„Stadt als Beute“
Die Filmemacher als extravagante Großwildjäger (der Filmförderung) die die Flora und Fauna der Kinolandschaft irreparabel zerstören.
Marlon, Lizzy und Ohboy sind Darsteller in einem Theatherstück. Ihre Geschichten werden vor/nach/während der Proben in Episodenfilm - Weise erzählt.
Der junge Schauspieler Marlon ist gerade erst in Berlin angekommen, das Theaterstück für das er engagiert ist, ist mehr als eigenartig und seine Schauspielkollegen, allen voran Lizzy, machen sich über ihn lustig. Nach dieser mehr als ernüchternden Probe macht er sich auf den Weg zu seiner neuen Bude. Die Vermieterin, gibt ihm neben den Schlüssel für die Wohnung auch gleich noch die Verantwortung für ihren Sohn Felix. Doch Marlon beschäftigt sich mehr mit dem Lernen des Textes und „verliert“ ihn so. Eine Suche durchs nächtliche Berlin beginnt, die Bekanntschaft mit einer bizarren Alkoholikerinnen und eines besorgten Vaters führen Marlon schließlich wieder zum Theater wo sein Mitbewohner gerade mit dem Regisseur über Marlons Rolle verhandelt
Lizzy ist wahrscheinlich eine gescheiterte Schauspielerin, die das noch nicht so ganz akzeptiert hat. Nach dem Diebstahl eines teueren Mantels besucht sie einen Stripteaseclub und lernt einen Callboy und eine Stripperin kennen und lernt viel über das Leben dazu.
Ohboy, lebt als Sozialhilfeempfänger und ist der erfolgreiche Verweigerer, jedenfalls in den Augen von Regisseure René Pollesch. Daher ist er mehr als geeignet für die Hauptrolle des Stückes „Stadt als Beute“. In Wirklichkeit ist Ohboy sehr verzweifelt und unsicher versteckt das jedoch unter einer Mischung aus Verrücktheit und Arroganz.
In „Stadt als Beute“ versuchen sich gleich drei Regisseurinnen als wirklichkeitsgetreue Kompositeure des modernen, verlorenen Großstadtmenschen. Die Geschichten lassen zwar einen Hauch von Woody Allan spüren, im Falle der Episoden von Lizzy und Ohboy sind sie sogar schon fast kafkaesk, doch schnell löst sich alles in rhetorische und bildkompositorische Luft auf.
Wieder einmal versucht man Authenzität mit Hilfe der Optik eine Homevideos zu erreichen. Die Schauspieler werden extra schlecht geschminkt, dauernd spielt jemand am Zoom und die Benutzung eines Stativs ist Glückssache. Dazu kommt die Story aus der Feder eines Filmwissenschaftsstudenten (1. Semester): Ein Ankommender, eine Gescheiterte und eine Außenseiter treffen sich in einem modernen Theaterstück: Das alles wird noch versehen mit einem Spritzer trivialen Humor, gut abgestandener Fäkalsprache und dem üblich saftigen Knochen Zeitkritik.
Die stärkste Episode ist zwar die von Ohboy, was allerdings nicht an der Story sonder mehr an dem Schauspieler liegt. Er ist der einzig, für den man etwas Sympathie und Verständnis entwickeln kann.
Die Macher jedoch ergötzen sich an ihrer selbst inszenierten Schizophrenie. Beispielsweise dass Lizzy im „wahren Leben“ teure Mäntel klaut und im Stück Kapitalismuskritisch bis zum Abwinken ist. Oder das der Regisseur Pollesch in das Zu-Spätkommen von Ohboy schon einen Teil dessen Rolle rein interpretiert, während der durch allerlei (sehr konstruierte wirkende) Zwischenfälle aufgehalten wird, aber in Wirklichkeit kommen will.
Die Geschichten wirken nur halb erzählt, man lässt den Zuschauer im Unklaren und versucht so besonders tiefgründig zu wirken. Sinnlose Worthülsen und ausgelutschte Stammtischphilosophien werden damit zu hintergründiger Weisheit erklärt. Der Zuschauer fragt aber nach kurzer Zeit, was das hier eigentlich soll und vor allem, welche Filmförderung dafür wieder Geld hat springen lassen. Wer unbedingt will, sollte diesen Film nächstes Jahr auf Arte sehen. Mein Tipp ist, das er so gegen 0.30 Uhr an einem Donnerstag ausgestrahlt wird. Ins Kino sollten nur die Hardcore-Kunstfilmfreunde. (Obwohl er für einen Kunstfilm ein ziemlich kitschiges Ende hat und die Episode von Marlon nicht hätte drin sein dürfen). Vielleicht bin ich auch schlichtweg zu dumm (oder konservativ [wie scheußlich, alleine die Vorstellung!]) für diese Filme, wenn dies der Falle wäre, dann waren das neben mir aber auch 99% der anderen Sneakwatcher. Sollte aber ein guter Film nicht zu allererst dem Zuschauer gefallen?....
0 Punkte für die Episode von Marlon
1 Punkt für Lizzy
3 Punkte für den guten Ohboy
-2 Punkte für die wirklich miserable Optik mit dem ausgelutschten Charme eines analogen Homeviedeos
1 von 10 (Gesamt) [Sorry, deutscher Film! Aber du wirst und wirst nicht besser.]
-=- Die Sektion -=-