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Wenn man an Afrika denkt, denkt man an großartige, weite Landschaften, an strahlend blauen Himmel, an Safaris unter gleißender Sonne, an die „Big Five“ und an fröhliche Menschen. Obwohl „The Constant Gardener“ die meiste Zeit in Afrika spielt, zeigt er uns das gerade nicht. Die Kamera geht nicht auf, macht nie den Blick frei und gibt einem nicht die Gelegenheit zum Durchatmen. Was gezeigt wird, ist Enge, Dreck, Schmutz, Menschenmassen, zuviel Menschen, viel zuviel Menschen und selbst wenn einem das Format einen Überblick verschafft, sind da nur dicht an dicht die armseligen Behausungen der Menschen zu sehen, bis an den Horizont. Erst ganz zum Schluß erlaubt sich die Kamera einen Betrachtung von oben, ohne Menschen. Aber dann sieht die Landschaft aus wie die Menschen: Vernarbt und zerschunden. Der Zuschauer kommt erst gar nicht auf den Gedanken, heimelig zu assoziieren, denn er weiß: es ist zu spät. „The Constant Gardener“ ist Agonie, die scheinbaren „Helden“ waren von Anfang an dem Tode geweiht. Nur wer sich verkauft, kann dem Tod von der Schippe springen, aber dann ist er ebenso verloren. In „The Constant Gardener“ ist niemand frei von Schuld, auch nicht, schon gar nicht die Gutmenschen, die Grenzen zwischen „gut“ und „böse“ sind fließend und es geht noch weiter, denn im Laufe des Filmes verwischen die Grenzen zwischen diesen Kategorien, lösen sich auf, „gut“ und „böse“ gibt es nicht mehr, es gibt nur unterschiedliche Ziele und viele bringen Opfer zur Erreichung dieser Ziel auf, an denen sie sich letztendlich zerbrechen.

Die Stärke des Filmes ist seine ausgeprägte und gut vorbereitete Bildersprache. Ein Grund, warum er auf dem Fernsehschirm nur höchst ungenügend funktionieren wird und man ihn deshalb unbedingt im Kino sehen sollte. Alle Szenen atmen Morbidität, hoher Kontrast wird mit fahlen Farben kombiniert, in Afrika grün-braun, in London stahlgrau.

Die Story von den bösen, bösen Pharmakonzernen, die für ihren kommerziellen Erfolg über Leichen gehen, ist zwar alles andere als neu und originell, erfüllt aber ihren Zweck. Denn sie bietet Platz für die verschiedenen Charaktere mit ihren verschiedenen Motiven: Der schüchterne, subalterne Diplomat (Ralph Fiennes), sein Freund (Danny Houston), ebenfalls Diplomat, der aber die Frau des Freundes begehrt, die skrupellosen Geschäftemacher (brillant: Bill Nighy als Sir Bernard Pellegrin) und als gegenpol dazu die Idealisten (Rachel Weisz / Hubert Koundé / Anneke Kim Sarnau), die machtlosen Einheimischen. „The Constant Gardener“ beleuchtet vor allem das Ehepaar Justin und Tessa Quayle (Fiennes/Weisz). Die Frau in ihrer Arbeit, in ihrem Ehrgeiz selbstzerstörerisch schon bevor sie tatsächlich stirbt (ihre Leiche wird ganz zu Anfang des Filmes gezeigt - dankenswerter läßt Regisseur Meireilles die Möglichkeit eines schmierigen Happy-Ends gleich ausscheiden). Ihr Mann muß eine dramatische Entwicklung durchmachen: vom introvierten Hobby-Blumenzüchter zu jemandem, der ständig in die Offensive gehen muß, um nicht den letzten Rest Selbstachtung zu verlieren. Dieser Kampf kann er nicht gewinnen, ohne alles andere auf- und preiszugeben. Ein schuldbeladener Held, ein Held wider Willen und sein Ende ein passendes Schlußbild für „The Constant Gardener“.

Der Film ist weder sperrig noch allzu anspruchsvoll oder gar kryptisch, funktioniert aber nur, wenn man sich als Zuschauer ein Stück weit auf die Geschichte und die Protagonisten einläßt. Kein Popcornkino. Eine gelungene deutsch-britische Koproduktion.

Fazit: Spannendes Gesellschaftsdrama mit Actionelementen.

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