Mit „Bloody Mary“ ist nun auch „Urban Legends“ in der „Direct to Video“-Sequel-Phase jener Filmreihe angelangt, kommt dabei aber wesentlich besser weg als beispielsweise die „Cruel Intentions“-, „American Psycho“- oder „Wild Things“- Fortsetzungen. Interessant in diesem Fall ist zudem die Tatsache, dass man das ursprüngliche „Slasher“-Konzept der Vorgänger zugunsten einer (sich derzeit stärker in Mode befindenden) Horror-orientierten Herangehensweise variierte. Originell ist das Ganze wahrlich nicht – aber zumindest einigermaßen unterhaltsam.
Die Geschichte setzt im Jahre 1969 ein, als ein Trio beliebter Football-Spieler auf dem „Homecoming“-Ball ihrer High School drei Außenseiter-Mädels eine Lektion erteilen wollen, indem sie sie unter Drogen setzen (betäuben) und an einem verlassenen Ort einsperren. Mary (Lillith Fields) ist eine von ihnen, doch sie kann sich wehren und fliehen – bis sie von einem der Sportler eingeholt wird. Es kommt zu einem Handgemenge, bei dem er sie aus Versehen tötet, und aus Angst um seine Zukunft, versteckt er ihre Leiche in einer Truhe im abgelegenen Bereich des weitläufigen Abstellraums der Schule…
In der Gegenwart scheint sich die Geschichte nun in ihren Grundzügen zu wiederholen: Samantha (Katie Mara), eine Journalistin der Schülerzeitung, hat gerade einen nicht unbedingt schmeichelhaften Artikel über das Football-Team verfasst, weshalb drei Spieler sie und ihre beiden besten Freundinnen betäuben, kidnappen und über Nacht in einem abgelegenen Gebäude einschließen. Vor der Aktion hatten sich die Mädels gerade über urbane Legenden unterhalten, wobei auch die Geschichte von „Bloody Mary“ zur Sprache gekommen war, deren Namen sie dabei dreimal gerufen haben, was (der Sage nach) ihren Geist heraufbeschwört…
Nachdem sie sich befreien und unbeschadet zu ihren besorgten Familien zurückkehren konnten, wird Sam tatsächlich von Visionen jener geschundenen Seele heimgesucht, und schon bald beginnen die an dem Scherz Beteiligten einer nach dem anderen auf bizarre Weise ums Leben zu kommen – allesamt nach Vorbildern bekannter Erzählungen. Samantha stellt dabei den Schlüssel zur Lösung des Falles dar, denn sie wird als einzige in „nicht tödlicher“ Weise von Mary aufgesucht. Es liegt also an ihr, zusammen mit ihrem Bruder David (Robert Vito) die Mordserie aufzuklären, indem sie die wahren Hintergründe der damaligen Tat aufdeckt, Marys (weltlichen) Leichnam findet und somit den Fluch wieder löst. Schon bald muss sie jedoch erkennen, dass ihr zusätzlich noch Gefahr aus einer ganz anderen Richtung droht…
„Urban Legend“ entstand damals (´98) im Fahrwasser des von „Scream“ ausgelösten „Slasher“-Film-Revivals und stellte einen der besten Vertreter jener Welle an Produktionen dar, während die zwei Jahre später in Rennen geschickte Fortsetzung („Final Cut“) nicht ganz mithalten konnte. Inzwischen ist jenes Sub-Genre wieder „out“, dafür aber sind „supernatural Horror-Thriller“ (a la „Ring“ oder „Grudge“) absolut „in“, weshalb man sich anscheinend dachte: „Hey, auf den Zug können wir auch noch aufspringen!“ Aus diesem Grund entschied man sich wohl für das bis dato noch unabhängige Skript der Drehbuchautoren Dan Harris und Michael Dougherty, welche immerhin „X2“ verfasst hatten, und fügte es mit Hilfe leichter Änderungen in die Reihe ein. Neben einigen Zeitungsausschnitten, einem realen Killer sowie die Todesarten, welche sich noch immer auf die Titel-liefernden Legenden beziehen (zB die eingeklemmte Hand im Automaten oder „People can lick too“), gibt es aber keine direkten Verbindungen zwischen den Filmen. Hauptsächlich handelt es sich um einen übernatürlichen Horrorfilm, der schamlos bei Vorbildern wie „Prom Night“, „the Ring“ oder „Nightmare on Elm Street“ abkupfert – Mary selbst wirkt und agiert übrigens wie eine Kreuzung aus Samara und Regan.
Die „Bloody Mary“-Legende fand ja bereits im ersten Teil Erwähnung – hier ist sie nun zentrales Element, obwohl man sie leicht abgeändert hat (es ist nicht mehr nötig, den Namen dreimal vor einem Spiegel aufzusagen). Hört sich nach „Candyman“ an? Richtig, doch gerade nachdem einem beim Ansehen jener Gedanke kommt, geht der Film genau auf diese Tatsche ein, was mir persönlich ein anerkennendes Schmunzeln entlockte. Die absoluten Highlights sind natürlich die Todesszenen, und da es sich nicht mehr um einen reinen „Slasher“ handelt, konnte man diese nun weitaus freier in Szene setzen, was einige kreative, ekelige und blutige Ableben hervorbrachte (eine Szene mit Spinnen, einem Spiegel sowie vielen scharfen Scherben ist besonders gelungen).
Es ist jedoch so, dass die Sequenzen dazwischen nicht sonderlich aufregend sind, denn die Ergebnisse von Sams Nachforschungen sind recht vorhersehbar – auch wenn man am Ende noch einen „realen“ Killer in die Handlung eingefügt hat, dessen Identität man sich aber ohne größere Anstrengungen denken kann. Zudem leidet der Film an Logikschwächen sowie unoriginellen Einfällen des Drehbuchs: Warum ist Mary hinter den Kindern ihrer Mörder her und geht die Sache nicht direkt an? Warum hat man in all den Jahren ihre Leiche trotz (angeblich) intensiver Suche nie gefunden? Sie ist schließlich in der High School das letzte Mal gesehen worden – da würde man doch annehmen, dass jenes Gebäude zuerst gründlich durchkämmt wird, oder? Wenn Mary Sams Hilfe benötigt, um ihren Leichnam ein für alle Mal zu beerdigen und ihr (nicht nur dadurch) den Seelenfrieden zukommen zu lassen, warum krabbelt sie in einer Szene (zwar creepy, aber trotzdem!) unter dem Bett hervor und fängt an, wie wild auf sie einzuschlagen? Schließlich teilen beide Mädchen doch das gemeinsame Schicksal, Opfer eines bösen Scherzes geworden zu sein…?
Schauspielerisch gibt es keine wirklichen Highlights zu erwähnen, aber die Leistungen der überwiegend jungen und unbekannten Darsteller gehen größtenteils in Ordnung – zumindest nerven die Teens nicht, auch wenn sie recht stereotyp daherkommen. Über Kate Mara („Brokeback Mountain“), Robert Vito („Spy Kids 3D“) oder Lilith Fields („Day of Defense“) kann ich mich jedenfalls nicht beschweren. Regie führte Mary Lambert, die in den 80ern mit dem Video „Like a Prayer“ von Madonna Aufsehen erregte, bevor sie sich mit „Siesta“ sowie der Stephen King Verfilmung „Pet Sematary“ einen Namen als Regisseurin machte, nur um in den Folgejahren mit Dutzendware wie „Pet Sematary 2“ oder „the In Crowd“ im B-Film-Sumpf stecken zu bleiben. Hier liefert sie eine solide und routinierte Arbeit ab, welche von der Umsetzung her durch schwache CGI-Arbeit etwas abgemindert sowie von atmosphärischer Musikuntermalung und einem wirkungsvollen Schnitt (hauptsächlich bei Marys Auftritten) durchaus aufgewertet wird.
Fazit: „Urban Legends – Bloody Mary“ ist durchschnittliche, aber immerhin kurzweilige Kost, die einigermaßen zu unterhalten vermag, kreative Todesarten aufweist sowie in Form eines Crossover-Produkts der beiden Sub-Genres „Slasher“ und „supernatural Horror“ daherkommt … 5 von 10.