Review

Da isser wieder, der George Romero. Ein Regisseur mit weißem Rauschebart, zwischenzeitlich etwas in die Jahre gekommen, der uns nun sein „Meisterstück“ abliefert, wie der Trailer vollmundig verkündet hat.
Oho, aha! Was zu beweisen wäre.
Das Fazit vorneweg: Verrissen hat es Herr Romero nicht, wie einige Kritiker behaupten. Im Gegenteil: Es gibt jede Menge Blut, unzählige Kopfschüsse und das obligatorische Gedärm-Gewühle bleibt auch nicht aus. Alles verpackt in knackige 90 Minuten. Kurzweil ist also angesagt. Wenn man nach 90 Minuten aus dem Kino kommt und sagt „das ging aber schnell“, kann der Film nicht so viel falsch gemacht haben. Zumindest ist alles drin, was man von einem Zombie Film gemeinhin erwartet. Inklusive einiger Logik-Löcher. Aber was hattet Ihr erwartet, liebe Kritiker? Shakespeare?

Zur Handlung muss man wohl nicht mehr viel sagen: Die Welt ist im Arsch, weil Zombies auf ihr wandeln. Die wenigen Menschen haben sich in einer Siedlung nahmens "Fiddlers Green" zusammengerottet, schön umzäunt, damit die hungrige Meute nicht reinkommt.
Im Zentrum ein beleuchtetes Hochhaus, wo die Reichen wohnen, der bucklige Pöbel hausiert eine Etage tiefer.
Die perfekte Bühne für ein lustiges Richtungsspiel: Die Armen wollen rauf, die Reichen aber nicht runter, dafür wollen die Zombies rein, doch keiner will draussen bleiben. Am Ende kriegt nur eine Partei ihren Willen. Welche wohl?

Klar kann man in Romeros Zombie-Filme trefflich gesellschaftliche Kritik am Konsum am Militär, an der Wissenschaft und von mir aus auch am Weihnachtsmann hinein interpretieren. Kann man wirklich. Muss man aber nicht. Denn mal ehrlich: Gehen wir in einen Horror Film - – insbesondere in einen aus der Sub-Gattung Zombie Film – weil wir dort anspruchsvolles, niveauvolles Programmkino erwarten? Och nö!
Stellt Euch mal in Eurer Stammkneipe in die Mitte des Raumes und outet Euch als Zombie Film-Gucker, weil Ihr die Handlung ach so anspruchsvoll und gesellschaftskritisch empfindet. Jau! Ein Brüller vor dem Herrn. Die grünen Männer kommen gleich. Dummes Geschwätz, basta!
Schön also, wenn der Film eine interessante Geschichte bieten kann, die durch die Schauspieler getragen wird. Noch besser, wenn dabei noch die Endzeitstimmung nett rüber kommt. Am besten, wenn es dabei noch so was wie Spannung und Atmosphäre gibt.
Ist hier alles drin, ist auch alles dabei. Irgendwie zumindest. Zwar wird keiner der Schauspieler einen Oscar für seine Leistungen kassieren. Und die Geschichte selbst bietet uns auch nichts so fundamental Neues. Musik ist stimmig, die Atmo schön düster, weil’s nachts in der Regel nun mal dunkel ist. Alles in allem wird also grundsolides und routiniertes Filmmaterial für den Mainstream Zuschauer abgespult. Da gibt’s deutlich Schlimmeres. Halbe Miete ist im Sack. Weiter:
Für wen hat Romero den Film eigentlich herunter gekurbelt? Immerhin ist sein letztes Zombie Werk schon 20 Jahre alt. Wer damals die Ur-Zombies im Kino gesehen hat, dürfte jetzt so um die vierzig und damit selbst ein „Urni“ sein.
Die preisverdächtigen Cameo Auftritte von Tom und Jerry – äh Savini - und Consorten lassen jedenfalls ein Fanwerk vermuten. Und was soll ich sagen? Das isses auch.
Altfans kommen bei „Land“ jedenfalls auf ihre Kosten. Ein Best-of aus allen Filmen. Ein blutig-bunter Strauss: Es gibt eindeutig mehr Action aber deutlich weniger Gelaber als bei „Day“, mehr Dunkelheit aber weniger Suspense als bei „Night“, dafür kommt die Gesellschaftskritik mit dem Holzhammer aber etwas weniger Splatter-Makroaufnahmen als bei „Dawn“.
Was nicht heißen soll, dass man den roten Saft nicht sehen würde. Im Gegenteil: Mit einer Vielzahl von herausgerissenen Därmen, heftigen Bisswunden, abgenagten Körperteilen, Head-Shots, Durchbohrungen, Zerhackungen, Zerquetschungen und andere leckere Kreativitäten der Effekt Abteilung muss sich der Film im Genre garantiert nicht verstecken. Das 2004er Speed-Zombie-Dawn-Remake überholt „Land“ diesbezüglich trotz seiner schlurfenden Fliegenfänger auf der Außenspur. Wenn das die geschnittene Fassung sein soll, bin ich auf den Unrated-Cut gespannt. Der Film ist eindeutig was für Erwachsene.
Gottseidank hat man den Sprinter-Leichen aus dem Dawn-Remake wieder die Duracell aus dem Hintern geholt, so dass wieder anständig herumgeschlurft wird. Bekommt der Leichenstarre auch viel besser.
Die vielgescholtene Tatsache, dass nun auch „denkende“ Zombies mit dabei sind, die angebliche rechnen, schreiben, lesen und fehlerfrei Schiller-Gedichte vortragen können, hatte mich vor dem Kino-Besuch auch gestört, ja geradezu schockiert. Verschwiegen wird in der Regel allerdings, dass diese Szenen gar nicht den Hauptteil des Filmes ausmachen. Der überwiegende Teil der „Stinker“ wie sie im Film genannt werden, tun das, was sie auch in den letzten Filmen getan haben: Grunzen, Sabbern und Fressen. Den Pisa-Test besteht da niemand - die menschlichen Hauptdarsteller mit eingeschlossen, Mathematik Aufgaben löst auch kein Zombie, auch nicht der Oberzombimotz „Big Daddy“. Schwein gehabt!

Bei der MTV-Clip geschädigten Nachwuchsgeneration dürfte der Film hingegen eher zwiespältig aufgenommen werden. Der Film wirkt herrlich Retro als wäre er in den 80ern oder 90ern gedreht worden und bietet damit ein perfektes Kontrastprogramm zu aktuellen Blockbuster Popcorn-Produktionen. Vermutlich nicht jedermanns Sache, weil nicht der aktuellen Sehgewohnheit entsprechend: Nur wenige ruckelige Ich-kann-nix-mehr-erkennen-Resident-Evil-Stakkato-Schnitte, keine glattpolierte, künstliche und gelackte van-Helsing-CGI-Optik, kein Ich-bin-ein-Matrix-Bullettime-Karate-Zombie-Wirework-Scheiß, keine wummernde Techno Mucke, kaum ich-schieße-einem-Zombie -den-Arsch-ab-und-mache-coole-Sprüche-Situationen, keine hier-explodiert-die-ganze-Stadt-Moneyshot-Hyperatomstrahl-Explosionen. Der Film nimmt sich selbst und das Genre bitterernst. Vielleicht ein Fehler, weil nicht mehr zeitgemäß. Vielleicht aber auch passend. Ich fand’s jedenfalls gut.
Zwei Drittel haben wir. Hausaufgaben bis hier hin gemacht, Herr Romero. Auf zur Schlussgeraden:
Und da geht dem Film wirklich ein wenig die Puste aus. Denn wo „Night“, „Dawn“ und auch das „Dawn Remake“ auf der Höhe ihrer Zeit waren und mit Innovationen verblüfften („Day“ lassen wir mal aufgrund Budget-Zugeständnissen außen vor, da setze am Filmende nur die Zensur neue Maßstäbe), hängt „Land“ doch ein wenig hinterher.
Zwar sieht man dem Film sein geringes Budget kaum an, was Ausstattung, Schauspieler und Effekte betrifft, wohl aber was die Story selbst angeht: Klar, es ist alles drin, was zu einem ordentlichen Zombie Streifen gehört, trotzdem hetzt der Film mehr von Szene zu Szene, hüpft und springt von Ort zu Ort als hätte er ne Feder im Hintern. Das macht ihn zwar kurzweilig aber an bestimmten Ecken fehlt einem das berühmte Sahnehäubchen. Dass die Haupt-Charaktere teilweise nur sehr grob und teilweise klischeehaft gezeichnet sind – allen voran Dennis Hopper als Kaufmann - kann man noch verschmerzen. Ist immerhin ein Horrorfilm. Auch dass das Filmende – wie bereits mehrfach erwähnt – nicht den großen Überknall bietet, geht auch o.k. Schließlich endeten auch die Vorgängerfilme relativ abrupt und offen. Das Problem ist die Endzeitstimmung, die manchmal nicht so recht aufkommen will: Zwar wird der Unterschied zwischen Arm und Reich angedeutet, wenn die Slums der Siedlung „Fiddlers Green“ gezeigt werden inklusive spaßiger Goodies wie Mad Max III-Galdiatoren-Schaukämpfe gegen Zombies. Zwar sieht das toll aus, wenn zu Anfang des Films die Suchtrupps auf Nahrungssuche in zombieverseuchten Vororten sind und Supermärkte durchkämmen oder aber menschliche Überreste in Kisten auf Halden gekippt werden. Klar ist das stimmungsvoll, wenn menschenleere aber zombiegefüllte Siedlungen, Landstrassen oder Waldstücke gezeigt werden. Aber zu kurz sind diese Szenen. Zu knapp war anscheinend das Geld um eine zombiebewohnte Außenwelt detaillierter zu zeigen. Schade. Davon hätte man sich mehr gewünscht. Romero selbst kann man da sicher keinen Vorwurf draus machen. Er hat sicherlich das Maximum aus dem knappen Etat herausgeholt, sich auf das Wesentliche konzentriert, alle Punkte abgehakt und einige Innovationen gebracht (Paint-Gun-schießen auf Zombies oder sich mit selbigen fotografieren zu lassen muss in der Zukunft echt der Brüller sein).
Trotzdem muss der Film unberücksichtig der Geldmangel-Prämisse für sich selbst bestehen können. Das kann er auch. Romero hat einen waschechten Horrorfilm mit viel Blut, viel Dunkelheit und solider Action abgeliefert, der in Teilen spannende Szenen bietet, wenn auch nach altbekannten „Buh!“-Muster. Na und? Es funktioniert doch. Sollte man gesehen haben.
Solide 8/10. Keinen weniger.

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