Man nehme ein denkbar politisch korrektes Plot, eine kitschige Romanze, eine bildgewaltige Landschaft und ein paar bekannte Darsteller und fertig ist der Oscaranwärter.
Diplomat Justin Quayle verliebt sich in die Weltverbesserin Tessa, die zu Beginn des Films mitten in Afrika auf dem Weg zu ihm ermordet wird. Wer dahinter steckt, ahnt der hollywoodkundige Kinogänger hier sofort: Spitzbuben aus dem Westen. Ein paar europäische (wahlweise keine amerikanischen) Gangster, die *Spoiler* dafür morden, dass die Regierung Großbritanniens zusammen mit einem Pharmakonzern unentdeckt die Schwarzen Afrikas als Versuchskaninchen missbrauchen kann, nudeln Tessa und ihren Kumpel auf unangenehme Weise aus der Welt, weil die der Sache auf der Spur waren. *Spoiler Ende*
Ein wahrhaft „gewagtes" Plot, das es natürlich nie im Leben *Zwinker! Zwinker!* etwa darauf abzielen könnte, die Schmuse- und Kitschfraktion in Hollywood milde zu stimmen, um bei den großen Verleihungen abzuräumen. Es wird praktisch jedes Klischee bedient. Vom geldgeilen Pharmakonzern, über die fanatische, aber stets treu gebliebene Verblichene (die um an Informationen zu kommen, Sex allenfalls verspricht und natürlich nie de facto zu nutzen braucht), bis hin zum naiven Doofchen mit akademischem Titel, der natürlich über Monate nicht gemerkt hat, dass seine Frau halb Afrika bereist, um Informationen und Beweise im Kampf gegen die Konzerne zu sammeln. Alles ist derart plakativ, dass man es nicht glauben mag. Die dauernden Retrospektiven, die Quayle und Tessa zu ihren Lebzeiten romantisch techtelmechtelnd dem Zuschauer unter die Nase reiben, um dann in die traurige Tessa-lose Gegenwart überzublenden, wären vermutlich schon in den 60ern vom Großteil des anspruchsvollen Publikums als nervend erachtet worden.Der Film bietet größtenteils Kitsch pur und wird obendrein noch nicht einmal besonders raffiniert in Szene gesetzt. Jeder Handlungsstrang ist vorhersehbar. Quayle flieht durch Europa und Afrika, immer auf der Suche nach der ihm schon dämmernden Wahrheit. Ob der höchst durchschnittlichen Inszenierung kommt dabei allerdings so viel Spannung auf wie beim morgendlichen Butter aufs Brot Schmieren. Wieder einmal zeigt Hollywood mit dem Finger auf einen Film und sagt: „Anspruchsvoll!" und wieder rennen dort einige hinterher. Mich erinnert das ein bisschen an die off Lacher vom Band in den amerikanischen Comedyserien, die dazu dienen, dass ein großer Teil der Zielgruppe überhaupt weiß, wann denn überhaupt gelacht werden soll. Es spricht wie so oft für die ofdb Gemeinde, dass hier ein etwas erlesener Geschmack vorherrscht und der Film da landet, wo er hingehört, auf Platz 1300. Und es spricht wie so oft für die imdb, dass dort der Massengeschmack den Ton angibt und wirklich sogar der ultimative Durchschnitt als anspruchsvoll durchgeht, wenn man es den Leuten nur hochfrequent genug propagiert.
Auch die Darsteller sind nicht in der Lage, diesem Streifen richtig Leben einzuhauchen - auch wenn sie es bitterlich versuchen. Allenfalls Bill Nighy macht Spaß. Rachel Weisz hingegen bleibt routiniert, aber blass. Aber da man sich in den richtigen Kreisen wohl inzwischen ducken muss, um den Oscar nicht an den Kopf geworfen zu bekommen, ist ihr Sieg kein Wunder. Die Scorseses dieser Welt haben es zu recht bereits aufgegeben, diesem heutzutage eigentlich belanglosen Spektakel noch etwas abzugewinnen oder auf die berechtigte Würdigung ihres Lebenswerks zu hoffen.Dass der Film hier tatsächlich vom gleichen Regisseur des verdammt guten „City of God" ist, kann nur eine Erklärung haben: Fernando Meirelles wollte ordentlich Geld machen und sich der Masse anbiedern. Schade, denn mit City of God hat der Junge bewiesen, was potentiell in ihm steckt.