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Der 31-Jährige Philip Winter (Rüdiger Vogler) reist im Auftrage eines in München ansässigen Verlages durch die USA um einen Reisebericht anzufertigen. Wir steigen in einen Moment im Film ein, in dem Phil desillusioniert und resigniert gerade dabei ist, der ganzen Sache ein Ende zu setzen. Er ist auf den Weg zu der Zweigstelle in New York, wo er seine mit einer Polaroid-Kamera geschossenen Bilder abliefern möchte, einen Bericht hat er jedoch nicht angefertigt. Er ist enttäuscht von Amerika. Das Einzige, was er dort sieht, ist Werbung. Ständig Werbung: Im Radio („Den Song habe ich noch nie zu Ende gehört“, weil er ständig von einem Moderator unterbrochen wird), im Fernsehen („Kein Bild lässt einen in Ruhe…alle wollen etwas!“ oder „Alles, was da gesendet wird, wird zur Werbung für die gegenwärtigen Zustände“) und auch auf den Straßen, in den Motels. Alles, so meint er, ist gleich in Amerika. Es finden keine Veränderungen mehr statt, oder aber er sieht sie nur nicht mehr. Denn er ist an einen Punkt in seinem Leben angelangt, wo er „kein Gefühl mehr für sich selbst hat“. So wirft seine Freundin (Edda Köchl) ihn dann auch später in einem Motelzimmer vor, dass er die Fotos nur noch mache, um sich zu beweisen, dass er noch existiere. Er steckt in einer Lebenskrise.

So will Philip dann also nach Deutschland zurück reisen, und zwar schleunigst. Nur: Flüge nach Deutschland gibt es zurzeit nicht, da diverse Streiks stattfinden. Nur ein Flug nach Amsterdam kann ihn unmittelbar angeboten werden. Am Flughafen trifft er noch auf zwei andere Personen: Lisa (Lisa Kreuzer) und ihre 9-Jährige Tochter Alice (Yella Rottländer). Auch sie sind aus Deutschland, auch sie wollen zurückfliegen. Philip teilt ihnen die aktuelle Situation mit, und die Mutter entscheidet sich, dann halt ebenso erstmal nach Amsterdam zu fliegen. Philip verbringt mit den zweien den Nachmittag und schläft dann auch, nachdem ihn seine Freundin vor die Tür gesetzt hat, bei ihnen im Motel. Am anderen Morgen jedoch macht sich Alices Mutter aus dem Staub. Sie hinterlässt ihn nur einen Zettel, der einen Treffpunkt für den nächsten Tag angibt. Doch dort erscheint sie nicht mehr. Philip muss sich fortan alleine um Alice kümmern. Er will gemeinsam mit ihr die Großmutter aufsuchen, doch das junge Mädchen weiß nicht mehr genau, wo sie denn wohnt. Lediglich ein Foto von ihrem Haus besitzt sie noch. In Wuppertal soll es sein. So machen sich die beiden auf eine Reise durch das Bergische Land und in das Ruhrgebiet und erleben unterwegs so einige Abenteuer. So langsam verhält sich Philip wieder lebendiger…

„Alice in den Städten“ ist Wim Wenders vierter Langfilm, und nach eigenen Aussagen der Film, in dem er seinen ganz eigenen Stil gefunden hat: „…diese drei [vorherigen] Filme ergaben keine Handschrift. Da war einer vom Kino begeistert, aber hatte noch keinen Weg für sich selbst dorthin gefunden. Und deswegen wollte ich mit diesem vierten Film alles auf eine Karte setzen. Entweder würde das wirklich „meiner“, oder ich würde danach eben wieder weiter malen und schreiben.“ Und tatsächlich ist der Film das, was man sich heute allgemein unter einem „Wenders-Film“ vorstellt. Am ähnlichsten erscheint er seinen Film „Paris, Texas“ zu sein, denn auch hier wird hauptsächlich über Bilder erzählt (am Anfang wird lange nicht geredet, die Aufnahmen sprechen für sich), auch hier geht einer mit einem Kind an der Seite auf Reisen, auch hier wird von einem erzählt, der am Anfang verwirrt ist und im Laufe der Zeit wieder zu sich selbst finden wird. Und auch die Produktion des Filmes verlief ähnlich: Wenders drehte nur am Anfang kurz mit einem Drehbuch, verwarf dies später aber wieder und schrieb erst am Drehtag bzw. einen Tag davor immer die nächsten Szenen. Was klar war, war lediglich die Reiseroute, alles andere wurde kurzfristig improvisiert. Eben fast genauso wie später bei „Paris, Texas“. Doch das heißt allerdings nicht, dass die hier gesprochenen Monologe und Dialoge irgendwie schlecht wären, weil in so kurzer Zeit erdacht. Im Gegenteil, gerade die von Philip geäußerten Sätze sind alles andere als leichtfertig eingesetzt. Und vieles, was Wenders hier Philip in den Mund legt, sind Wenders ganz eigene Ansichten, die er so einmal loswerden konnte.

Der Film lebt von Bewegung. Bewegung sowohl im äußerlichen, als auch innerliche Bewegungen. Die Charaktere, vor allem natürlich Philip, machen eine Entwicklung im Film durch. Diese Entwicklung schafft Philip endlich dank des kleinen Mädchens, sie bringt ihn wieder zurück ins Leben: Dadurch, dass sie ihn zu Kontakten nötigt, schafft sie es ihn wieder ins Leben einzugliedern. So verhilft sie ihm unter anderem zu einem Kontakt mit einer Frau im Freibad und lässt ihn generell mal wieder mehr aus sich herauskommen. Am Schluss will er sogar wieder schreiben.

Wim Wenders ist mit „Alice in den Städten“ ein vielseitiger, abwechslungsreicher und berührender Film gelungen, der uns einerseits die Missstände der modernen Zivilisation vor Augen führt, indem er uns kalte, auswechselbare Landschaften und Städte zeigt, auf der anderen Seite aber menschliche Kontakte und Freundschaft, die das alles dann wieder angenehmer wirken lassen und den Film nicht völlig hoffnungslos abschließen.

Seine nächsten Filme sollte "Falsche Bewegung" und „Im Lauf der Zeit“ werden, abermals mit Rüdiger Vogler in den Hauptrollen und abermals sollte es dort um Reisen gehen, zum Beispiel bei "Im Lauf der Zeit" entlang der innerdeutschen Grenze. Wim Wenders hat sich selbst, seine Themen und Anliegen sowie seinen filmischen Ausdruck mit „Alice in den Städten“ gefunden. Seine nächsten Filme waren mindestens ebenso gut wie dieser, erst seit kurzem ist die überaus interessante Arbeit dieses Regisseurs manchmal nicht mehr allzu gut wie früher. Aber wer weiß, ob Wenders seine Anhänger nicht doch noch einmal überraschen kann.

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