stichwort: Gabel). Sie kann nicht gut mit Konflikten umgehen und das mündet letzten Endes in eine Katastrophe. Man merkt hierbei die Zerrissenheit von Zorg, denn auf der einen Seite liebt er Betty und hat ein sehr großes Empfinden für sie und versucht ihr zu helfen und auf sie einzugehen. Er wird im Verlauf sogar selbst kriminell. Anderseits kann er ihr aber auch nicht helfen, und manchmal kommt diese Hilflosigkeit ebenfalls recht gut zum Ausdruck.

Die Nebenschauspieler sind nicht weiter von Belang, denn allein das Verhältnis Betty zu Zorg reicht für das Ausfüllen der Handlung vollkommen aus. Die Rolle des Zorg ist nicht ganz so gut umgesetzt wie die von Betty, denn es besteht einfach etwas weniger darstellerische Möglichkeit. Beide Charaktere aber wirken glaubhaft, und das ist ein entscheidendes Merkmal des Films.

Untermalt wird der Film immer wieder von Musik, die diesen wunderbar unterstreichen kann. Gerade das Saxophon bringt die Stimmung des Films dabei ziemlich gut zur Geltung.

Was ist das jetzt für ein Filmgenre? Am besten passt hier eigentlich Drama mit einer stark erotisch geprägten Komponente ohne ein Erotikdrama im eigentlichen Sinn zu sein, denn der erotische Aspekt ist hier nicht Mittel zum Zweck sondern Ausdruck der Persönlichkeitsstörung von Betty. Deshalb würde ich diesen Film auch gar nicht mit einem "Crash" oder "Ken Park" vergleichen wollen. Was sich hier als Vergleichsfilm anbietet ist "Girl Interrupt - Durchgeknallt", denn beide Filme beschrieben einen ähnlichen Sachverhalt, wenngleich an anderer Stelle mit andere Ausprägung, wobei mir "Betty Blue" vom Gesamtkonzept dabei besser gefällt, da die Merkmale der Störung deutlicher hervorgearbeitet werden. Man muss allerdings berücksichtigen, dass die Umsetzung hier auch etwas anspruchsvoller ist.

Ob man die "37,2° am Morgen" mit in den Titel einfügen muss, kann letzten Endes nur der Autor selbst entscheiden. Das hätte es meinerseits nicht gebraucht, aber so ist der Titel einprägsamer. Im Film ist das aber nur eine kleine Randnotiz, nicht unrelevant aber auch zu gering als wenn dies den Film signifikant beeinflussen würde.

Das Buch als Vorlage von Philippe Djian, habe ich 2016 erstmals gelesen. Der Ich-Erzähler, der im Buch namenlos blieb, ist relativ gut in den Film integriert worden, denn immer wieder hört man, wie die Hauptperson Zorg etwas aus dem Off erzählt.

Inhaltlich hat das Buch genauso wie der Film überzeugen können, aber beides ist nicht für jeden geeignet. Ob die Verfilmung besser oder schlechter ist vermag ich gar nicht zu sagen, denn dafür ist es zulange her, dass ich das Buch gelesen habe. Kein Film, den man unbedingt gesehen haben muss, aber wer gerade die Hauptdarstellerin mal in einer etwas anderen Rolle als in "Á l'intérieur" sehen möchte (denn durch diesen ist die Schauspielerin im Rahmen des neuen französischen "Terrorkinos" vor allem bei Horrorfans bekannt), dem sei "Betty Blue" wärmstens empfohlen.

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