Kombat Sechzehn (9/10)
Dieser Film macht, trotz des "Happy Ends" (der Hauptdarsteller verläßt die Gruppe), Angst vor der Zukunft. Vor allem die Szenen in der Schule lassen erahnen, welches explosives Drittel der Gesellschaft da heranwächst, für das Gewalt und Agressivität genauso normal ist wie das tägliche Mittagessen.
George, der Hauptdarsteller, zieht nach Frankfurt/Oder, weil sein Vater beruflich aus Frankfurt weggezogen ist. Sie verschlechtern sich wohnlich, und zwischen dem Vater und dem Sohn, aber auch zwischen seiner Schwester und Georg gibt es Reibereien.
Dazu kommt noch, daß George als Wessi sich erst behaupten muss in einer Gruppe von Rechtsradikalen oder später Skinheads, deren dumpfes Auftreten und Dummheit eine Atmosphäre der latenten Agressivität erzeugt.
Georgs ganze liebe ist asiatischer Kampfsport, und als sein Vater ihn von der Kampsportschule in Hessen abmeldet, verliert er völlig die Orientierung. Als seine schwarze Freundin auch noch mit einem anderen herumknuddelt, und er daß bei einem spontanen Besuch mitbekommt, dreht er völlig durch. Er verändert sein Aussehen und wird zum Skinhead.
Der Film zeigt gut das persönliche Verändern von Georg. Nicht nur das Behauptenmüssen in einer neuen Stadt, sondern vor allem die persönliche Frustration und Ohnmacht führen dazu, dass er Dinge tut, die er nur aus Verzweiflung und Selbsthass begeht. Eine hervorragende Szene ist die im Zug, als er nach Frankfurt/Oder zurückfährt, und die Schmuserei seiner Freundin mit einem Trainingskollegen mitbekommen hat.
Der ganze Film enthält Szenen, wie gesagt, die einen Staunen und Fürchten lassen, ob eine solche Jugend noch Zukunft hat. Der Unterricht ist eine Mischung aus Papierkügelchen werfen, Beleidigungen, Anfeindungen und geistiger Abwesenheit.
Ähnlich wie in American History X, aber weit unerträglicher, ist die "Kantenbeisser"-Szene am Ende des Films, eine Szene, die mich nur noch zum Wegschauen animierte. Und diese Szene zeigt ganz deutlich, wie schnell Spielereien dummer junger Männer, zusammen mit Ritualen und Männlichkeitswahn, zu einem Mix der Grausamkeit ausarten kann.
Was mir besonders gefallen hat, ist die genaue Beobachtung der Charaktere: jeder trinkt Alkohol und raucht, eigentlich nur Aktivitäten von Unterschichten, nicht aber von "Männern", die sich andauernd Lieder vom "unsterblichen Kameraden" anhören. Am Anfang des Film lacht man noch über das Auftreten des Gruppanführers, wie er in seiner schlabbrigen Hose und billigen Stiefeln wie ein großer Herr umherläuft. Das Lachen bleibt einem aber bald im Halse stecken.
Das ist das große Verdienst des Films, daß er Georg genau beobachtet und seine Ohnmacht und Wut zeigt, die aus einem eigentlich "normalen" Menschen ein hasserfülltes Wesen macht, weil ihm das genommen wird, was er liebt oder was ihm im Leben wichtig ist. Dazu gehört auch, daß sich der Vater mit einer Ohrfeige Respekt erzeugen möchte, aber seinen Sohn nur noch mehr in eine Trotzreaktion hineinbringt.
Ein Film für ein anspruchvolles Publikum, mit einem beinahe unerträglichem Ende, aber ein Film, der eine Diskussion in Gang bringen kann.
Sehenswert