Franks Bewertung

starstarstarstarstar / 9

0-5 Sterne für den Film, gefolgt von dem "Härtegrad" auf einer Skala von 0-10

01.07.2012
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Review

von Frank Trebbin

Was ging doch 1979 ein Aufschrei durch die Presse, als George A. Romeros ZOMBIE (später hier nur noch DAWN genannt) die Lichtspielhäuser der damaligen Republik mit Blut durchtränkte. Einzig und allein ein paar wenige etablierte Kritiker wagten hinter die splatterigen Bilder zu schauen und entdeckten dabei nicht nur ein Juwel des Phantastischen Films sondern auch die bissige Satire auf den american way of life aus der Hand eines liberalen Independant-Filmemachers.

Und heute? Was passierte eigentlich nun, nachdem der Alt-Meister des modernen Zombiefilms mit LAND OF THE DEAD seinen Schritt zur digitalen Blutspritzerei vollzogen hat?

Nichts – oder besser: kaum etwas!

Relativ sang- und klanglos, dafür aber im Gegensatz zu seinen vorherigen Lebende-Tote-Streifen ungeschnitten (sprich: US-Kino-Fassung), kam LAND in die wenigen noch vorhandenen Kinos und ging auch schnell wieder (Bei DAWN hatte ich beispielsweise noch das Vergnügen, in der 42. Woche in irgendeinem Berliner Bezirkskino den Film zum x-ten Mal zu sehen!). Selbst die DVD-Veröffentlichung des Director’s Cut von LAND ist nur in den einschlägigen Magazinen würdig empfangen worden und lockte trotz aller Blut-und-Gedärme-Bilder keinen Moralhüter mehr hinter dem Ofen vor. Sind nun alle so abgestumpft oder ist LAND ein derartig schlechter Film, dass man nicht mehr über ihn richten mag?

Ohne Zweifel gehört Romeros neuestes Opus aus dem Reich des Klassenkampfes zu seinen handwerklich ausgefeiltesten Werken. Bei LAND gibt es keine schlecht kadrierten Bilder von Low-Budget-Sets wie in CRAZIES, keine Schnittfehler wie in DAWN oder gar einen totalen Kreativitätsverlust wie in BRUISER. Nein, hier hat man eine Major-Produktion vor sich, die von der ersten bis zur letzten Minute auf technischer Ebene überzeugt und bei der man sieht, wo das Geld hingeflossen ist. Getragen wird das Ganze zudem von einem Schauspielerensemble, welches schlichtweg zu überzeugen weiß. Es macht Spaß zu sehen, dass – im Gegensatz zu den anderen mannigfaltigen Mainstream-Genrefilmen aus Hollywood – sowohl Helden als auch die Bösen in einer einzigen grauen Masse untergehen, dass John Leguizamo als Cholo ausprobieren möchte, wie „die andere Hälfte“ lebt und dass Dennis Hopper auch mal fast normal spielen kann. So bietet LAND eigentlich alles, was man von einem Film dieser Gattung erwarten kann: typgerechte, mehr oder weniger spannend dargereichte Unterhaltung, die tricktechnisch das bietet, was heutzutage state of the art genannt wird. So gibt es neben traditioneller Latex-Masken-Kunst auch jede Menge CGI-Splatterigkeiten zu bewundern, mit denen man Dinge darstellen kann, die bei Romeros früheren Zombiefilmen nur schwer zu bewerkstelligen waren (trotzdem: Tom Savinis Können steht hier außer Frage!). Und da der gute George auch am Drehbuch mitwerkeln durfte, gibt es auf inhaltlicher Ebene zumindest eine kleine Handvoll galliger Blicke auf die Konsumgesellschaft nach dem Millennium und wieder jene Momente skurrilen Humors, die ansonsten schwer mit diesem Sujet zu verbinden sind.

Neu ist, und damit bewegt sich LAND zumindest ein wenig auf die früheren Italo/Hispano-Pendants zu, dass die lebenden Toten sich schneller bewegen und auch Werkzeuge einsetzen können. Aus der dumpfen „(man verzeihe mir dieses verpönte Wort) Untermenschen“-Spezies, die à la DAWN nur stöhnend an Scheiben klopfen konnte, hat sich der Vertreter einer Art Schwellen-Kaste entwickelt, der stetig die Stufen der Evolution hocheilt. Der sprechende Bob aus DAY und Tankwart Big Daddy aus LAND bilden dabei nur die Speerspitze einer Entwicklung, bei der ich gespannt bin, ob diese – von wem auch immer – filmisch weitergesponnen wird (hoffentlich dann mit einem weiteren Blick auf besagten Cholo!). Auf jeden Fall braucht der Zombiefilm nach LAND wirklich keine weiteren billig auf DV hergestellten Home-Made-Movies mehr, die allesamt von ihren oftmals selbst unterbelichteten Machern gerne als Hommage hingestellt werden, weil motivisch eigentlich alles gesagt ist. Nach dem Auftauchen der lebenden Toten in NIGHT und einem ersten, kleinen Scharmützel um einen Konsum-Vorposten auf der grünen Wiese in DAWN haben sie in DAY und schlußendlich in LAND ihr Ziel erreicht: Sie sind endlich drinnen! Sei es nun innerhalb einer Militärbasis oder aber im „letzten Fleckchen Zivilisation“ namens Fiedler’s Green, die lebenden Toten sind fester Bestandteil der Gesellschaft geworden. In Zukunft hieße es, sich mit ihnen zu arrangieren.

Fazit: Nach vielen Jahren des Wartens und einigen völlig überraschenden Fußnoten innerhalb des Subgenres (SHAUN OF THE DEAD, 28 DAYS LATER) hat George A. Romero noch einmal gezeigt, wie intelligente Horror-Unterhaltung aussehen kann – und das trotz rundgefeilter Kanten innerhalb einer namhaften Studio-Produktion.

Anmerkung: Härtegrad 2019 nach oben korrigiert.

© Selbstverlag Frank Trebbin

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