Review

Nach zehn Tagen nachträglichem Einwirken sieht ein Film meistens ganz anders aus, als gleich im Anschluß an den Kinobesuch. Und das gilt auch für Planet der Affen.
Ursprünglich war ich durchaus zufrieden mit dem letzten großen Popcornfilm des Sommers, keine Lust auf eine große Meckerei, vermutlich weil die übliche geistige Leere dieser Filmgattung hier mit ein paar Lichtlein gefüllt war. Man ist ja so dankbar für ein wenig Qualität.
Im nachhinein kommen dann aber doch Bedenken. Da wäre zunächst der leidige, oft gebrauchte Vergleich mit den fünf Originalen, die wir hier mal auf die ersten, ernstzunehmenden drei reduzieren wollen. Die hatten mit einigen Pfunden zu wuchern: Zivilisationskritik, der Umgang mit "Anderen", der Mensch als bedrohte Gattung, die Angst vor der Atombombe, Tierversuche und und und...
Da kann Burtons Planet schwerlich mithalten, wenn es denn auch ein wenig versucht wird, wenn die Affen den Menschen eine Seele absprechen und die sich schneller vermehrenden Menschen als zivilisatorische Bedrohung ansehen. Leider werden diese Themen hier auch nur angerissen, denn in ihrer Anlage liegt auch gleich ihr größtes Problem. Die Menschen auf dem "neuen" Planeten sind schon in der Überzahl, haben Sprache, Bewußtsein, sind entwickelt und sich selbst bewußt. Überhaupt fällt es schwer, einen Grund zu finden, warum sie sich bis jetzt nicht besser organisiert haben, um gegen die Affen zu kämpfen, abgesehen mal von deren größerer Kraft und Behendigkeit. Damit ist das Szenario für Leo Davidson gar nicht so erschreckend, wie es für Heston und Co gewesen sein muß. Das Schockpotential für den Zuschauer ergibt sich in keiner Szene, wenn man bedenkt, daß Hestons Mitreisende noch seziert und ausgestopft wurden. Hier machen die Männ- und Weiblein auf Hausdiener und Sklaven, geradezu eine Niedlichkeit im Vergleich. So kommt auch der angenommenen Minderwertigkeit/Seelenlosigkeit der Menschen eine völlig untergeordnete Bedeutung zu. Eine Erwähnung wegen des Effekts, mehr nicht.
Ein wenig Zivilisationskritik wurde zwar schon eingestreut (der Leierkastenaffe mit dem kleinen Menschen als Münzsammler, das kleine Mädchen als Barbie-Ersatz und Haustier), doch bedeuten sie hier nurmehr optische Feinheiten, kleine Gags, Auflockerungen zum allgemeinen Spaß. Man ahnt zwar, daß Burton hier seinen typischen Humor in die Waagschale geworfen hat, doch allzuviel ist davon nicht zu spüren.
Wenn denn mit einem Thema überhaupt gearbeitet wird, dann ein wenig mit Genetik, doch über Ansätze gerät dies auch nicht hinaus, da es lediglich als Aufhänger für die gesamte Geschichte dient.
Glatt verwerfen können wir auch die vielgedruckte Mär von Charlton Hestons Warnung vor Feuerwaffen, wenn er im wirklichen Leben Aushängeschild der NRA ist. Denn erstens erklärt er nur, daß Feuerwaffen wohl einst Schreckliches angerichtet haben, überläßt die Waffe dann zweitens kommentarlos seinem gewaltgeilen Filius, um drittens mittels letztem Atemzug zum totalen Krieg gegen die Menschen zu blasen.
Und damit haben wir dann auch den nötigen Bombast für eine ordentlich finale Affenschlacht, die jedoch gegen Produktionen wie "Mumie 2" mächtig abstinkt, weil sie wegen des geldbringenden Ratings nicht richtig hart sein darf.
All diese thematische Durchsichtigkeit personifiziert sich schließlich in Hauptdarsteller Mark Wahlberg, der die wahre Schwäche der Produktion verkörpert.
Das ist jetzt nicht Wahlbergs Schuld, obwohl ich zugestehen muß, daß es ihm an Größe und Charisma mangelt, um z.B. mit Heston mithalten zu können. Um es auf den Punkt zu bringen, Clooney wäre besser gewesen.
Er erhält jedoch auch keinerlei Unterstützung durch das einfallslose Drehbuch, daß mit atemberaubender Geschwindigkeit auf seinen Plot-Twist am Ende zusteuert, ohne daß sich eine Geschichte entwickeln kann. So hat denn Davidson/Wahlberg auch keinerlei Konfliktpotential. Sein Charakter will, und das gibt ihm verwandtschaftliche Nähe zum guten alten E.T., einfach nur nach Hause. Diese höchste Priorität bestimmt sein ganzes Handeln, was doch tatsächlich dazu führt, daß er angesichts von menschengroßen, sprechenden, bewaffneten Affen, die Menschen fangen, sich nur zu einem kurzen kindlichen Staunen herabläßt und auch später keinen mitreisenden Menschen mal fragt, was die Chose hier zu bedeuten hat. Gut, strafen wir den Irrsinn halt mit Nichtbeachtung. Hilft auch gegen den psychischen Druck. Und das hält Davidson durch bis zum bitteren Ende, wenn die Affenarmee ihm schon beinahe in den Arsch beißt, ehe er sich extrem widerwillig daran macht, so etwas wie einen Widerstand zu organisieren und Verantwortung zu übernehmen, was sich dann aber auch nur auf eine Idee beschränkt.
Da wundert es bei soviel Desinteresse kaum, daß es bis zum Abschied dauert, bis er sich zu einer gefühlsmäßigen Regung herabläßt, obwohl ihn sowohl Menschen- wie Affenmädchen dauerhaft anschmachten. Während im Film darauf nur mit leichtem Bedauern im Blick reagiert wird, bringt das sture Nicht-links-oder-rechts-sehen das Publikum doch langsam aber sicher in Rage, da das gar zu unheldenhaft ist. Klar machen wir uns Sorgen um den Heimweg, aber Affenplaneten brauchen doch echte Kerle! Vielleicht doch eine geschickte Satire auf den modernen verantwortungslosen Menschen, das würde zum Regisseur passen.
Wenn der Protagonist sich den gängigen Hollywood-Konventionen so geschickt verweigert, muß also das Hauptgewicht auf den Affen liegen, was Burton sicher entgegen gekommen ist, da er sich ohnehin lieber dem Häßlichen widmet.
So ist denn Tim Roths Thade auch der erklärte Liebling des Films, knapp gefolgt von Helena Bonham Carter als Ari, die dann auch das meiste Gefühl in den Film einbringt. Im Vergleich dazu wirkt Schmolllöckchen Estella Warren wie ein schnell entliehenes Studioline-Modell kurz vor der dritten Tube Volumen-Schaum.
Die Konzentration auf die Affen wirkt sich auf den Film durchaus positiv aus, wenn auch die erneute Jagd auf einen recht überraschend gestrickten Plot, wieder die Möglichkeit einer ausführlich erzählten Geschichte auslöscht.
Tricktechnisch können wir zwar nicht meckern, vor allem die Masken sind mehr als beachtlich, doch was die Burtonschen Einfälle angeht, fehlt einfach die nötige Skurilität.
Da wirkt es schon wie ein bemühter Lacher, wenn auf der Flucht durch diverse Schlafzimmer (aua) auch noch gerade die Räume durchquert werden, wo sich Leute aufhalten, mit denen man schon Kontakt hatte (auaua) oder die man noch dringend mitnehmen muß (aaargh).
Über die üblichen Zeitreiseproblematiken breiten wir mal gleich das Mäntelchen des Schweigens.
Wir wollen ihm jedoch gutschreiben, daß es nur eine Auftragsarbeit war - von einer Fortsetzung will er ja die Finger lassen.
Apropos Fortsetzung, da wäre ja dann noch der gewählte Schlußgag (angeblich einer von acht), der nicht nur Horden von Filmfans zu wochenlanger Diskussion angeregt hat (weil er nämlich ganz schön blöde ist und nicht so schnell logisch erklärt werden kann), sondern auch seine Existenz auch nur der Forderung nach einer garantierten Fortsetzung verlangt.
Anstelle eines gewissen heftigen Kniffs kommt hier der Schlußgag so abnormal und knüppeldick, daß das eigentlich nur ein schlechter Scherz sein kann. Gut, Fortsetzung erzwungen, nun schreibt mal schön.
Dumm nur, daß schon bei Teil 1 hier das Script der größte Schwachpunkt war. Trotzdem rennen Horden von Menschen in den Film, was erträglich ist, denn so schlimm ist er gar nicht. Affen made by Burton können unterhalten - hat auch bei mir funktioniert - aber bei genauen Hinsehen wenig mehr.
Ach, und das Original (samt 2.Teil) hätte ich jetzt gern mal wieder gesehen, allein wegen des Hauchs von Sf-Filmgeschichte, der mich dabei umweht. Neulich im Kino war in diesem Punkt leider Windstille.
(6/10)

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