Review

Nach etwa 15 Minuten Laufzeit hatte ich das erste Bier am Hals, denn anders konnte ich dieses Vehikel von Filmversuch nicht weiter verfolgen und das passiert selten.
Gut, ich könnte auch einfach abbrechen, wenn ich nach so kurzer Zeit weiß, dass es sich um einen Einser-Kandidaten handeln wird, aber es könnten ja auch ungeahnte Qualitäten zum Vorschein kommen, die die Bewertung „2“ rechtfertigen könnten.
Kommen aber nicht.

Im Prinzip wird hier nur das „Immer Ärger mit Harry Thema“ ins Gegenteil umgekehrt: Leichenbestatter Charlie will die Leiche von Jane nicht loswerden, sondern unbedingt behalten, weil er sich in sie, die Leiche, verknallt hat.

Ein erfahrener Regisseur mit Gespür für menschliches Empfinden hätte aus dieser Idee auch sicher etwas entwickeln können, denn ich halte es zumindest nicht für ausgeschlossen, dass einem Bestatter so etwas widerfahren kann.
Ein Greenhorn wie Guy Crawford kommt aber über das Niveau eines einschläfernden Amateurfilms nicht hinaus, denn er hat alles dafür getan, um den Zuschauer auf ganzer Linie zu ärgern.

Die schwache Qualität der Kamera fällt natürlich als erstes auf, blasse Farbe, geringe Schärfe und ein paar wackelige Fahrten, dazu grob gesetzte Schnitte.
Damit könnte man noch leben, ging bei Ittenbachs ersten Werken ja auch.
Nur die Story, die noch nicht einmal eine Aussage trifft, versemmelt schließlich alles.

Denn Hauptfigur Charlie wird von einem Typen verkörpert, der weder Talent noch Ausstrahlung besitzt, aber genau dem muss man minutenlang bei inneren und äußeren Monologen in der Leichenhalle zuhören.
Mal antwortet die weibliche Leiche mit Off-Stimme, mal suggeriert Charlies Geschwafel eine Antwort derselben.
Das Drumherum ist einfallslos und überhaupt nicht atmosphärisch, selbst die Sets der Leichenhalle wirken wie ein Flur mit einfachsten Requisiten.

Neben Charlie haben wir noch Leichenchef Dale, der von einem der unzähligen Estevez-Typen verkörpert wird. Der schmiert die Bullen und verkauft Leichenteile, sehen kann man davon aber nichts.
Charlie hat auch noch ein Weib zu Hause, die ist aber nach einem Unfall nur am Nörgeln und raubt dem Zuschauer den vorletzten Nerv.
Der letzte geht durch den Storyverlauf drauf, denn die Zwillingsschwester der Leiche taucht auf (natürlich die gleiche Darstellerin), woraufhin sich Charlie eben in die verguckt, ist ja auch besser, eine Frau zu haben, die ein Bussi erwidert und nicht nach Schwefelwasserstoff müffelt.
Doch die mit Kinderkirmesfarben geschminkte Leiche gibt Widerworte, weil Charlie sie nun entsorgen will, mit der lebendigen Schwester will er aber auch nichts anfangen, weil die Toten seine Freunde sind.
Also, was soll das zweifelhafte Herumphilosophieren der Hauptfigur, wenn er dabei nicht auf den Punkt kommt?

Es ist so langweilig, einem Langweiler bei seinen Ausführungen über Tote zuzuhören, in grob eingefügten Zwischenschnitten seine daheim zeternde Olle zu sehen und nur einmal kurz schmunzeln zu können, weil der Kopf der Leiche beim gemeinsamen Sternengucken an die Fensterscheibe bömmst.

Unfassbar hirnlose Dialoge, die üblich grottige Synchro, überhaupt keine Gewalteffekte, lächerliches Make-up und, ach Gott, ich will doch erst gar nicht versuchen, positive Aspekte zu finden, der Film hat keine.
Obwohl, doch, der Abschlusssong wird ganz lieb von einer Unbekannten gesungen und einige Leichen zucken mit der Wimper, also nichts, was ein Ansehen rechtfertigt.

Ein Leichenhallendrama ohne Schmackes, ohne Tiefgang, gänzlich ohne Tempo und alles dilettantisch inszeniert.
Beim ersten Bier ist es letztlich nicht geblieben, aber die Wirkung hat keine Besserung gebracht.
Dagegen ist „Nekromantik“ der reinste Party-Rocker.
1 von 10

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