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Die Kunst wird dem Handwerk gerne in Form einer Dichotomie gegenübergestellt. Das Eine bezieht seine Substanz aus geistigen Entitäten, aus inneren Vorgängen eben, beim Anderen kommt es sozusagen eher auf das Resultat an. Ein Bild muss zeigen, was im Inneren des Künstlers vor sich geht; ein Haus dagegen soll einfach nur solide gebaut sein und nicht etwa die Muse des Maurers erahnen lassen.
Wenn auf der Kunsthochschule die Bilder der Studenten diskutiert werden, wird das klar und deutlich: die reine Ästhetik des Endresultates ist hier offenbar irrelevant, sehr zum Leidwesen des Studenten Jerome (Max Minghella), der gerne ein großer Künstler werden möchte. Er versteht zunächst nicht, dass die schönste Arbeit nichts wert ist, wenn sie nicht die Seele ihres Erschaffers zu zeigen imstande ist. Denn was, so Jeromes Meinung, ist schon so toll an der Menschlichkeit, das ständig jedermann in Bildern nach ihr sucht?

Immerhin, Terry Zwigoff (“Bad Santa”, “Ghost World”) gelingt ein nachvollziehbarer theoretischer Blick in die Arbeitsweise der Abteilung Kunst, primär die Malerei betreffend (unserer Hauptfigur Jerome zum Dank, der diesen Studiengang belegt hat), peripher auch andere Bereiche streifend (Film). Es gibt drei, vier Charaktere, die für diesen Blick als antreibende Kraft fungieren - speziell John Malkovich als Professor Sandiford, am Rande des weiteren Anjelica Huston als verständnisvolle Kunstgeschichtslehrerin, Jim Broadbent als abgewrackter Ex-Künstler, Steve Buscemi als pragmatischer Szenetreff-Besitzer “Broadway Bob” und Adam Scott als herrlich zynisches Arschloch, das inzwischen von seiner Kunst leben kann. Sie alle bedecken unterschiedliche, zum Teil widersprüchliche Perspektiven auf des Kreativen Metier und die Erkenntnisse aus ihren Dialogen sind gewinnbringend für den kunstinteressierten Zuschauer. Unter dem Strich steht das Portrait einer zerstörerischen, kaum greifbaren Disziplin, die zwar mit Geld und Ruhm lockt, in der eine Erfüllung zu finden allerdings ein beinahe törichter Gedanke ist.

Solange Zwigoff nun also in der Kunsthochschule bleibt und Diskussionen zwischen Studenten und Lehrern zeigt, ist auch alles schön und gut. Nicht gerade weltverändernd, aber eben interessant bleibt es in diesen Momenten, wenn etwa Malkovichs Professor die Hauptfigur in seine Wohnung einlädt und ihm erklärt, warum er 25 Jahre gebraucht hat, bis er soweit war, ein Bild zu malen, das - kurz zusammengefasst - ein Dreieck zeigt. Erfreulicherweise sind die Charaktere allesamt verhältnismäßig unprätentiös gezeichnet, wofür man bei der Darstellung eines Kunstmilieus wahrlich dankbar sein sollte (wer wissen will, wie aufgedunsen man sich sonst noch über Kunst unterhalten kann, der möge in die letzten Folgen der TV-Serie “Six Feet Under” einsteigen und verfolgen, wie Lauren Ambrose ihre künstlerische Ader entdeckt). Zwigoff überzeichnet nicht, er bleibt dem Realismus treu und hält sich somit interessanterweise als Künstler, der er selbst ja als Regisseur ist, ziemlich zurück, um die Inhalte ungefiltert überliefern zu können.

Leider wird die Haupthandlung mit einer ärgerlich redundanten Parallelstory um einen Serienkiller verschnitten, der in Campusnähe gerne Menschen mit einem Seil erwürgt. Obwohl Vince (Ethan Suplee), Zimmergenosse Jeromes und ambitionierter Filmstudent, sein Hauptwerk über ebenjene Morde dreht und somit der Parallelstrang narrativ schon irgendwie mit der eigentlichen Handlung verbunden ist, bleibt die komplette Mordkiste letztlich doch zu autark und wirkt praktisch kaum auf die Gesamtaussage des Films ein. Dass all dies letztendlich nur dazu dient, am Ende die Metawelt der schaffenden Künste von der knallharten Realität aufbrechen zu lassen (Polizei und ihre Ermittlungen am Campus), scheint ihren ganzen Aufwand gar nicht wert. Denn Substanzielles bewirkt das Filmende nicht wirklich und der Preis für diesen geringen Gegenwert ist die Langeweile, wenn mal wieder über den Mörder und sein neues Opfer palavert wird.

Ähnlich verschenkt wie die Killergeschichte bleibt jeder Anflug von Love Story Support, also alles, was mit der von Sophia Myles gespielten Love Interest Jeromes zu tun hat. Man möchte meinen, die Textzeile des Vince-Charakters (sinngemäß): “Ich sollte vielleicht doch noch eine Liebesgeschichte in meinen Film einbauen, 50 Prozent des Publikums sind nun mal Frauen” sei ein selbstironischer Kommentar Zwigoffs zu seiner eigenen Arbeit.

Was “Art School Confidential” schließlich bietet, ist dann doch weniger als gedacht: ein wenig Verständnis für die Kunst, für ihre Licht- und Schattenseiten, außerdem ihr gelegentliches Kollidieren mit dem Boden der greifbaren Tatsachen. Manchmal wird dann noch das Phänomen dessen kritisch betrachtet, was unter anderem die Zuschauer des Films oder auch ich mit diesem Text mache - die (kritische) Rezeption eines Werkes, die Frage, nach welchen Kriterien wir bewerten und bewerten sollten, bevor wir uns der vermeintlichen Schande aussetzen, womöglich ohne es zu wissen das Werk eines Affen mit dem Prädikat “meisterhaft” zu titulieren. Das war’s und das ist leider nicht genug für ein ambitioniertes Projekt, bei dem man jederzeit das Gefühl hat, es komme nicht über provisorische Denkansätze hinaus. Ein Film letztlich zum Mitdenken, bei dem man aber vergessen hat, ihn mit einem Sinn zu füllen, über den man dann auch tatsächlich nachdenken kann.

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