Review

Bill Murray kennen wir noch alle aus Filmen wie z. Bsp. "Und täglich grüßt das Murmeltier", "Ich glaub mich knutscht ein Elch" oder "Agent Null Null Nix". Filmen, so typisch für das Genre Mainstream-Comedy, mit albernen Gags am laufenden Band, die aber vor allem durch Murrays Zutun, meist zum schreien komisch waren. Doch in letzter Zeit ist es ruhig um Murray geworden. Und damit meine ich jetzt nicht, dass man nichts mehr von ihm hört oder sieht, eher im Gegenteil, sondern das die Zeiten der albernen, lauten Filme anscheinend entgültig für ihn vorbei sind. Heutzutage sind es eher ruhige und gefühlvolle Komödien, die Bill seinem Publikum präsentiert. "Lost in Translation" war da nur der Anfang und Wes Andersons schräger "Tiefseetaucher"-Film ein weiterer Schritt, in Richtung anspruchsvolle Comedy. Nun also "Broken Flowers", eine Tragikomödie unter der Regie von Jim Jarmusch, der auch schön für "Coffee and Cigarettes" und "Dead Man" verantwortlich war. Herausgekommen ist dabei ein absolut wunderbares Coming-of-Age-Filmerlebnis, mit einem Murray in absoluter Glanzform.

Die Geschichte zu "Broken Flowers" selbst ist schnell erzählt. Es geht um den arbeitsruhenden Computerspezialisten Don Johnston, der am Tag eigentlich nicht viel anderes macht, als auf der Couch zu sitzen und Fernsehen zu gucken oder Radio zu hören. Von seiner letzten Freundin verlassen, erhält er eines Tages einen rosa Brief, in dem ihm eine seiner Verflossenen einen 19 jährigen Sohn beichtet. Da allerdings weder eine Unterschrift noch ein Absender auf dem Brief sind, macht sich der träge Don, nach einiger Überredungskunst seines Nachbarn und Hobbykriminologen Winston, auf, die Absenderin des Briefes zu ermitteln. Und vier potenziellen Verflossenen wird er dabei auf seiner Reise begegnen. Wie man schon beim Lesen der Inhaltsangabe merkt, ist die Geschichte wirklich eine kleine Story, die aber an allen Ecken nur so strotzt vor wunderbaren Ideen und Details, die im Laufe eines Coming-of-Age-Film entstehen können. Es gibt eine wunderbar schrullige Hauptfigur, viele herrliche Nebencharaktere und eine Handlung, die durchgehend nachvollziehbar ist, auch wenn sie unterm Strich eigentlich sehr trostlos zu sein scheint. Die Drehbuchschreiber haben sich jedenfalls eine Geschichte ausgedacht, die dem Zuschauer nur so zu Herzen gehen dürfte.

Dabei verlässt sich Janusch vor allem wieder auf seine, mitunter minutenlangen, stagnierenden Kameraeinstellungen, die trotz Stille und trotz Länge nie und nimmer langweilig werden. Irgendwie freut es uns regelrecht, wenn wir Bill Murray dabei zusehen müssen, wie er z. Bsp. minutenlang auf seiner Couch hockt und seine Umgebung absorbiert. Wenn er im Bus zwei Teenager-Mädels lauscht, wie diese sich, in typischer naiver Form, über einen Jungen lustig machen, der ihnen gegenüber sitzt. Oder wenn er am Flughafen sitzt und seine Nachbarin dabei Detailgenau betrachtet. Ja, der Film ist nur so vollgestopft von langen Einstellungen, die sensationell gut auf den Zuschauer wirken. Action und Thrill gibt es hier zu keiner Sekunde zu betrachten, eher 105 Minuten lang stille und ruhige Bilder, einer verfallenen aber stehts und ständig liebenswerten Figur, die man einfach nur gerne haben muss.

Die Stille und die Ruhe, die von diesem Film ausgeht, spürt der Zuschauer vor allem auch durch die Sounduntermahlung. Denn auf das Aufnehmen sämtlicher Nebengeräusche wurde so gut wie verzichtet. Es gibt mitunter viele Filmminuten die von einer derartigen Stille unterlegt worden, dass selbst das kleinste Rascheln im Kinopublikum schon als störend wirkt. Natürlich gibt es viele wunderbare Dialoge zu hören, die zwar simpel sind, aber zu jedem Zeitpunkt wie auf den Punkt gebracht wirken. Und auf eine wunderbare Musikuntermahlung wurde natürlich auch wert gelegt. Doch ansonsten gibt es wirklich nur selten etwas zu hören, auser vielleicht das Summen des Automotors, wenn Don in seinem Wagen sitzt. Für einige mag diese Stille sicher störend wirken, doch im Grunde hätte man den Film nicht besser untermahlen können.

Aber was wäre ein Murray-Film ohne Witz? Wie schon am Eingang dieser Review erwähnt, sind die albernen Tage des Bill Murray gezählt. Doch auf einen wunderbar leichten, melancholischen und dezenten Witz, kann man sich immer noch voll und ganz verlassen. Allein die Szenen, in denen wir Murray im Trainingsanzug auf der Couch beobachten und er dabei mit seiner Mimik wunderbar leichte Spiele spielt (vor allem immer dann, wenn er den Raum detailgenau "ausleuchtet"), kann man einfach nicht anders als dezent schmunzeln. Oder wenn er im Haus seiner ersten aufgesuchten Verflossen sitzt und deren Tochter plötzlich splitterfasernackt durch den Raum stolziert, ist sein Gesichtsausdruck einfach Bände wert. Aber auch sonst strotzt der Streifen nur so vor wunderbarer, mitunter auch recht bitterer, Komik, bei der man selbst aus einer ständig präsenten Heiterkeit, einfach nicht herauszukommen vermag.

Absolut grandiose Leistungen werden zu dem von den Darstellern erbracht und damit meine ich dieses mal wirklich alle! Was Bill Murray betrifft, müsste ich nach den letzten Worten sicher nicht mehr allzu viel erwähnen. Seine Gratwanderung, von alberner Comedy zu dezenter, liebenswerter Komik, ist ihm schon bei "Lost in Translation" gelungen und wird nun mit "Broken Flowers" noch einmal ganz dick unterstrichen. Er schafft es einfach auf eine brillante Art und Weise, seiner, eigentlich tieftraurigen, Figur, einen wunderbaren Witz zu verabreichen, der bis zum Schluss nicht aufgebraucht wird. Wenn es dieses mal wieder nicht für den Oscar reicht, dürfte die Academy ein für allemal als unglaubwürdig gelten, denn etwas Besseres wird man dieses Jahr wohl nicht noch einmal zu Gesicht bekommen.

Dazu dann, wie schon erwähnt, noch viele andere große und kleine Gesichter, für die eine Erwähnung nicht vergessen werden darf. Da hätten wir z. Bsp. eine großartige Sharon Stone, die eine heruntergekommene Lolitta-Mutter gibt und in jedem Punkt ihres Spiel zu überzeugen weiß. Dann Frances Conroy, die schon in "Six Feet Under" bewiesen hat, was für eine brillante Charakter-Darstellerin sie doch ist und hier einmal mehr beweist, wie gut sie eine glücklos wirkende Dame, im besten Alter, zur Schau stellen kann. Aber eigentlich ist es vollkommen egal wenn man auch immer nimmt, hier gibt es wirklich keinen, der einen auch nur im geringsten enttäuschen würde. Wirklich ein absolut großartiger Cast, den man sich wirklich bei jedem Film wünschen würde.

Nur das Ende von "Broken Flowers" mag nicht so ganz jedermanns Sache sein, auch wenn keiner behaupten könnte, dass er damit gerechnet hat. Denn Jarmusch lässt seine Geschichte zum Schluss eigentlich ins Leere laufen. Es gibt weder ein Happy End, noch einen traurigen Schluss, sondern eigentlich gar kein Ende. Der Endstrich kommt vollkommen überraschend auf den Zuschauer zu und lässt ihm viel Raum für eigene Spekulationen. Ich persönlich finde dieses gewählte Ende aber eigentlich wirklich gut, da man mir erstens kein Heile-Welt-Ende auf die Nase drücken wollte, wie man es sonst so von Hollywood kennt, aber auch kein Tränendrüsendrück-Ende, da dies hier einfach absolut nicht gepasst hätte. Somit darf ich mir den Schluss nun wirklich selber zusammenspinnen, was sicher ab und an auch mal nicht schlecht ist. Dem normalen "Mainstream-Kinopublikum" dürfte das aber mit Sicherheit nicht schmecken!

Fazit: Grandios umgesetzter Coming-of-Age-Film, der mit seiner wunderbaren Geschichten, einer exzellenten Handlung und der in jeder Hinsicht passenden Inszenierung genau das bietet, was man von einem Bill Murray-Film, seit "Lost in Translation", erwarten darf. Tiefgehende Charaktere, dargestellt von grandiosen Schauspielern, die in absolut wunderbaren, mitunter ellenlangen, Kameraeinstellungen eingefangen wurden und zu jedem Zeitpunkt Höchstleistungen bieten. Dazu ein genauso dezenter Witz, der einem stehts ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubert, wie eine bittere Dramatik, die packender kaum sein könnte. Kurzum, wer schon lange mal wieder einen ganz einfachen aber durch und durch begeisterungsfähigen kleinen Film sehen wollte, der wird mit "Broken Flowers" wirklich bestens bedient.

Einfach nur ein wunderbares Filmerlebnis!

Wertung: 9,5/10 Punkte

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