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Airport 75

Sequel des Katastrophenfilm-Klassikers Airport, dessen greller Anstrich in Sachen Personal und Eskalation das Genre treffender charakterisiert als das anspruchsvollere Original. Die konsequente Ausrichtung auf Eskapismus und Spektakel garantiert einen hohen Unterhaltungswert. Guten Flug.

"Something hit us... the crew is dead... help us, please, please help us!“ Hach, das waren noch Zeiten, als selbst Filmposter so knackig auf den Punkt kamen. Dass dabei gleich die ganze Prämisse des Films hinaus posaunt wird, geschenkt. Selbst wer seinerzeit des Lesens nicht mächtig gewesen sein sollte, der dürfte angesichts der riesigen 747 die schwungvoll von einem Kleinflugzeug rasiert wird, kapiert haben, dass Airport 75 noch treffender unter dem Titel "Aircrash 75" firmiert hätte. Abgesehen von diesem kleinen Fauxpas, für den sie ohnehin nichts können, haben die Werbestrategen aber ganze Arbeit geleistet. Die schmucke Boeing im dynamischen Steilflug vor feuerrotem Himmel dominiert das gesamte Poster. Weiter untern gibt es dann noch eine schmale Leiste mit Konterfeis der menschlichen Mitspieler. Die Frage wer hier die eigentliche Hauptrolle spielt, ist also rein akademisch. Wenigstens gibt es gleich zwei hemdsärmelige Jimbos, die dem dominanten Jumbo ein wenig Paroli bieten. Der eine hört sogar auf den klangvollen Namen „Patroni“, womit seine dienende Funktion perfekt umrissen ist. Denn alles und jeder dient hier einem einzigen Zweck: dem Spektakel.

Airport 75, auch das findet sich auf dem Poster, wurde seinerzeit als direkte Fortsetzung des 1970er Hits Airport verkauft. Die Adaption von Arthur Haileys Erfolgsroman von 1968 verquickte auf höchst unterhaltsame Weise kleinere und größere menschlichen Schicksale mit der Katastrophenkaskade auf einem amerikanischen Großflughafen. Große Sets, große Stars und großes Drama. Filmisch gesehen mochte das altmodisch erscheinen, thematisch dagegen standen die Zeichen auf Innovation. Auch wenn die eigentliche Katastrophe vergleichsweise spät und auch nicht zentral verhandelt wird, so gilt Airport heute zurecht als Startschuss und Schablone eines ganzen Genres. Zumindest im Blockbusterbereich war im Folgejahrzehnt der „Disaster Movie“ das Maß aller Dinge.

So gesehen ist es auch nur folgerichtig, dass das erste Airport-Sequel weit mehr den Genregeist atmet als das Trend setzende Original. Soll heißen, die vielen menschlichen Figuren und Problemchen sollen lediglich das große Unglück erfahrbarer und wirkungsmächtiger machen, schließlich findet sich fast jeder in irgendeinem Charakter wieder. Im Fokus stehen das Spektakel, die Katastrophe, nicht die damit konfrontierten Personen. Dieser Primat der eskapistischen Unterhaltung und des Triggern menschlicher Urängste bildet dann auch die DNA von Airport 75. So lernen wir in den ersten 45 Filmminuten zwar ein gutes Dutzend unterschiedlichster Charaktere kennen, aber keiner fällt aus dem holzschnittartig gezimmerten Charakter-Rahmen des Films. Immerhin gibt es so einiges zu Schmunzeln. Man könnte auch sagen: So grell das Plakat, so grell das Personal. Das gilt insbesondere auch für das Protagonisten-Trio.

Der größte Name dabei ist zweifellos Charlton Heston und das ist auch gut so. Seine patentierte Hemdsärmeligkeit, sein wölfischer Machismo, vor allem aber seine in zahlreichen Monumental-Epen gestählte Larger-than-ilfe-Persona stehen dem unerschrockenen Flugkapitän Alan Murdock bestens zu Gesicht. Wer als Moses Ägypter und als Ben Hur Römer vermöbelt hat, dem traut man auch zu, bei voller Geschwindigkeit aus einem Helikopter in eine beschädigte Boing 747 umzusteigen, die mangels Alternativen von der Chef-Stewardess-geflogen wird.

Ein ähnliches Kaliber, wenn auch ohne das biblischer Stahlbad, ist George Kennedy. Zumindest in Sachen Kernigkeit ist er mit Kumpel Charlton absolut auf Augenhöhe. Außerdem ist er das einzige Überbleibsel aus dem Originalfilm, in dem er als Chefmechaniker durch beherzte Eigeninitiative einem infernalischen Trio aus Wetterchaos, drohender Bruchlandung und hasenfüßigem Bodenpersonal trotzte. Die Beförderung zum Vizepräsidenten der in Airport 75 betroffenen Fluggesellschaft mag für diese Cowboy-Figur völlig absurd erscheinen, aber erstens befinden wir uns in einem Land, in dem B-Western-Stars Präsidenten werden und zweitens in einem Genre, in dem Camp Programm ist.

Bleibt noch Karen Black als unerschrockene Flugbegleiterin Nancy Pryor. Zwar schluckt sie ohne Wimpernzucken Captain Murdocks Präferenz eines Schäferstündchens, als sie ein enges gemeinsames Zeitfenster für ein dringendes Beziehungsgespräch anfragt. Auch den anzüglichen Bemerkungen und Gesten einiger ihrer Knallchargenpassagiere begegnet sie mit wohlwollender Nonchalance. Aber als es ernst wird und die gesamte Cockpit-Besatzung unfreiwillig und teilweise endgültig ihren Arbeitsplatz räumt, steht sie ihrer Frau und übernimmt buchstäblich das Steuer. (selbstredend unter strenger männlicher Beratung seitens unseres Alphatier-Duos). Auch wenn diese Plotidee ein Paradebeispiel für die teilweise fantastischen Volten des Genres ist, sorgt Blacks bodenständiges Spiel -vor allem ihre glaubhaft dargebotene Panik - für die so wichtige Kitt-Figur zwischen Reißbrett-Personal und Exzess-Katastrophe.

Angesichts des kräftig ausgeleuchteten Heroen-Triumvirats bleibt für den Rest nur noch die Schlaglicht-Behandlung. Am ehesten trotzt da noch Feminismus-Ikone Helen Reddy dem omnipräsenten Sog ins Reich des Vergessens. Als Gitarren zupfende Ordensschwester Ruth verbreitet sie an Bord wohlig-heimelige Lagerfeuerromantik, indem sie das nierenkranke Mädchen Janice Abbott (Linda Blair) mit der „Egoismus-Hymne“ Best Friend beglückt. Schade um das übrige Klischee-Ensemble aus betagter Alkoholikerin (Myrna Loy), die beste Tage hinter sich habendem Filmstar (Gloria Swanson als sich selbst), dauerquasselndem Schwätzer und Latino-Flugingenieur auf Anbagger-Autopilot (Erik Estrada). Das sahen wohl auch die Macher der Parodie Airplane! (1980) so ähnlich, indem sie Reddys Gesangsnummer prominent aufs Korn nahmen. Nur ist die Originalversion bereits so (ungewollt) komisch, dass der parodistische Effekt so gut wie verpufft.

Aber das nur am Rande, denn Airport 75 hat seine Stärken ohnehin nicht in der Tiefe, sondern in der Breite. Wenn der havarierte Jumbo auf die Bergketten rund um Salt Lake City zurast, dann bleibt kein Spektakelauge mehr trocken. Das ist Eskapismus-Kintopp in Perfektion. Dankenswerterweise stellte American Airlines der Filmcrew eine flugtaugliche 747 zur Verfügung und diese Investition zahlte sich voll aus. Immer wieder schneidet der Film zwischen realen Flugszenen und Studioaufnahmen von Kabine und Cockpit hin und her und verleiht dem Gefahren-Szenario eine Realitätsnähe, die mit bloßer Modelltechnik niemals zu erreichen gewesen wäre. Überhaupt surrt der Film ab dem Zeitpunkt des Zusammenpralls wie eine gut geölte Suspense-Maschine. Ohne im eigentlichen Sinne rasant zu sein, schafft die Kombination aus permanenter Absturzgefahr, stetig wachsendem Zeitdruck und der Ungewissheit ob des Gelingens der abenteuerlichen Umstiegs-Aktion eine gleichmäßig hohe Grundspannung, die unverändert bis zum Ende anhält. Die im Kern simple Prämisse sorgt so geschickt für lang anhaltenden Nervenkitzel. Airport 75 ist damit genau der Film, der er sein will und der uns auf dem plakativen Plakat versprochen wurde. Oder anders ausgedrückt: Airport war der Startschuss des Katastrophenfilms , Airport 75 steht für das Rennen. Hier wird kein Szenario abgesteckt, hier werden Stationen abgelaufen. Hier wird nicht inne gehalten, hier wird auf die Tube gedrückt. Beim Eskapismus bleibt man schließlich nicht stehen. In diesem Sinne: Fasten your seatbelts.

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