Nach seinem Durchbruch mit dem allerortens zurecht bejubelten "City of God" widmet sich Regisseur Fernando Meirelles in seinem zweiten Kinofilm einem weiteren großen und oft verdrängten Problem. Afrika, der vor den Augen der restlichen Welt vor sich hinsiechende Kontinent, ist Hauptschauplatz von "Der ewige Gärtner".
Justin Quayle (Ralph Fiennes) arbeitet im britischen Auftrag als Diplomat in Kenia. Während er staatstreu und sich nie in heikle Situationen verstrickend seinen Pflichten nachgeht und mit Hingabe ewig der Botanik fröhnt, kämpft seine Frau Tessa (Rachel Weisz) als Aktivistin an vorderster Front des alltäglichen Kampfes gegen Leid und Unrecht in Schwarzafrika. Während die einen sie als Humanistin lieben eckt sie bei anderen mit ihrer kritischen, engagierten und überaus direkten Art ständig an.
Erst als Tessa und ihre Begleiter auf einer ihrer Reisen ermordet werden, löst sich Justin aus seiner starren und distanzierten Haltung und geht entgegen den Erwartungen der British High Commission der Sache auf eigene Faust nach. Er lässt sich mit Halbwahrheiten und Vermutungen nicht mehr abspeisen, entwickelt seinerseits Mitgefühl und Aktivismus und will die wahren Hintergründe des Todes seiner Frau herausfinden. Während er sich auf der Spur des Verbrechens befindet, stößt er sowohl auf Mitstreiter als auch Gegner von Tessa, auf schmierige Politiker die nur darauf bedacht sind ihren komfortablen Status Quo zu wahren und auf den Bericht seiner Frau über die perverse Ausbeutung der armen und kranken Menschen seitens der Pharmaindustrie. Vor allem aber lernt er Tessa im Nachhinein auf's Neue und ganz anders kennen und lieben.
Der Cast ist passend, Rachel Weisz und Ralph Fiennes als zunächst denkbar ungleiche Ehepartner tragen den Film. Fiennes schafft es, den Spagat des Justin Quayle zwischen dem platonischen Verständnisses für das Handeln seiner Frau mit den pflichtbewussten realistischen Diplomaten-Asichten zu verbinden und den Wandel seines Charakters glaubwürdig zu vermitteln. Rachel Weisz hat im Vergleich dazu die vielleicht etwas einfachere Aufgabe, die sie aber nicht minder gut meistert. Die Nebenpersonen, wie etwa die um die Macht schachernden Konzernchefs und Politiker oder die vielen Weggefährten Tessas, runden die Sache ab, ohne dass das Hauptaugenmerk von den Quayles abrücken würde.
Afrika dient nicht nur als Kulisse, sondern auch als Gegenstand der Verbrechen und Spielball der Interessen von Pharmakonzernen und Politikern. Darüber hinaus erhält der Betrachter interessante, erschreckende und authentisch dargestellte Einblicke in die Welt der dürftigen Verhältnisse seiner Bewohner. Hunger, Ausbeutung durch westliche Konzerne, ungleich verteilte Hilfsgüter und räuberische Banden prägen das Bild. Dem gegenüber stehen gelackte, sterile Bilder Londons oder die distanziert biedere Haltung britischer Politiker, die das alles scheinbar nur als lästig und hindernd empfinden im Streben nach den eigenen Zielen. Fernando Meirelles präsentiert all dies in schon von "City of God" gewohnter Manier. Die verschachtelte Erzählstruktur, die wahnsinnig schnellen Schnitte und atemberaubende Kameraführung sowie die passende Farbgebung je nach Schauplatz lassen während der immerhin stolzen 129 Minuten Laufzeit nie Längen aufkommen.
"Der ewige Gärtner" ist nicht bloß ein platt anklagendes Weltverbesserungsmovie, sondern vielmehr ein vielschichtiges Filmerlebnis: Meirelles' Film nach einem Buch von John Le Carré ist gleichermaßen packendes Gesellschaftsdrama, traurige Liebesgeschichte und erstklassiger Verschwörungsthriller. (9/10)