Heinrich Breloers halbdokumentarischer, natürlich rechtzeitig zum 60. Jahrestag des Kriegsendes in Europa erschienener 3-Teiler "Speer und Er" sorgte schon im Vorfeld für einigen Gesprächsstoff und ausgedehnte Zeitungsartikel in der FAZ und anderen bekannten Zeitungen. Und schlecht ist das Ergebnis in der Tat nicht - aber auch nicht überragend wie ich meine.
Geschichtsinteressierte Naturen werden an der gebotenen Mischung aus Spielszenen, Interviews mit Familienangehörigen und Zeitzeugen sowie Originalaufnahmen in Farbe und S/W sicherlich einige Freude haben. Insbesondere die Interviews mit Albert Speer Junior sind wirklich interessant, ebenso wie die historischen Aufnahmen von frühen NS-Parteitagen (u.a. Szenen aus "Triumph des Willens"), dem Nürnberger-Prozess bis hin zur medienwirksamen mitternächtlichen Entlassung aus dem Gefängnis Spandau nach 20 Jahren Haft zusammen mit Reichsjugendführer a.D. Baldur von Schirach. Hier verstand es Regisseur Breloers recht geschickt beispielsweise originale Aufnahmen von eben dieser Entlassung oder Hitlers Berghof mit Spielszenen geschickt zu verknüpfen, was im Falle des Berghofes im Einklang mit einer Ortsbegehung Speer Juniors für sehr interessante Eindrücke sorgt.
Dennoch gehören die Spielszenen nicht unbedingt zur den Stärken des 270-Minuten schweren Werkes, da sie zum einen wenig Inhalt, zum anderen in weiten Teilen auch bereits aus dem "Untergang" hinlänglich Bekanntes bieten. Im Prinzip hätte man sich den Spielteil meiner Meinung nach auch komplett schenken können, hätte dies doch den Film deutlich schlanker gemacht. Gerade ungeduldige und weniger historisch interessierte Zuschauer dürften durchaus zu Recht angesichts der überdimensionalen Länge unruhig werden. Drei Teile a 90 Minuten hätten nun wirklich nicht sein müssen, deren 2 hätten es ebenfalls locker getan! Unnötige Streckungen zeigen sich außerdem in einigen Interviews, bei denen gleich mehrfach hintereinander nicht mehr als ein "Ich kann und will mich nicht erinnern" kommt.
Doch auch die gescholtenen Spielszenen haben positive Aspekte aufzuweisen: Ein Lob möchte ich Sebastian Koch in der Rolle von Hitlers Stararchitekten aussprechen: Eine wirklich gelungene und intensive Performance. Auch die Verkörperungen eines Rudolph Heß und Hermann Görings sind als solide zu bezeichnen.
Weniger gelungen hingegen ist die Besetzung vieler anderer Rollen: Tobias Moretti gibt sich als Hitler zwar redlich Mühe, wer jedoch einmal Bruno Ganz im "Untergang" erlebt hat, möchte einen solchen, viel zu jungen Darsteller nicht in dieser schweren Rolle sehen. Ähnliches liesse sich auch zu den Besetzungen eines Heinrich Himmler oder Joseph Goebbels sagen, die allesamt kaum etwas mit den Originalen gemein haben und auch in schauspielerischer Hinsicht wenig Aktzente setzen können.
Es bleibt ein sehenswertes, technsich gut umgesetztes aber deutlich zu langes Dokudrama über eine der schillerndsten Figuren aus Hitlers engstem Umfeld, die auch heute noch für reichlich Disussionsstoff sorgt. Wieviel wusste Speer wirklich? War er wirklich nur der unpolitische "Macher"? Mehr als er in Nürnberg zugab sicherlich...
Eindeutige Antworten liefert auch Heinrich Breloer nicht, gibt aber insgesamt einen sehenswerten Überblick über das bewegte Leben des Mannes, der Hitlers 1000-jähriges Reich erbauen sollte, dann als ohne Zweifel hoch fähiger Rüstungsminister jedoch Teil der verheerendsten Todesmaschinerie der Menschheitsgeschichte wurde und sich seiner Schuld stellte...