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Wenn deutsche Filme auch im eigenen Lande gut laufen und ein Massenpublikum erreichen sollten, gab es in den letzten vier Jahrzehnten, eingeschlossen also die achtziger Jahre und damit die hier betreffende Ära fast nur zwei Möglichkeiten: die Literaturverfilmung oder die Komödie. E und U, zwei Seiten der Medaille, das eine scheinbar nur für die intellektuell Belesenen und das Andere für die ebenso scheinbar leichte Gesellschaft, die niedere Sozialität, die biedere Trivialität, wobei gerade in dem entsprechenden Jahrzehnt einige Komiker ihre Erfolge fanden, die dieses Klischee so richtig breit bedienen. So war 1987 Otto - Der neue Film mit 6.5 Mio. Besuchern der damals einträchtigste Film aus deutscher Herkunft, gefolgt mit einigem Abstand und auch knapp außerhalb der Top Ten mit Zärtliche Chaoten, die allerdings immer noch fast 2 Mio. Zuschauer für sich verbuchen konnten; ein Ergebnis, welches in etwa im Rahmen auch der in den Vorjahren gestarteten Filme von Dieter Hallervorden und auch auf gleicher Wellenlänge des Humors und seines Verständnisses liegt. Gefreut über den Zuspruch des Publikums wird sich vor allem Thomas Gottschalk selber haben, waren der vorhergehende Soloauftritt Mama Mia – Nur keine Panik (1984) nach den Kollaborationen mit Mike Krüger doch kein Kassenschlager und schien die Popularität nur auf das Duo und nicht den Mann allein bestätigt:

Frisch vom Set des neuen Winnetou (mit amüsanten Cameo von Pierre Brice) gefeuert, tun sich der Gelegenheitsschauspieler Richy [ Thomas Gottschalk ], der Pyrotechniker Walker [ Michael Winslow ] und das Mädchen für alles Schmidgruber [ Helmut Fischer ] bei der Rückfahrt nach München zusammen, wobei sie unterwegs auch die mit einer Autopanne gestrandete Rosi [ Dey Young ] auflesen und sie und das Auto heile bis vor die Haustür chauffieren. Kurze Zeit später ist die Frau schwanger, da sich aber niemand an die Nacht erinnern kann, weiß auch keiner, wer der zukünftige Vater ist; sodass sich bis dahin zur Unterstützung der finanziell klammen werdenden Mutter zusammengetan wird und angefangen von einem gemeinsamen Aushilfsjob im Veldener Schlosshotel, sehr zum Unmut des dortigen Chefkochs [ Ottfried Fischer ] und bald auch des Hotelmanagers [ Ludwig Haas ] alles erdenkliche ausprobiert.

Sieben Jahre nach seinem vorletzten, heutzutage recht vergessenen, in bestimmten Kreisen allerdings gesuchten Kinofilm Zärtlich, aber frech wie Oskar a.k.a. Der Gendarm vom Wörthersee (1980) und nach dem Absacken in die Fernsehkultur darf Regisseur Franz Josef Gottlieb hier noch einmal und auch schlussendlich für die große Leinwand, sichtlich aber im Auftrag des auch das Drehbuch verfassenden Gottschalk inszenieren. Die Prämisse ist natürlich vom französischen Drei Männer und ein Baby (1985, auch fast 2.5 Mio. Zuschauer in Deutschland) angelehnt, aber nur inspiriert und nicht wie bspw. dessen amerikanische Neuverfilmung Noch drei Männer, noch ein Baby (1987, 1.35 Mio. Zuschauer) übernommen; Eigenheiten ergeben sich nicht bloß von der Handlung selber, der Figurenkonstellation des männlichen Trios und dem münchnerischen und dann später gleich so typischen Lokalkolorit von Velden her, sondern insgesamt diverser Spezialitäten wie der eröffnenden Winnetou-Hommage (oder -Blamage) und anderem deutschen Geschick. Von einer richtigen Geschichte kann man übrigens nicht sprechen, das meiste hat eine reine Episodenstruktur, die vom bemühten Geld verdienen der drei Nichtsnutze (erst am Filmset, dann im Hotel, kurz als Vertreter eines eigenen Patents usw.) zusammengehalten ist und bessere Sketchform meist eher niederer Qualität aufweist. [Der HK-Film Faithfully Yours von 1988, eine frühe Darbietung von Stephen Chow, Max Mok und Jacky Cheung hat übrigens auch dieselbe Idee von den drei Männern und der einen Frau, erzählt dies aber wiederum als eher zusammenhängendes und viel die Eltern der Braut, v.a. den Vater inkludierten Stück.]

Vom scheinbaren Indianerfilm bzw. dem Ostblockwestern über den Heimatfilm rein in die moderne Stadtkomödie und über das Schlagerlustspiel wieder zurück; Gottlieb und/oder doch eher sein Autor reisen durch die jüngere Kinogeschichte und weisen dem Zuschauer eine Expedition in die Unterhaltungsbranche zwischen dem aktuellen Jetzt und dem sogenannten 'Opas Kino' und noch ein Stück zurück. Trotz der Besetzung mit Michael Winslow wird übrigens nur minimal bis gar nicht nach international geschielt, zumal er im Deutschen auch von Randolf Kronenberg gesprochen wird und dann und auch auf die Landesgrenzen beschränkt nur Assoziationen an Eddie Murphy und das als preiswerte Kopie erweckt.

Winslow, der auch als erster in den Castangaben genannt wird, ist mangels Kenntnis der Sprache und oft nur nonverbaler Gestaltung, also Mimik und Gestik und eben der Darbietung von Geräuschen hier sowieso nur Gimmick und (bis auf eine Slapstickszene bei der unfreiwilligen Zerstörung eines Hotelzimmers recht) reduziert; überhaupt ist das gesamte Trio mit vielleicht der Ausnahme von Fischer einzeln schon eher eine nervige Belastung und im Verbund dann auch noch mehr und sie können sich untereinander eigentlich auch gar nicht richtig leiden und gönnen dem Anderen die Butter auf dem Brote nicht. Überhaupt weiß man (trotz der recht einfältigen Art der Dame hier) nicht so recht, was das Objekt der Begierde an ihren drei Gallanen findet; der Dank für das (wortwörtliche) Abschleppen und Heim bringen wurde eigentlich schon mit einer Einladung zur Pizza Essen kundgetan. Alles Andere scheint dann tatsächlich freiwilliger Natur ihrerseits zu sein, wirkt im Film aber nicht bloß unverständlich, sondern wird auch von den Männern gar nicht infrage gestellt bzw. sie überhaupt zu keiner Meinung gefragt, kann sie doch eh “nicht richtig bis drei zählen“, sondern gleich als zukünftiger 'Besitz' auserkoren und zum 'Götterpreis' erklärt. Ähnlich altbacken wie diese Ansicht der Frau in der modernen Gesellschaft ist auch die Auswahl an Lieder, die Songeinlagen sind alles so Dauerbrenner aus den 60er Jahre Radios, Titel wie “Dancing in the Street“ von Martha & the Vandellas, “How Sweet It Is“ von Marvin Gaye, “Baby Love“ von The Supremes, “My Girl“ von The Temptations oder das mit 1971 vergleichsweise 'neue' “Without You“ von Harry Nilsson, und zuweilen auch doppelt und dreifach und nicht einfach nur als Anspieler, sondern zur längeren Untermalung der Bilder, bei Montagen bspw. eingesetzt.

Man möchte es nicht glauben, aber ab dem (vorübergehenden) Umzug an den Wörthersee und ohne die Dame funktioniert die Geschichte tatsächlich etwas besser, der Witz ist vorhanden und das Tempo wird über schnelle Gags und kurze Wechsel aus Albernheit und Peinlichkeit für einen Augenblick zumindest auf Höchstgeschwindigkeit gestreckt; ein paar flotte Stunt-Verfolgungsjagden zu Lande und zu Wasser inklusive. Teil 2 ist übrigens in fast jeder Hinsicht besser, vielleicht hat man ja doch hiervon gelernt.

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