Trendgerechte Anpassungen an neue Erfolgsmotive des Filmmarkts war eine Spezialität des italienischen Exploitation-Kinos und so durfte Antonio Margheriti („Jäger der Apokalypse“, „Kommando Leopard“) im Fahrwasser von Joe Dantes Hit „Piranha“ seine eigene, gefräßige Fischbrut loslassen.
Der deutsche, etwas debile Titel „Piranha II – Die Rache der Killerfische“ führt übrigens in die Irre, denn das wirkliche Sequel hat ja bekanntlich Regie-Mastermind James Cameron („The Terminator“, „True Lies“) mit seinem unrühmlichen Debüt „Piranha Part Two: The Spawning“ hingelegt. Also mal wieder Schmu des deutschen Verleihs.
In dem Wissen kein Land zu sehen, wenn 90 Minuten lang nur das Wasser rötlich brodelt, Menschen panisch im Wasser mit den Armen rudernd untergluckern und unübersichtliche Close Ups von an Angelschnüren durch das Wasser zuppelnde Plastik-Piranha-Attrappen tricktechnisch für Verdruss sorgen, nahm sich Margheriti eines Skripts an, in dem die Viecher zwar auch ihre Auftritte haben würden, aber ringsherum auch etwas Interessantes nebenbei passiert.
Obwohl Margheriti in seiner Karriere auch mal etwas drehte, dass ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde, so halte ich den Filmemacher doch für ziemlich talentiert und universell einsetzbar. Kaum ein Genre, indem er damals nicht tätig war und erstaunlicherweise kam dabei fast immer Brauchbares bei heraus. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen besaß der Mann wirklich Talent aus knappen Budgets noch einen kurzweiligen Film zu formen.
Seine Spezialität waren bekanntlich die überdimensionierten Modelltricks, die erstaunlich echt und spektakulär ausschauen, auch wenn man sie natürlich als solche ausmachen kann. Dennoch ist das eines seiner Markenzeichen und deswegen gibt es zur Eröffnung auch gleich ein kleines Inferno mit selbigen.
„Killer Fish“, so der Originaltitel, hatte merklich mehr Budget als gewohnt, wurde ausnahmsweise nicht auf den Philippinen, sondern in Brasilien gedreht und konnte sich über europäische Investoren freuen, die etwas mehr springen ließen, weswegen dann auch der damals schon mit seiner TV- Serie „The Six Million Dollar Man“ berühmt gewordene Lee Majors („The Fall Guy“) anheuerte. Karen Black („The Squeeze”, „House of 1000 Corpses”) und Italowestern-Regulator Antonio De Teffè („Der letzte Zug nach Durango”, „Django und die Bande der Bluthunde“) waren an seiner Seite nur zwei von einer Handvoll bekannten Darstellern des italienischen Kinos dieser Zeit.
Zu den mal wieder sehr fetzigen Klängen der Oliver Onions, aus denen vor allem der coole Titelsong „The Winner Takes All“, gesungen von Amii Stewart, hervorsticht, muss zum gelungenen Einstieg Lee Majors, hier Lasky genannt, mitsamt seiner Truppe aus einer Raffinerieanlage einen Haufen Diamanten stehlen.
Um unbemerkt in die Anlage bis zum Safe zu gelangen, veranstaltet man natürlich ein chaotisches Feuerwerk, das Margheriti sogleich zum Anlass nimmt seine Modelle aufzufahren. Depots fliegen in die Luft, Gebäude explodieren, Loks rasen führerlos umher und das Personal gibt sich kopflos. Wie erwähnt, man erkennt unschwer den Ursprung der Tricks und wenn Darsteller vor einer Leinwand entlang laufen, wird es echt haarig, doch man hat das Gefühl, dass die Crew ihr Bestes gibt und die Abseilaktion ist wirklich nicht schlecht gemacht.
Leider war es das auch schon fast mit dem Einsatz von Modellen, die später noch einmal Verwendung finden, als während eines Hurrikans ein Staudamm bricht und unter anderem wohl die selbe Anlage noch zusätzlich wegspült.
Nach dem echten starken Einstieg beginnt die Sache aber zusehends zu verflachen und wären da nicht die verhältnismäßig guten Darsteller und Margheritis gelungene Inszenierung, die auch mal Auge für die Umgebung und die Natur beweist, würde der Kahn jetzt kentern.
Nach der anschließenden Flucht der Diebe, während der auch ein VW-Bulli seinen explosiven Abgang feiert und der Schatz im Silbersee versenkt wird, beschließt die Truppe erst einmal Gras über die Sache wachsen zu lassen und 60 Tage zu relaxen. Nur dumm, dass erstens einer dem anderen nicht traut und zwei Eumel die Diamanten wieder hoch holen wollen und zweitens ihr scheinbar herzkranker Auftraggeber Paul Diller (James Franciscus, „Das Concorde Inferno“, „The Last Jaws – Der Weiße Killer“) der den Coup ausgeknobelt hat, ein paar Dutzend Pärchen Piranhas ausgesetzt hat, um genau so einem Fall vorzubeugen. Erste abgeknabberte Skelette sind die Folge.
Das gegenseitige Hintergehen und Misstrauen innerhalb der diebischen Fraktion fördert leider wenig Nennenswertes zutage, zumal Lasky als harter, abgebrühter Knochen ohnehin den knappen Überblick behält und aus der offensichtlich als Fischfutter herangebetenen Fotoshooting-Crew sich gleich das Sahnestück herauspickt, um unter der Dusche feuchten Spaß zu haben.
Im Mittelteil ist wenig los. Das Geplänkel zieht sich, aber wenigstens nicht endlos und auf Antonio Margheriti ist insofern verlass, dass er trotz fehlender Spannung und der simplen Story jede weniger interessante Minute auch so schnell wie möglich hinter sich bringt.
Dillers Misstrauen geht schließlich soweit, dass er mit seiner Ische Kate (Karen Black) die Fische ködert und riskant die Beute rausfischt, damit jedoch nicht abhauen kann, weil das Boot wassert und man von einem Hurrikan überrascht wird, der sie auf das Boot der Fotoshooting-Crew führt, wo Schwerenöter Lasky auch hockt. Als schließlich der Damm bricht und das Boot leck schlägt, umkreist der gierige Schwarm in Aussicht auf Knuspereien das sinkende Schiff.
Das Finale bis zur Rettung in letzter Sekunde für einige Überlebende setzt sich dann aus den bekannten Zutaten zusammen: Menschen springen oder fallen ins Wasser und werden rasiert, Rettungspläne scheitern, Rettung naht, scheint aber zu scheitern und hinterlistige Bösewichte geraten an ihr verdientes Schicksal. Was Lasky da so an Aktionen bereithält, ist dennoch dämlich. Das schwupsdiwups abklingende Unwetter, das sich Margheriti gar nicht mal so ungeschickt aber frech herbeiinszeniert (Bitte mal auf die Wellen achten *gg*) und die gerechte Teilung der Beute zum Schluss lösen dann aber noch ein breites Grinsen aus.
Speziell wer den italienischen Film und seine unzähligen Plagiate liebgewonnen hat, dürfte an „Killer Fish“ gefallen finden, denn so handwerklich sorgfältige Genrebeiträge sind leider nicht selbstverständlich und Antonio Margheriti gibt sich ganz offensichtlich auch viel Mühe, seinen Film nicht wie einen x-beliebigen, billigen, halbherzigen Abklatsch aussehen zu lassen, der sich nur auf die blutigen Szenen stützen will.
Die Story ist und bleibt natürlich zweckmäßig angelegt, aber die Gestaltung und das Drumherum, inklusive der nun wirklich nicht wie Laien spielenden Darsteller merkt man deutlich an, dass es keine hastig heruntergekurbelte Produktion war, bei der es während der Dreharbeiten nur darum ging, sie so fix wie möglich im Kasten zu haben.
Fazit:
Putziger Piranha-Horror mit den Antonio Margheritis Filme auszeichnenden, tollen Modelltricks. Seine Inszenierung ist über jeden Zweifel erhaben, die Darsteller sind gut (Also im Verhältnis zu ähnlichen Produktionen) und die Musik von den Oliver Onions fetzt natürlich auch wieder einmal. Nicht reinrassig auf Fisch-Attacken zu setzen, sondern auch Action zu platzieren war genau die richtige Strategie und insgeheim wünsche ich mir, dass der Film, so wie er vom Start weggeht, weiterlaufen würde, anstatt die Piranhas für Trennkost sorgen zu lassen. Gemundet hat „Killer Fish“ jedenfalls, zumal es da wesentlich üblere Exemplare geht. Nur über den etwas ereignislosen Mittelteil müssen wird noch mal reden.