Es ist vollbracht. Es ist vollendet. Die Saga vollendet. Das letzte Mosaik im lucaschen' Fantasy-Fresko gelegt. Treten wir zurück, atmen ob schier fühlbarer Filmgeschichte einmal durch und begutachten nun das Gesamtwerk.
Die Premiere von "Star Wars" löste 1977 ein Beben aus, das die Kinolandschaft prägte und veränderte. Das Event-Kino war geboren. Das Sammelsurium der simpel strukturierten, prägnanten und zupackenden Archetypen traf den Nerv des traumatisierten Post-Vietnam-Amerikas, und der charmante Raubbau klassischer Mythologien sorgte dafür, das der Film samt Nachfolgern und seiner Merchandising-Schwemme auch im Rest der Welt gierig aufgesogen wurde. Alte Geschichten zwar, aber in aufregenden neuen Gewändern. Und über Jahre wurde das "Star-Wars"-Universum in den Köpfen der Fangemeinde mit immer neuen Büchern, Comics, Videospielen, Stories, Charakteren weiter aufgepumpt. Als Prämisse hätte 1999 zum Start von "The Phantom Menace" deshalb gelten sollen, mit den Vorstellungen und Phantasien der Fangemeinde über die Ereignisse vor "A New Hope" zu korrespondieren, bestenfalls zu ergänzen. Aber George Lucas betrieb eine Entmystifikation, die manchmal gar einer Demontage gemahnte.
Die Teenager-Generation von '77 war erwachsen geworden, den Kinogänger der aktuellen sind der "Krieg der Sterne" ebenfalls wohlbekannt und beliebt, gleichzeitig sind sie aber auch gesättigt durch das alljährliche Ritual der millionenteuren Sommerblockbuster. Eine Entwicklung, an der Lucas ironischerweise entscheidenden Anteil hat. Zudem zog die grafische Darstellung von Gewalt auf der Leinwand mit dem Erfolg von Stallone, Schwarzenegger und Co. im Laufe der letzten 20 Jahre deutlich an, die Zuschauer wurden abgehärtet.
EPI aber setzte auf die radebrechende Comedy eines Jar-Jar-Binks, auf die Rücksetzung eines Obi-Wan-Kenobi in die zweite Reihe der Handlungsfiguren, das verschenkte Potential eines Darth Maul und die Entzauberung der Macht als allumfassendes Kraftfeld. Zumindest hielt die Technikabteilung von Lucasfilm und Liam Neeson tapfer dagegen. Schmerzlich wurde so der Unterschied zwischen der einstigen Naivität und dem aktuellen Banalismus klar.
Der Nachfolger krankte an der Überladung mit selbst für Star-Wars-Relationen überzogenen Actionsequenzen und Handlungselementen, unausgewogenem Filmschnitt und einem Anakin Skywalker wie geradewegs vom Boygroup-Casting entfleucht, was durch die schlechte Synchro in der deutschen Fassung noch verschlimmert wurde. Zudem traten überdeutlich die Probleme der Konvertierung des digitalen aufs analoge Filmaterial zum Vorschein; computergenerierte Hintergründe wirkten zu wenig plastisch und oft verschwommen, ähnlich einem schlechten Matte-Painting klassischer Machart.
Freilich sollte hier nicht verschwiegen werden, das auch in "Return Of The Jedi" nicht alles Gold war, was an Dramaturgie und Dialogen hätte glänzen sollen. Die Faszination und der legendäre Ruf der Reihe begründet sich so hauptsächlich auf die spielerische Leichtigkeit des ersten und den Mystizismus sowie der sinnvoll vertieften Geschichte des zweiten Films.
Mit "Episode III-Revenge Of The Sith" kündigte Lucas dann den finstersten, gar brutalsten Teil der gesamten Saga an und prophezeite deshalb die schwächsten Boxoffice-Ergebnisse aller sechs Filme. Damit dürfte er sich geirrte haben, denn seine Ankündigungen klangen in den Ohren der Fans wie ein Besserungsgelöbnis, die Sorge um eine erneute Enttäuschung war aber deshalb nochmal so groß.
Tatsächlich erweist sich die qualitative Steigerung gegenüber den Vorgängern als jederzeit deutlich sichtbar, teilweise sogar enorm. Mit seinem letzten Auftritt in der Jedi-Robe hat sich Ewan McGregor perfekt in die Rolle des Alec-Guiness-Nachfolgers ( besser: Vorgängers ) eingelebt. Hayden Christensen hat sein Mimenspiel seit "Attack Of The Clones" sehr verbessert und wirkt nicht mehr so bübchenhaft, sondern deutlich erwachsener. Und auch Samuel L. Jackson & Ian McDiarmid bekamen genügend Screentime eingeräumt und ihre Rollen entscheidend aufgewertet, wer so großartige Arbeit leistet muss Spaß an der Sache haben. Endlich wurden den Schauspielern nicht mehr derart schmalzig-hohle Dialoge in den Mund gelegt wie einst bei den Kaminplaudereien zwischen Christensen und Portman in "Attack..", welche streckenweise derart peinlich waren das der beschähmte Zuschauer hoffte vom Kinosessel verschluckt zu werden. Zumindest in der Originalfassung konnte Lucas so bis auf einige wenige Ausrutscher auf glattem Liebesparkett die Peinlichkeiten hervorragend umschiffen. Wie es diesmal um die deutsche Synchronisation steht, vermag der Rezensent aber momentan nicht zu sagen. Auch technisch wird sich diesmal keine Blöße gegeben, das Zusammenspiel der realen mit digitalen Charakteren gelingt perfekt. Mehr noch - die Messlatte für zukünftige Effektspektakel konnte abermals ein Stück höher an die Grenze zur Perfektion gelegt werden. Ob die beeindruckende optische Tiefenwirkung der Raumschlacht zu Anfang, die Plastizität und Animation General Grievous' und seiner Leibwache oder die Impressionen kilometertiefer Häuserschluchten auf Coruscant und hitzeflimmernder Lavafälle auf Mustafar, Industrial Light & Magic hat die Schwachstellen der Vorgängerfilme erkannt und konsequent ausgemerzt. Das visuelle Design hält einem prüfendem Blick jederzeit stand und verwöhnt in Actionszenen, die tatsächlich nicht wie der Trailer zu einem neuen Videogame wirken. Und endlich bietet der Film das, wonach die Fans zwei Filme lang gierten: nämlich berührende und vor allem inspirierte Momente. Wenn sich Palpatine in seinem Büro Skywalker als Sith-Lord offenbart, er von Mace Windu gezeichnet und deformiert vor dem Senat das erste galaktische Imperium ausruft, Kenobi und Vader sich vor dem Höllenschlund Mustafars duellieren und Vaders verstümmelter, verbrannter Körper vom Imperator geborgen wird, atmen Film und Zuschauer pure Star-Wars-Atmosphäre. Überhaupt erhält man den Eindruck, George Lucas habe sich vor Drehbeginn die alten Filme noch einmal zu Gemüte geführt, die große Anzahl an Zitaten, Verweisen und die Korrektur einiger früherer Anschlußfehler an die Ur-Trilogie zeugen sowohl vom Wunsch auf Wiedergutmachung als auch vom Zugeständnis, mit den Episoden I + II zuviel Zeit an uninteressante und -wichtige Handlungsstränge und -details verloren zu haben. So wirkt die Story trotz des guten Schnittrhythmus, dem besten der drei neuen Filme, manchmal etwas gequetscht, die zeitliche und räumliche Abfolge der Handlungen etwas zu eng positioniert. Das zentrale Element der Verführung Skywalkers zur dunklen Seite der Macht hätte so zum Beispiel noch viel früher und subtiler einsetzen müssen, um beim Zuschauer stärker zu wirken. Natürlich hat das psychologische Fundament der Wandlung lediglich die Massivität von Zuckerwatte, aber wer sich darüber mokiert, dann auch über Explosionsgeräusche im luftleeren Raum.
Aber das meiste vergeben und fast vergessen; denn wenn Lucas die letzten Minuten nur noch Bilder sprechen und John Williams Score donnern lässt, entlässt er den Zuschauer schließlich doch noch versöhnt und mit dem Wissen, das "Star Wars" trotz aller Kritik und verpassten Chancen immer noch ein Stückchen mehr ist als die meisten anderen Big-Budget-Produktionen.