Review

Wie nah sich „Fist of the North Star” letztlich an seiner Animevorlage hält, kann ich leider nicht beurteilen. Tatsache, ist aber, dass hier trotz des unübersehbaren B-Flairs kompetente Fachkräfte am Werk waren, um einen kurzweiligen 85minütigen Endzeitklopper abzuliefern, der seine Fans gefunden hat und auch weiter finden wird. Verantwortlich für die Realverfilmung ist niemand anderes als Tony Randel, der von der Horrorgemeinde dank seiner effektreichen und blutigen Genrespäße „Hellbound: Hellraiser II“ und „Infested“ seinen guten Ruf weg hat Dass er auch für Murks wie „Amityville 1992: It's About Time“ verantwortlich ist, wird dabei liebend gern verschwiegen.
Zusammen mit „Wishmaster“ – Erfinder Peter Atkins (u. a. auch die Drehbücher zu „Hellbound: Hellraiser II“ und „Hellraiser III: Hell on Earth“) schrieb er ein immerhin sehr lineares Skript über den so oft im Animebereich angesagten, monumentalen Kampf zwischen Gut und Böse.

„Fist of the North Star” wird vor allem Fans der stimmig gestalteten Endzeitkulissen mit deutlichen B-Touch ansprechen, denn Randel kredenzt hier eine wunderbar düstere, postapokalyptische Welt, die nicht nur durch den Zerfall gesellschaftlicher Ordnung, sondern auch Klimaveränderungen und archaischer Lebensweise geprägt ist. Die Sonne steht nie am Himmel, das Land ist eine einzige Wüste und ständig dröhnt ein regelmäßiger Basspuls von Christopher L. Stone („Prison“, „DNA“), der nebenher noch einige bedrohliche Klänge beisteuert.

Selbst in solchen Szenarien müssen das Gute und das Böse sich im Gleichgewicht befinden, doch weil Lord Shin (Costas Mandylor, „Picket Fences“, „Secret Agent Man“), der Anführer des Southern Cross, lieber alle Überlebenden unterjochen will, tötet er sein Gegengewicht, den Fist of the North Star mit Namen Ryûken (Malcolm McDowell, „Star Trek: Generations“, „Tank Girl“). Als dessen Sohn Kenshirô (Gary Daniels, „Rage“, „Cold Harvest“) in die Fußstapfen seines Vaters tritt und seine Freundin vor dem geilen Bock Shin retten will, kommt es zum Duell, das Kenshirô schwerverletzt verliert. Das Verbotene ist geschehen, die beiden Mächte haben sich bekämpft, nun kommt Leben in die Bude, denn die wichtigsten Regeln wurden gebrochen, weshalb alle Handlanger bald einen Freifahrtsschein bekommen, um auch ja alle friedlichen Siedler unter die Knute des Southern Cross zu zwingen.

Der Anlass für eine straighte Prügelorgie ist sicherlich nicht die Schlechteste, aber weiter geht man dann auch nicht auf die Vorlage ein, von nun an wird eigentlich nur noch gekloppt und gestorben. Erfreulich ist hier immer wieder die Inszenierung, denn Randel weiß, was er hier dreht. Die comichaften Elemente (weggetretener Unterkiefer, zerplatzende Schädel, durchschlagene Brustkörbe, mystische Superkräfte, punktierte Rippen) setzt er nur dezent ein, stattdessen gibt es viel Old-School-Prügeleien, in denen Daniels dann stylisch die wüste, eklige Mutantenbande (aka Crossmen) von Shin ins Jenseits schickt. Eigentlich will der zwar nichts von seiner Berufung wissen und lieber mit seinen Schmerzen leben, als er dann aber mit ansieht, wie selbst Kinder den unsympathischen Henchmen (Anführer Chris Penn, „Best of the Best“, „One Tough Cop“) zum Opfer fallen, schreitet er ein.

Wirklich gelungen ist nicht nur das Make-up der degenerierten Endzeitfreaks, sondern auch die zeitweise spritzigen Blutfontänen, die mitunter aus den Adern schießen. „Fist of the North Star” kann hier aufgrund seines begrenzten Budgets keine Orgie feiern, hat aber einige wirklich sehr schicke, tödliche Verletzungen zu bieten.
Überzeugend sind ebenfalls die klapprigen Behausungen inmitten der Einöde, die verlumpten Gestalten und der ewig vorherrschende Pessimismus, weil Fröhlichkeit, Sonne und gute Laune in dieser Welt längst in Rente sind. Zu verdanken hat man dies stimmige, trostlose Optik vor allem Kameramann Jacques Haitkin, der in „A Nightmare On Elm Street“, „Shocker“, „The Hidden“ oder „Scanner Cop“ maßgeblich an den beklemmenden Bildern beteiligt war.

Inhaltlich gibt sich „Fist of the North Star” erfreulich schnörkellos. Ein paar Rückblenden erklären das Nötigste, ansonsten beschränkt man sich hier auf harte Kämpfe in den Endzeitkulissen und etwas Figurenzeichnung hinsichtlich der armen Siedler (u.a. Melvin Van Peebles, George Cheung). Ab Kenshirôs Einsicht, dass er seine Aufgabe erfüllen muss, verabschiedet der letzte Rest Story sowieso gen Nirvana.

Schauspielerisch sollte man hier natürlich nicht soviel erwarten. Gary Daniels zeigt sich für seine damalige Zeit erstaunlich emotionell und geheimnisvoll und darf dann auch seine Körperbeherrschung vor einem blutroten Sonnenuntergang (oder was auch immer das war) präsentieren, während der Rest nur Standard-B erfüllt. Malcolm McDowell, noch der bekannteste Name, wandert ja auch oft genug zwischen den Budgetwelten, hat hier zu wenig zu vermelden, um auf sich aufmerksam zu machen.

Man mag bemängeln, dass es hin und wieder arg pathetisch wird, aber Animes waren ja auch selten reine Actionstreifen. Randel fasst sich bezüglich leidender Kinder und jungen Haudraufs jedoch erfreulich kurz und umschifft daher fast jeden Ansatz von Pathos sicher. Das selbe gilt für übersinnliche Erscheinungen und den ganzen Hokuspokus, den solche Endzeitreißer mit Religionstouch immer anhaftet.

Die Animefraktion kann hier letztlich bestimmt Sturm laufen, denn nach der epischen Einleitung, driftet „Fist of the North Star” eigentlich ohne Umwege in die Niederungen von Endzeitkloppereien der zweiten Budgetklasse ab. Das kommt dem B-Movie-Fan in mir aber sehr entgegen, denn mit diesem ultradüsteren, schäbigen Set-Design, der bedrückenden Grundstimmung und der Extraportion Härte, die vielleicht nicht an die Vorlage herankommt, hier aber zum Geschehen passt, mixt Randel genau die richtigen Zutaten für einen gelungenen Genrefilm zusammen.


Fazit:
„Fist of the North Star” mag als Realverfilmung des Kultanimes unwürdig sein, dürfte den Genrefan aber begeistern. Tony Randel lieferte hier einen brutalen, pessimistischen postapokalyptischen Klopper mit vielen Martial-Arts-Fights, tollen Retro-Effekten (aufgrund des Budgets aber wohl eher ungewollt) und gelungenen Make-up-Arbeiten ab. Da man sich inhaltlich auf das Nötigste beschränkt, den Kitsch weiträumig umfährt und sich hinter der Kamera nur Kompetenz versammelte, bleibt jener Streifen bis jetzt Gary Daniels bester.

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