Review

Ein ewig lang gehegtes (und ebenso lange erwartetes) Projekt wurde also realisiert und wird die Menschen spalten (also, meinungsmäßig!), wie vorherzusehen war. Die beiden Stichwörter "Romero" und "Zombies" lassen sich nur schwer erwartungs- oder vorurteilsfrei zusammendenken und somit sind die Meßgeräte schärfstens geeicht.
Blickt man aber ein bißchen genauer hin, so liegt George A. Romero mit seinem vierten und vermutlich letzten Eintrag in seine Reihe der lebenden Toten gar nicht so exorbitant schlecht im Rennen, denn von "Night of the Living Dead" bis zu "Dawn of the Dead" vergingen schonmal 10 Jahre und von "Dawn..." zu "Day of the Dead" waren es immerhin auch derer sieben. Zwanzig ist keine schlechte Zeitspanne, denn der letzte Film liegt lang genug zurück, um direkte Vergleiche etwas abzuschärfen und die Erwartungen, wie auch hoch, finden zumindest keinen konkreten Ansatz in einem Vorgänger.
Es wäre auch dumm, zu glauben, daß Romero nun einen 80er Splatterfilm drehen würde, unrated, mit dennoch vergleichsweise hohem Budget, der sowohl die-hard Gore-Fanatiker als auch etwas reifere Freunde des phantastischen Films gleichermaßen zufriedenstellen kann. Zur Hilfe kommt in diesem Fall die Tatsache, daß George Romero keinen besonderes unverkennlichen visuellen Stil hat, seine Eigenheiten kommen eher in den Skripts durch. "Night..." wirkte ein bißchen wie ein noir B-Actioner aus den 50er Jahren. "Dawn..." war lupenreines 70er Apokalypsekino und "Day...", gleichzeitig auch der blutigste, ein klaustrophobischer Splatter-Kracher, wie ihn nur die legendären 80er hätten hervorbringen können. Unter diesen Voraussetzungen ist klar, daß "Land of the Dead" auch seine Zeit spiegeln würde, zumal das Budget höher war und mit jedem Dollar der Druck auf die Freigabe wächst, denn ein nicht mit einer Altersfreigabe versehener Film bzw. ein "NC-17" ist an den US-Kinokassen eine Bleiente.
Unter den gegebenen Umständen ist das Projekt allerdings bravourös zum Abschluß gekommen, denn Romeros nüchterner Zugang zum Filmemachen verhinderte ein Kippen ins allzu Moderne, ohne jedoch auf Biegen und Brechen einen Nostalgieheuler produzieren zu wollen. Daran ist Dario Argento leider mit seinem mauen "Sleepless" exemplarisch gescheitert. Man kann es nicht allen recht machen und je weniger man es versucht, desto besser für den Film.
Das Skript zu "Land of the Dead" hatte genug Zeit um zu reifen und fügt den Film sehr subtil und präzise in die Reihe ein. War im ersten der Quadrilogie der unerklärliche Hereinbruch eines entsetzlichen Phänomens das Thema, so befaßte sich "Dawn..." mit dem Umgang mit dem Grauen, das sich weltweit rasend fortsetzte. "Day..." war dann die Resignation im Bunker und die KZ-artige Erforschung der Untoten, um eine Lösung des Problems zu finden. "Land..." hingegen beschreibt eine Welt danach, die bereits wieder im Aufbruch ist, wobei die Gefahr aber - wie schon durch die Figur des Zombies "Bub" in "Day..." angedeutet - darin besteht, daß diese stupid-langsam stolpernden Geschöpfe alles andere als kommunikationslos dumm sind. So kann man also sagen, daß "Land of the Dead" durchaus nicht die Endzeitstimmung verbreitet, die die anderen Teile vermittelten, obwohl er paradoxerweise in dieser stattfindet.
Die Ironie, die Romeros Filme von allen anderen thematisch ähnlichen Produkten durch die Jahre immer unterschied, ist auch hier wieder ganz unplakativ angebracht - die Kapertrupps der Menschen lenken die Zombies mit Feuerwerken ab, weil diese dann tatenlos in den Himmel starren (besonders interpretationsfreudige Zeitgenossen könnten daraus wohl eine Kritik an einer speziellen Art von US-Patriotismus herausmeißeln - Stichworte: "Feuerwerk", "4. Juli", "Herdentrieb"), in den verbleibenden menschlichen Siedlungen beginnen sich die Menschen wieder in genau dieselben Hierarchien zu pressen als ob der Zivilsationsuntergang nie stattgefunden hätte, der Sadismus, der gegenüber den Zombies unverhüllt ausgelebt wird (am Rand der Stadtsiedlung sind Zombies als "lebende" Zielscheiben zum Zeitvertreib der Wachen aufgehängt), ist erschreckend. Selbst im product placement, ohne das heutzutage weder Kino noch Fernsehen gemacht werden kann wie es scheint, schmeckt man eine Romero-Note, denn eine Kiste Henkell-Sekt hilft nicht nur einen Zombie zu verbergen sondern wird Obermotz Kaufman (Hopper) zudem mit den Worten präsentiert: "I know you're used to better, but it's the best I could get". Was für eine Werbung! Oder gar Seitenhieb der französischen Geldgeber?
So bleibt "Land of the Dead" seinen Vorgängern also durchaus treu, wiewenn auch CGIs die Effekte glätten (allerdings selten mehr als das) welche selbst durch erstaunlich Explizität auffallen. Wenn das die "R" Version war, dann dürfte die im Herbst erscheinende "unrated" Vesion in "Day..."-Gefilden wandeln. Kein Gore-Fan kann sich hier beschweren. Unter Umständen könnte man die Tatsache, daß am Anfang des Films schwarzweiß das alte Universal-Logo der 30er und 40er Jahre die Produktionsfirma benennt so interpretieren, daß hier auch die "Ewiggestrigen" zu ihrem Recht kommen.
Wie im Positiven so hält Romero auch im Negativen seine Linie: die Darsteller sind blaß, was aber einen gewissen Vorteil darin hat, daß keiner schauspielerisch überfordert wird (ein großes Problem von "Day of the Dead"). Asia Argento Fans kommen auf nicht mehr Kosten als bei "xXx", trotzdem ist es natürlich immer schön, wenn sie dabei ist, und die Actionsequenzen, wenn sie auch konstant im Einsatz sind, bieten wenig Abwechslung.
In Summe allerdings überwiegen die erfreulichen Aspekte, nicht zuletzt im Licht der leider sehr schwachen jüngeren Filme von George Romero. Vielleicht ist er ja, zusammen mit Tobe Hooper und dessen unerwartet guten "Toolbox Murders" ein Vorbote einer Trendwende und der Rückkehr der "großen Alten" nach einem Jahrzehnt zahnlosen PG-13 "Horrors"? Zu hoffen wäre es.

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