Atmosphärische Spukhaussparsamkeit
Für Spukhausfilme, gerade jene die schon einige Jahre und Jahrzehnte auf dem Buckel haben, muss man in der richtigen Stimmung und „State of Mind“ sein. Und für einen der Klassiker in diesem Genre, einem der an seinem Budget gemessenen erfolgreichsten Grusler seiner Epoche, für „The Amityville Horror“, war ich genau das letzte Nacht. Zum Glück, denn auf dem falschen Fuß erwischt kann man über diesen großspurigen Hollywoodhorrorhumbug auch gerne lachen und den Kopf schütteln… Erzählt wird von einem abgelegenen Landhaus, in das eine neue Familie einzieht. Und sie können sich das Traumanwesen nur leisten, weil dort ein Jahr zuvor ein Vater und Ehemann seine komplette Familie und sich selbst erschossen hat. Und nun fallen auch den neuen Bewohnern schnell seltsame Dinge in ihrer neuen Bleibe auf… Beruhend auf „wahren Begebenheiten“, natürlich.
Stubenfliegen bekriegen im Liegen
Ich mag ja auch das Remake mit Ryan Reynolds, aber dieses Original (wieder) zu sehen ist auch interessant. Er ist schon irgendwie ein Klassiker seines Spukgenres, zumindest was Erfolg, Franchise und Einfluss betrifft. Über die Qualität lässt sich streiten. Für mich hat er allerdings ein paar Stärken und Stereotype auf den Weg gebracht, die man nicht verleugnen kann. Doch ich kann auch verstehen, wie und warum dieser erste „Amityville Horror“ heutzutage langweilig bis lächerlich wirken kann. Allein die Szene mit den Fliegen und dem Pastor hat man ja schon dutzendfach von „Scary Movie“ bis „Die Nackte Kanone“ veräppelt gesehen. Aber das lässt diesen noch klar den 70ern verschriebenen, behäbigen Grusler nicht automatisch nichtig werden. Margot Kidder ist eine Augenweide. Das Thema der häuslichen Gewalt schwingt ständig mit. Es gibt ein paar Schocker und frühe Jumpscares, die sich dann aber meist als Traum- oder Traumasequenzen entpuppen. Etwa die Holzfälleraxt in den Kopf. James Brolin spielt den in den Wahnsinn abgleitenden Familienvater vollkommen passabel - er ist nicht die einzige Parallele zu Kubricks ein Jahr später erschienenen „Shining“. Auch hier blutet mal die Einrichtung oder muss eine Holztür dran glauben. Der rote Filter über dem unvergesslichen Haus. Deswegen darf man die ikonische Wirkung von „Amityville Horror“ nicht abtun - selbst wenn's sowohl damals als auch in den fast vier Jahrzehnten seitdem natürlich dutzende empfehlenswertere Spukhausfilme gibt. Und ich mir sehr unsicher bin, ob ich mir von den erstaunlich zahlreichen Fortsetzungen noch eine oder mehrere antun soll…
Fazit: ein (deutlich verblasster, in die Jahre gekommener) Klassiker des Haunted House-Genres - total 70er, total „authentisch“, total franchiseverdächtig. Oder auch nicht. Dennoch kann ich diesem Original schon etwas abkaufen. Vor allem wegen seiner dichten Textur. Für bare Münze sollte das aber natürlich niemand nehmen.