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Wenn es noch eines Beweises bedurfte, daß die Beatles größer sind als die Zeit, aus der sie stammen, dann erbringt diesen "Der gewisse Kniff". Richard Lester drehte den Film zwischen seinen beiden Beatles-Filmen "A Hard Day`s Night" und "Help" und nutzte seine grafischen, erzählerischen und schnitttechnischen Einfälle, die er zuvor bei den Beatles schon verwendete, zu der Darstellung der gesellschaftlichen Veränderungen Mitte der 60er Jahre.

Die Story als solche ist schnell erzählt. Colin (Michael Crawford), der als Mathematiklehrer arbeitet, besitzt ein schmales Mietshaus inmitten von London. Außer ihm wohnt als Mieter auch Tolen (Ray Brooks) im obersten Geschoß, der seinen Ruf als erfolgreicher Playboy pflegt. Frustriert über den eigenen Misserfolg beim weiblichen Geschlecht, will Colin eine weitere Wohnung vermieten, möglichst an einen netten männlichen Bewohner, der ihn nicht ständig mit seinem Erfolg beim anderen Geschlecht konfrontiert. Gleichzeitig versucht er den von sich sehr überzeugten Tolen dazu zu überreden, ihm den "gewissen Kniff" bei den Frauen beizubringen.

Parallel zu diesen Ereignissen kommt Nancy Jones (Rita Tushingham) mit dem Zug aus der Provinz am Londoner Hauptbahnhof an. Erstaunt driftet sie mit großen Augen durch die brodelnde Großstadt und versucht das Haus des "Christlichen Vereins junger Menschen" zu finden. Doch jede Wegweisung, die ihr durch freundliche Londoner mitgeteilt wird, erweist sich als Irrweg, so dass sie immer tiefer in die Stadt eindringt, bis sie plötzlich vor Colins Haus steht, in dem eine Wohnung zu vermieten ist...

Bei Lesters in coolen Schwarz-Weiß-Bildern gedrehtem Film kommt es nicht so sehr auf die Story an, sondern auf die Bildsprache, mit der er diese umsetzt. Sämtliche Gedanken seiner Protagonisten sind mit dem Geschehen direkt verzahnt, so dass es manchmal schwer fällt Realität und Fantasie auseinanderzuhalten. "Der gewisse Kniff" beginnt mit einer Armada an schönen, jungen Frauen, die wie Schaufensterpuppen aussehen, und die auf der Treppe anstehen, um von Tolen empfangen zu werden. Lester lässt offen, ob das realistisch ist, ebenso wie er Tolen im weiteren Verlauf ständig betonen lässt, daß er die "Royal Albert Hall" gemeinsam mit einem anderen Playboy gemietet hat, um seine ganzen Frauen einmal an einem Ort zu versammeln.

Mit teilweise stakkatoartigen Wiederholungen derselben Szene, mit verschiedenen Blickwinkeln auf ein Geschehen, mit plötzlichen Unterbrechungen oder sekundenschnellen Ortswechseln gelingt Richard Lester eine surreale Erzählweise, die immer auf der Höhe der Gedanken seiner Darsteller ist. So zum Beispiel bei einer Unterrichtsszene, bei der die Schüler des Lehrers Colin bei seinem Unterricht von einer draußen herumturnenden Mädchenklasse abgelenkt werden. Als er sich empört an die Turnlehrerin wenden will, sieht er einige Männer ,die von außerhalb dem neckischen Treiben zusehen - und sich selbst mitten unter ihnen stehen. Ähnlich absurd sind die immer wieder eingeblendeten Schüler, die wie im Unterricht alle Sprüche nachbeten, die Tolen Colin als Tipp zur Frauenanmache weitergibt. Eigene Fantasien und Wünsche, aber auch angepasste Verhaltensmuster und Vorurteile, werden ständig in das "reale" Szenario mit einbezogen.

Dazu unterlegt Lester das Geschehen immer wieder mit Kommentaren aus der sogenannten "normalen" Bevölkerung, die ihre Meinung zu der Jugend im Allgemeinen und zum Aussehen und Verhalten im Speziellen von sich geben. Dadurch wird "Der gewisse Kniff" eine komplexe Mischung aus den Gedanken und Sehnsüchten der jungen Menschen und einem fast dokumentarischen Abbild der Denkweise der konservativen Gesellschaft. Ähnlich gestaltete er schon "A Hard Day's Night" , daß stark zur Legendenbildung der Beatles beitrug, weil hier durch die Verbindung aus realen Bildern von Konzerten und Interviews mit gespielten Szenen, ein Bild der Charaktere der "Fab 4" dargestellt wurde, daß authentisch wirkte. Seine Schnitttechnik und teilweise surrealen Erzählstrukturen trugen zu einer weiteren Betonung dieser gewollten Ausrichtung bei und wurden zum Vorbild für Musikvideos und Werbefilmen bis zur heutigen Zeit.

Obwohl "Der gewisse Kniff" erzählerisch ein wenig wie eine oberflächliche Komödie daher kommt, ist die Verleihung der "Goldenen Palme" in Cannes durchaus nachvollziehbar, da Lesters Stil äußerst modern und in seiner Filmsprache geradezu revolutionär war. Und genau das wird dem Film heute ein wenig zum Verhängnis - wie oft bei Filmen ,die sehr nah an einem bestimmten Zeitgeist waren. Für den heutigen Zuseher ist die gesellschaftliche Umwälzung, der sich Lester hier widmet, nicht mehr in seiner Tragweite nachvollziehbar.

Eine Konfrontation, die schon dadurch entstand, dass sich junge Frauen alleine in ein Zimmer zu einem Mann begaben. So ist auch Nancys Reaktion nach ihrem Treffen in Colins Haus mit drei jungen Männern und den deutlichen Avancen, die ihr Tolan machte, zu verstehen, die sie minutenlang nur "Vergewaltigung" schreien lässt. Das führt zu witzig absurden Momenten, wenn sie etwa bei einer älteren Frau klingelt und "Vergewaltigung" schreit, worauf diese nur mit "Danke, heute nicht" antwortet.

Allerdings verliert sich Richard Lester in diesen Spielereien so sehr, daß er normale Regeln des Erzählens außer acht lässt, wie etwa die ausreichende Charakterisierung seiner Protagonisten. Als Betrachter ist man erstaunt über die Virtuosität der Filmgestaltung, aber man ist nur wenig berührt. Und genau das unterscheidet diesen Film von seinen Beatles-Ablegern, denn im Zusammenhang mit den vier Musikern funktioniert Lesters Bildsprache auch noch heute, weil diese schon von vornherein zur Identifikation einladen.

Fazit : "Der gewisse Kniff" , den Lester zwischen seinen Beatles-Filmen drehte, ist ein fast dokumentarischen Zeitbild der gesellschaftlichen Veränderungen Mitte der 60er Jahre. Lesters Stil, der damals seiner Zeit weit voraus war, schafft eine unmittelbare Verzahnung zwischen dem äußeren Geschehen und inneren Gedankenmustern.

Aus heutiger Sicht leidet der Film ein wenig darunter, daß die damaligen gesellschaftlichen Konfrontationen nicht mehr in ihrer Tragweite nachzuvollziehen sind. Lesters ironisch, lässiger Blick darauf war zur damaligen Zeit mutig, wirkt aber heute eher spielerisch. Trotzdem kann der kurzweilige Film auch heute noch in seiner Bildsprache mit einer Vielzahl einfallsreicher und beeindruckender Szenen überzeugen, nicht zuletzt durch die musikalische Untermalung des damals noch weitgehend unbekannten James-Bond-Komponisten (8/10).

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