Review

Vom Leben, die Einsamkeit darin, dem Tode, der Liebe und dem Sterben darin.

Dass Michele Soavi kein Dilletant ist, bewies er ausserordentlich mit seinen Frühwerken, in denen er, er war ja schliesslich ein Ziehjunge des Italogoremaestros Dario Argento, durchaus Potenzial für den Nachfolger bewies, konnte er ähnlich optikfixierte mit Surrealismus angehauchte Werke abliefern, in denen man durchaus den Einfluss Argentos wiedererkennen konnte. Was Soavi fehlte, waren aber Storys mit Hand und Fuss, mit soviel Phantastik, dass man sich wie in Parallelwelten fühlte, wobei zumeist auch die fehlende Innovation bzw. das Unvermögen diverse Logiklücken und Lächerlichkeiten im Plot zu kaschieren.

Aquarius war ein durchaus verstörender Slasher mit viel Potenzial im Ansatz für Kammerspiele der besonderen Art, zerstörte aber sein Komplettbild mit erheblicher Bezuglosigkeit zum Geschehen.

The Church war optisch reizender und durchaus mysteriös atmosphärischer Templergrusel mit allerlei Ansätzen, bzw. überzeugender Kulisse, haperte aber ebenfalls an seinen tragenden und zwischenmenschlichen Faktoren.

Was kann also ein Dellamorte Dellamore, der so hoffnungsvoll erklingt, dass besagte verträumte Poesie fast schon zur Pflicht wird, reissen? Ein Märchen über die Liebe und den Tod...

Francesco Dellamorte ist ein Einzelgänger. Dazu noch Friedhofswärter auf einem kleinen italienischen Friedhof. Als Assistent dient ihm der etwas stumme und zurückgebliebene Gnaghi, dem seine Faszination tote Blätter sind. Die beiden müssen Reihenweise "Wiederkehrer" toten, denn über dem Friedhof lastet ein Fluch, dass die Toten wenige Tage nach der Beerdigung zurückkommen und rächen wollen. Nachdem Francesco unglücklicherweise seine totgeglaubte Geliebte tötet, gelangt er in einen Strudel aus Alpträumen und bluttriefenden Wahnvorstellungen. Wird sein ohnehin schon klägliches Dasein in der Bedeutungslosigkeit versinken?

Dellamorte Dellamore ist ein eigenartiger, bisweilen wirklich eigenständig wirksamer Film, der sicherlich nicht mit anderen Zombiefilmen vergleichbar ist und auch damit gar nicht verglichen werden möchte. Denn Michelle Soavi, der Regisseur dieses Filmes, hatte gewiss andere Absichten mit diesem recht kostengünstigen, aber dennoch liebevoll ausversierten Filmes.

Von Anfang an ebnet sich eine unheilvolle, gar fremde Atmosphäre, das Filmtempo ist trocken, träge und einschläfernd bizarr, wozu auch noch die ruhige und liebevolle erzählerische Stimme des eigenwilligen Francescos beiträgt. Francesco ist in der Tat ein Eigenbrödler, der als Friedhofsgärtner zwar guten Ruf unter den vornehmen Damen pflegt, aber in seiner Isolation seines Berufes, zu der Erkenntnis gelangt, dass ihm Tote mehr bedeuten als Lebende.

Dabei drängt sich der Film desöfteren, zumindest anfänglich als poetisch getrimmtes Drama auf, mit dem gewissen Gruselflair versehen, bildet sich da schon eine gewisse Gänsehaut, wenn Francesco über die Vergänglichkeit der Liebe, des Todes und des Lebens philosophiert und feststellen muss, wie ähnlich sich das doch alles ist. Und das ist dann eigentlich schon der Haupttenor, die dieser Film schlägt und auch damit einschlagen will, sofern man denn als Zuschauer hinter eine solche aufgesetze Fassade schauen möchte.

Denn leider vermischen sich mit solch poetisch tiefschürfender Dramatik öfters mal gewisse Trashelemente, vorallem wenn der seltsame Assistent Gnaghi die Tochter des Bürgermeister ausgräbt und mit deren Kopf Konversation führt und Lieder singt. Bisweilen, ist auch der Rest recht bizarr und stellenweise unfreiwillig komisch, oder wie soll man eine Frau verstehen, die zuvor mit völliger Abneigung Francesco gegenüber tritt und dann bei Ersichtung des Gebeinhauses wie wild über ihn herstürzt und sich vor sexueller Gelüste nicht mehr halten kann. Oder wie soll man die Mutation aus verbrannten Telefonbuchseiten zu einem Sensemann verstehen, der Francesco befiehlt die Lebenden zu töten, damit sie nicht wiederauferstehen können? Wie viel muss man da noch an einer kryptischen Fassade kratzen, um deren poetische Tiefgründigkeit zu verstehen?

Der Film ist ohne Frage unheilvoll eigenartig verträumt, aber stellenweise doch bloss müder Trash.

Die Entwicklung des Francesco indes, mit seinen Hintergründen, seinen einsamen Vorlieben aber, zeugen von einem gebeutelten, aber genauso als Arschloch triefenden Mann, der aber genau weiss, wie er im Leben steht und wie vergänglich und nichtssagend sein Tun und Dasein ist. Da ist es eben nicht makaber, wenn er reihenweise Untote abschiesst. Er tut halt nur seinen Job und ist dabei wesentlich genauso tot in seinem Tun wie der wahre Tot, weil er mit beständiger Missgunst an Gewohntem festhält.

Und auch wenn der Film reihenweise seltsame Szenen aufwirft, so ist das Ende in seiner Ausdrucksstärke ein Moment, der für immer haften bleibt, und nicht nur dort verfällt der Film in Gänsehautartige bizarre Momente, die uns den gleichen Stellenwert von Leben und Tod näherbringen wollen. Lässt man all die pseudokünstlerische und vorallem verträumte Symbolik an sich vorbeiziehen, so hat man dann wenigstens einen wunderschönen Friedhof, ein paar Zombies, ein paar blutige, aber sehr billige Effekte und etwas sexorientierte Szenen. Alles andere wird den geneigten Zombiefilmfan, der einen hohlen Schmuddler erwartet eh nicht interessieren.

Fazit:
Dellamorte Dellamore ist träge, sehr verträumt und äusserst eigenwillig in seiner Inszenierung, Aussage und Faszination. Stellenweise haftet hinter dieser kryptischen Poesie aber zu oft ein recht unfreiwillig komischer Deckmantel von Trash. Im Gesamten ist der Film aber doch zu ruhig und zu unblutig um leicht Sehbar und Geniessbar zu sein. Für viele sicher ein Film, der berührt und verzaubert, für mich ebenfalls, auch wenn er anstrengend ist und den man nach Ansehen sacken lassen muss.

77%

Tod,Tod schwingt sich herab.
Stürzt uns voll Lust in sein finstres Grab.
Tod, der das Grauen in Händen hält.
Verbirgt sein Gesicht vor den Augen der Welt.
Tod, geboren als Lebenswille.
Bringt Hass und Liebe.
Dann zeigt er dir mit Paukenschlag,
an deinem jüngsten Tag,
das Grauen, dass noch kommen mag.
Anfang, Ende, auf Ewig. Amen.

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