Star Wars Episode III – Die Rache der Sith
Ich denke, über diesen Film ist bereits alles gesagt und geschrieben worden, soweit er als einzelner Teil einer Saga bewertet wurde. Für mich stellt sich jedoch auch die Frage, ob Lucas die äußerst schwierige, selbst auferlegte Aufgabe der Integration in die gesamte Serie einschließlich der alten drei Teile bewältigen konnte.
In diesem Zusammenhang fällt mir auf, daß viele Kritiker – besonders diejenigen, die negativ bewertet haben – die Stellung dieses Films als Abschluß der neuen Trilogie selten umfassend gesehen haben. Besonders häufig wird bemängelt, die neuen Filme seien in erster Linie als hart kalkulierte Kommerzprodukte zu sehen, während dies auf die alten drei Teile nicht zuträfe, insbesondere die Charakterzeichnung sei im Vergleich zu den Klassikern zu kurz gekommen.
Meiner Ansicht nach hat Lucas die Charaktere in der neuen Trilogie weitaus subtiler gezeichnet, als er es in den alten Teilen getan hat. Während dort fast ausschließlich mit Stereotypen gearbeitet wurde (besonders erwähnt sei hier der von vielen in den neuen Filmen vermißte Han Solo, ein Charakter, der aus einem alten Eastwood-Western entlehnt worden sein könnte), versucht er hier, über die ganze neue Trilogie Entwicklungen in den Figuren darzustellen.
Es stellt sich nun die Frage, ob ihm dies gelungen ist.
Häufig wurde bemängelt, Ewan McGregor sei kein glaubwürdiger junger Obi Wan, Hayden Christensen sei eher ein spätpubertierender Rotzbengel, der einem Boygroup-Casting entsprungen sein könnte, und die zwischen den Figuren gesprochenen Dialoge seien hölzern, um ein harmloses Adjektiv zu verwenden.
Darüber hinaus seien die einzigen Stars der Filme die Special Effects.
Dankenswerterweise hat Lucas darauf verzichtet, zentrale Figuren mit bereits etablierten Megastars zu besetzen, wenngleich Christopher Lee oder Liam Neeson mit von der Partie sind (wobei Letzterer seinen Part in Episode I eher lustlos abspult).
Natalie Portmann oder Hayden Christensen und insbesondere Christensen und Ian McDiarmid bekommen hier die Gelegenheit, durch die viel kritisierten Dialoge, ihren Figuren Leben einzuhauchen, und um es vorwegzunehmen, ich denke, sie meistern diese Aufgabe mit Bravour.
Bereits in Episode II, in den von vielen als „Liebesgeschnnulze“ abgetanen Gesprächen zwischen den beiden, kommt deutlich insbesondere Anakins Haltung zum politischen System auf Coruscant zum Vorschein. Seine Aussage, ein Mann der das Richtige für alle tue, sei besser als ein untätiges Parlament, legt einen deutlichen Grundstein für seine in Episode III dargestellte Beziehung zu Palpatine. Dies in eine Szene zu integrieren, die von unbeschwerter Atmosphäre dominiert wird (der „Kuhritt“ vor den Wasserfällen), gibt der Situation meiner Ansicht nach erstrecht einen Eindruck von schleichender Gefahr, und diesen setzt Lucas in Episode III konsequent fort, indem er Anakin gleich nach dem actionreichen Auftakt von der Angst heimsuchen läßt, seine Amidala zu verlieren. Daß diese von einem simplen, immer wiederkehrenden Alptraum erzeugt wird, mag konstruiert erscheinen, jedoch zeigt sich hier ein weiterer Schritt auf dem von Furcht gepflasterten Weg zur dunklen Seite, den Yoda immer wieder anspricht. Dies, kombiniert mit Anakins bereits erwähnter latenter Akzeptanz eines faschistischen Systems, führt schließlich zu einem Dialog zwischen ihm und Palpatine, der nicht genialer hätte inszeniert werden können.
Als Palpatine Anakin von Darth Plagous erzählt, teilt Lucas dem Zuschauer einige Details zur gesamten neuen Trilogie mit, die seltsamerweise von allen Kritikern unkommentiert blieben.
Hier wird gesagt, daß Darth Plagous die dunkle Macht derart manipulieren konnte, daß er mit ihr Leben schaffen konnte, und daß er alle seine Fähigkeiten an seinen einzigen Schüler weitergegeben hat (wir erinnern uns bereits hier an das Ende von Episode I zurück, wo darauf hingewiesen wird, daß die Sith immer als Duo in Form eines Meisters und eines Schülers auftreten).
Palpatine teilt weiter mit, daß Darth Plagous demgegenüber nicht sein eigenes Leben schützen konnte, da er von seinem (einzigen) Schüler im Schlaf ermordet wurde. Allein die Tatsache, daß Palpatine hiervon weiß belegt, daß er der Schüler von Plagous gewesen sein muß, der seinen Meister umbrachte, nachdem er alles von ihm gelernt hatte, einschließlich der Schaffung von Leben mit der dunklen Macht. Jetzt denken wir erneut an Episode I zurück, an die Szene, in der Qui Gon Jinn Anakins Mutter fragt, wer Anakins Vater sei. Sie antwortet daraufhin, Anakin sei ohne Vater „ganz einfach gekommen“.
Der hieraus für den Zuschauer zu ziehende Schluß ist unerhört: Palpatine hat Anakin soeben mitgeteilt, daß er Anakins Vater (zumindest im Sinne eines Erzeugers) ist, eine Tatsache, die besonders den negativ eingestellten Kritikern offenbar total entgangen ist. Die Szene zeigt für mich ganz klar, daß Lucas hier teileübergreifend gedacht und konstruiert hat und daß er durchaus in der Lage ist, subtil zu arbeiten. Darüber hinaus wird klar, daß er ein ausgeprägtes Gespür dafür hat, Rollen mit den richtigen Darstellern zu besetzen, denn Ian McDiarmid darf hier endlich sein Talent voll ausfahren. Im Gegensatz zur häufig vorgebrachten Kritik, der Übergang von der Demokratie zum Imperium gehe viel zu schnell und sprunghaft vonstatten, legt er seine Maske des besorgten Mentors sehr langsam ab, immer gerade so viel, wie es für sein augenblickliches Ziel erforderlich ist.
So ist für mich auch die Auseinandersetzung zwischen Palpatine und Mace Windu, in die Anakin dann eingreift, kein abrupter Übergang zum bösen Anakin, sondern das Ergebnis einer sorgsamen Vorbereitung. Der einzige Kritikpunkt in diesem Zusammenhang mag sein, daß Lucas die Einzelheiten zu versteckt mitgeteilt hat, jedoch dürfen wir nicht vergessen daß dies dem Vorwurf einer zu platten oder kommerzorientierten Inszenierung Vorschub geleistet hätte.
Lucas ist weder Emmerich noch Bruckheimer, und Episode III belegt dies in sehr eindrucksvoller Weise.
Jedoch zeigt dies auf den zweiten Blick auch, wo bei Lucas´ Drehbüchern der Kritikpunkt liegt: während er einzelne Szenen sehr konsequent konstruiert, hat er stellenweise Probleme, einen stringenten roten Faden zwischen den Szenen zu ziehen, was sich besonders im Übergang zwischen der martialischen Eröffnungssequenz und der im Anschluß folgenden Zweisamkeit zwischen Anakin und Amidala zeigt.
Die Anflüge von Humor, die zu Beginn gezeigt werden (hierzu gehören die Dialoge zwischen Anakin und Obi Wan und auch R2D2´s Betätigung als Flammenwerfer) wirken deplaziert und bieten keine ausreichende Basis für den späteren Verlauf des Films, und zwar in einem Maße, daß man den Szenenübergang bereits als Stilbruch bezeichnen kann. Dies läßt dann auch gleich zu Beginn des Films befürchten, daß sich Episode III nur unvollkommen als Übergang zur alten Trilogie zeigen wird.
Hier wurde bereits viel und ausreichend darüber diskutiert, ob einzelne Handlungsfäden korrekt miteinander verbunden werden, für mich war in erster Linie problematisch, daß die zum Untergang der Republik führenden Klonkriege, die bereits in Episode IV erwähnt wurden, nur ein Randgeschehen darstellen.
Zwar spielt die komplette Story vor deren Hintergrund, die Klonkriege selbst werden jedoch nie unmittelbar Teil derselben, weil weder Obi Wan noch Anakin wenig mehr als Gastspiele in den Kampfhandlungen geben, und dies war eine Erwartung, die sich für mich nicht erfüllt hat. Man mag mir entgegenhalten, daß der Teil der Story, die mit General Grievous zu tun hat, genau dies übermittelt, jedoch handelt es sich auch hier nur um einen Minimalausschnitt einer gesamten Situation, der obendrein einen hustenden Roboter in den Mittelpunkt stellt.
Dennoch funktioniert Episode III als Teil der Saga wunderbar, denn einerseits stellt der Film auf einer Ebene das Gleiche dar, wie es bereits die alten Filme getan haben, nämlich flott inszeniertes Unterhaltungskino. Wer tiefgreifende Dialoge mit philosophischem Inhalt sucht, war bei Star Wars noch nie richtig aufgehoben, auch in den Siebzigern nicht. Demgegenüber versteht es Lucas, tiefere Einblicke in seit damals bekannte und beliebte Figuren zu geben, die einer gewissen Konsequenz nicht entbehren. Welcher damals zehn- oder zwölfjährige Junge, der Ende der Siebziger den dunklen Darth Vader „cool“ fand, hätte sich jemals träumen lassen, daß er unter anderem durch den eiskalten Mord an den Younglings zu dem werden würde, was man damals so bewundert hat…
8 von 10 Punkten