Review

Es ist ein etwas sonderbarer Klassikerstatus, den sich Rosenbergs von Samuel Z. Arkoff produzierter "The Amityville Horror" sichern konnte: Er besitzt durchaus Relevanz, Prestige und Popularität, hat sich aber nach seinem großen kommerziellen Erfolg im Laufe der Jahre zu einem bloß sehr eingeschränkt wertgeschätzten Genreklassiker entwickelt, der immer wieder auch ausgesprochen harsche, hämische Verrisse erntete und auf der IMDb derzeit bei einer relativ unbeeindruckenden 6,2/10 liegt.
Gewiss kommt eine Genrefilmgeschichte nicht an Rosenbergs Film vorbei: Produzent Arkoff ist eine bedeutsame, wenngleich nicht immer auch für Qualität einstehende Größe im Genre, Regisseur Rosenberg, ein alterfahrener Fernseh-Routinier, hatte mit "Cool Hand Luke" (1967) - und später mit "Brubaker" (1980) - unumstrittene US-Filmklassiker abgeliefert und mit James Brolin, Margot Kidder und Rod Steiger standen gleich drei talentierte und angesehene Schauspielgrößen - zu denen sich noch respektable Nebendarsteller wie Murray Hamilton, James Tolkan, Don Stroud oder John Larch gesellten - vor der Kamera, für welche sich zudem Fred J. Koenekamp verantwortlich zeigte, der zwar nicht zu den bekanntesten Namen seiner Zunft zählt, aber seine Kompetenz in visuell bestechenden, großen Titeln wie "Patton" (1970), "Papillon" (1973) oder "The Towering Inferno" (1974) unter Beweis gestellt hatte. Auch Komponist Lalo Schifrin hat unter seinen immer soliden, aber nur selten einprägsamen Soundtracks (u.a. für "Bullitt" (1968), "Dirty Harry" (1971), "THX 1138" (1971), "The Four Musketeers" (1974)) manch populäre Ohrwürmer wie das "Mission Impossible"-Thema - welches seine Wirkung sicherlich nicht ausschließlich der beständigen Wiederholung verdankt! - zu bieten und trägt bei "Amityville Horror" noch am stärksten zum seriösen & hochwertigen Eindruck bei. Und Cutter Robert Brown, der zuvor bloß bei "Damien: Omen II" (1976) mitgewirkt, dort aber (etwa bei der Fahrstuhlszene) ganze Arbeit geleistet hatte, sollte später bei einer ganzen Reihe von noch heutzutage beliebten Publikumserfolgen mitwirken (darunter "Brubaker" (1980), "Police Academy" (1984), "The Lost Boys" (1987), "Flatliners" (1990), "Lethal Weapon 3" (1992), "The Ghost and the Darkness" (1996)).
Hinzu gesellt sich ein ordentliches Budget, das leicht unter dem Budget vielversprechender Projekte wie "Damien: Omen II" oder de Palmas "The Fury" (1978) und deutlich unter dem Budget von Prestigeprojekten wie Badhams "Dracula" (1979) und Kubricks "The Shining" (1980) lag, aber weniger gewichtig auftretende Projekte wie "When a Stranger Calls" (1979), "Phantasm" (1979) oder "Halloween" (1978) mit seinen rund 4 Millionen Dollar gehörig überstieg und in die Sparte von grundsolide & ambitioniert produzierten Werken wie "The Sentinel" (1977) fällt und trotz seiner Herkunft aus den AIP-Studios als Big Budget-Horror aufzufassen ist.
Auch die fast zweistündige Laufzeit lässt auf größere Ambitionen schließen... ganz zu schweigen davon, dass der kommerziell unerhört erfolgreiche Film - der sicher nicht auf realen Ereignissen, aber doch auf sehr realen Behauptungen basiert - sieben/acht Fortsetzungen und zwei Reboots nach sich zog, deren jüngstes (Franck Khalfouns "Amityville: The Awakening" (2017)) allerdings eine langwierige Produktions- & Veröffentlichungsgeschichte hinter sich hat, die etwa fünf Jahre umfasst. Mit "Conjuring 2" (2016), James Wans jüngstem Beitrag zur kleinen Welle nostalgischer Geister-/Spukhausfilme, huldigt zudem einer der beliebtesten Horrorfilme des letzten Jahres dem 79er Spukhaus-Klassiker (und keinesfalls bloß dem Fall Amityville).

Und dennoch ist "The Amityville Horror" kein sonderlich guter, nicht einmal ein durchschnittlicher Film. Schuld daran sind neben einigen eher lachhaften Effekten - welche man angesichts des Budgets, der Crew und der sorgfältigen Kulisse nicht erwarten würde - vor allem die naiven bis dummdreisten Anwandlungen des Drehbuches von Sandor Stern, das auf Jay Ansons populäre Buchversion[1] angeblich realer Erlebnisse der Familie Lutz zurückgeht: Diese war 1975 in jenes Haus gezogen, in welchem Ronald DeFeo im Vorjahr seine Familie ermordet hatte, um es dort keinen Monat auszuhalten und anschließend von Poltergeist-Phänomenen zu berichten. Dabei war Sterns Drehbuchentwurf schon der zweite, denn Anson selbst hatte einen ersten Entwurf vorgelegt, der jedoch auf Ablehnung stieß.
Doch weder die haarsträubenden angeblichen Tatsachenberichte der Familie Lutz - die am ehesten als blanker Schwindel oder Folge psychologischer Fehlleistungen & hysterischer Stimmungen zu greifen sind -, noch die Buchversion Jay Ansons geben vielversprechende Voraussetzungen für ein Drehbuch ab, steht doch ausschließlich ein naiver Glaube an unheimliche Phänomene im Mittelpunkt, welche sich als unmotivierte Aneinanderreihung präsentieren und weder ordentlich aufgeklärt bzw. begründet werden (wie es etwa in "The Legend of Hell House" (1973), "The Changeling" (1980) oder "Conjuring 2" geschieht), noch eine nennenswerte psychologische Entwicklung bei den Figuren einleiten (wie es etwa in "The Innocents" (1961), "The Haunting" (1963) oder "The Shining" (1980) geschieht), wenngleich es durchaus zu Verhaltensänderungen bei George Lutz (Brolin) kommt.
Diese Verhaltensänderungen betreffen aber keine durch das Übernatürliche beeinflusste Psyche, sondern sind eher Begleiterscheinungen einer bloßen Besessenheit: hier kitzelt keine unheimliche Macht aus George Lutz heraus, was in diesem bereits angelegt ist, verführt ihn nicht zum Bösen, lässt nicht seine Schwachstellen aufbrechen (und ist erst Recht nicht ein bloßes Produkt seiner Einbildungskraft!), sondern übernimmt ihn bisweilen ganz einfach, bis George wieder recht unvermittelt zu sich selbst findet... George ist kein Ex-Alkoholiker, der seinem Sohn schon einmal den Arm gebrochen hatte (wie Jack Torrance in "The Shining"); er ist ein freundlicher, fürsorglicher, wenn auch manchmal etwas ernster Mann, der allerhöchstens noch dadurch etwas Abgründiges in sich trägt, dass er lediglich der Stiefvater der drei Kinder der vormals alleinerziehenden Kathy und darüber hinaus nicht sehr gläubig ist (letztlich aber doch zum Kruzifix greift): nach reichlich konservativer Lesart ist George also geradezu prädestiniert dafür, der bösen Kraft zum Opfer zu fallen. Er verspürt bloß ein vages Unwohlsein, wohingegen seine minimal gläubigere Frau immerhin warnende, sehr konkrete Alpträume hat (derweil Priester & Nonnen im Amityville-Haus sofort wissen, dass das Haus böse ist). Aber diese Kraft, der George halbwegs zum Opfer fällt, kommt quasi ausschließlich von außen: George ist als nicht sonderlich christlicher Mensch lediglich vergleichsweise wehrlos, aber nicht seinem Wesen nach böse; er ist nicht einmal unzufrieden und neugierig auf Unbekanntes. Er ist keine labile Figur wie Torrance (oder Eleanor Lance aus "The Haunting") und keine Figur, die an einen Einfluss übernatürlicher Verderbtheit glauben will (wie Miss Giddens aus "The Innocents"), sondern ein gewöhnlicher Mann, der zwar zusehends mürrischer & kränklicher wirkt, aber letztlich völlig unmotiviert zum besessenen Gewalttäter und ebenso unmotiviert wieder zum fürsorglichen Beschützer seiner Familie wird.[2]
Und seine spät im Film thematisierte Ähnlichkeit mit dem mörderischen (und wesentlich jüngeren) Vorbesitzer des Amityville-Hauses verheißt nichts Gutes, aber dieser fatalistische Aspekt erklärt letztlich nichts, sondern wirft lediglich neue Fragen auf. Das gilt mit Abstrichen auch für die Begründung des ganzen Spuks, die letztlich sehr abstrakt, klischeebeladen und schwammig erfolgt und jene innere Schlüssigkeit entbehrt, die einem "The Legend of Hell House" oder "The Changeling" zukamen: John Ketchum, ein Hexenmeister aus Salem, habe an diesem Ort gewohnt; es habe Menschenopfer & Satansanbetungen gegeben; Shinnecock-Indianer hätten auf diesem Grundstück ihre ausgestoßenen Geisteskranken dem Tod überlassen... (Die in vielerlei Hinsicht unsägliche deutsche Synchro macht daraus eine Sekte, welche im Keller des Hauses Geisteskranke eingesperrt habe.)[3] Irgendeine Präsenz ergreift von einer Freundin der Familie, die sich als eine Art Medium bezeichnet, Besitz und lässt sie im Keller des Hauses von einer Pforte zur Hölle sprechen.[4] Ob jetzt der Indianerfriedhof, das Treiben eines Hexenmeisters oder eine fatalistische Verbindung zwischen George Lutz und DeFeo Ursache des ganzen Treibens ist, darf sich das Publikum sozusagen aussuchen, denn auf die Erklärung kommt es gar nicht an: An das Aufdecken eines Geheimnisses knüpft "The Amityville Horror" ebensowenig einen Spannungsbogen wie an psychologisch nachvollziehbare Charakterentwicklungen der Figuren; es geht bloß um die gemächliche Steigerung des Spuks.

Zu der einfältigen Prämisse gesellte sich ein marktschreierisches Marketing, das die Vorfälle in Amityville während der Produktion aufbauschte und eine Furcht der Filmemacher vor den realen Begebenheiten behauptete (gleichwohl z.B. Brolin & Kidder die Amityville-Anekdoten für Humbug hielten); ein Marketing, das sich noch bis heute fortsetzt, da man für die DVD-Veröffentlichungen ausgerechnet den Parapsychologen Hans Holzer einen Audiokommentar einsprechen ließ (in welchem der Film als übertriebene Version eines ganz realen Spuks ausgegeben wird, für welchen eindeutig die Existenz eines alten Indianerfriedhofes gesorgt habe). Die Schuld für die dramaturgisch ungeschickte Handlung ist also nicht allein bei Stern zu suchen (wenn sich denn der Film überhaupt durchgängig an dessen Drehbuch hält); aber es ist bezeichnend, dass der Drehbuchautor - ganz im Gegensatz zu fast allen übrigen Beteiligten - weder zuvor, noch danach an bemerkenswerten Filmen mitgewirkt hat: Sterns Karriere (als Drehbuchautor & Regisseur) beschränkt sich fast ausschließlich auf vergessene TV-Filme und die zwei Horrorfilme "Pin" (1988) und "Amityville: The Evil Escapes" (1989), welcher als dritter Nachfolger von "The Amityville Horror" von einer besessenen Stehlampe handelt.

"The Amityville Horror" spitzt [Achtung: Spoiler?] Ansons Bemühungen, an den Erfolg von Blattys "The Exorcist" (1971) samt Verfilmung (1973) anzuknüpfen, noch zu, indem er den Nebenstrang um den besorgten Geistlichen stärker ausbaut: Pater Delaney, dem schon früh klar wird, dass in dem Haus das Böse umgeht, spielt mehrfach mit dem Gedanken, der Familie Lutz Hilfe zukommen zu lassen, wird dabei aber stets von der bösen Macht - welche ihm scheinbar an jeden Ort zu folgen versteht - behindert & eingeschüchtert und bei einem letzten Auflehnungsversuch mit Blindheit gestraft. (Und auch hier kreuzen sich die Wege der Geistlichkeit mit denen eines ratlosen Ermittlers, der an Lee J. Cobbs Lt. Kinderman erinnert.) Der sich George & Kathy Lutz widmende Hauptstrang setzt ähnlich episodisch auf diverse Heimsuchungen, wobei das Böse zunehmend auch von George Besitz ergreift und ihn - wie den Mörder des Vorjahres - auf psychologisch nicht weiter nachvollziehbare Weise zur Bedrohung seiner Familie geraten lässt.
Dabei ist "The Amityville Horror" nicht völlig frei von effektvollen Höhepunkten: Der Prolog, der sich dem DeFeo-Mord widmet, die überrumpelnden Rückblicke in die Mordnacht während der Hausbesichtigung, die sich teilweise in extremen Nahaufnahmen versammelnden Fliegenschwärme während der erfolglosen Segnung des Hauses durch Pater Delaney sind nicht ohne Reiz, was auch für die am Original-Haus angelehnte Kulisse (bzw. für die Hausfassade mit ihren unheimlich starrenden Dachfenstern) gilt. Schifrins oscarnominierte Musik, die Kameraarbeit, die während der bedrohlicheren Momente auf ungewöhnliche Aufsichten, Nahaufnahmen, Veränderungen der Tiefenschärfe oder langsame Zooms bzw. Fahrten zurückgreift, und ein immer wieder auf krasse Sprünge setzender Schnitt verleihen diesen Augenblicken eine grundsolide & relativ effektvolle Inszenierung. Dann jedoch beschränkt sich der Film auf kleine Absonderlichkeiten, welche Familie Lutz über sich ergehen lassen muss: Schwarze Flüssigkeit steigt in der Toilette auf, der jugendliche Babysitter mit überdimensionaler Zahnspange sitzt im Wandschrank fest und kann die Tür nicht mehr öffnen, Lutz jr. klemmt sich die Finger im Fenster oder fällt eine Treppe herunter, ein sich vorstellender Nachbar ist - kaum, dass Kathy ihm kurz den Rücken zudreht - nach wenigen Sekunden wieder verschwunden; aber eine ernstliche Bedrohung wird hier kaum noch aufgebaut. Das reichlich profane Toilettenproblem wirkt in seiner Harmlosigkeit eher erheiternd, was auch für einige eher dilettantische Effekte gilt: etwa das aus zwei kleinen Leuchten bestehende glühende Augenpaar, in welches Kathy Lutz blickt, als sie an das Kinderzimmerfenster tritt; die an Bernard Herrmanns "Psycho"-Klänge erinnernde Musikuntermalung und die hochdramatisch hin & her springende Montage sorgen angesichts dieses ziemlich läppischen Effekts für eine Unangemessenheit, die zum Lachen anregt. Erfahrungsgemäß fühlen sich viele Zuschauer(innen) auch durch Brolins immer zerzauseltere, voluminöse Frisur, in der sich bisweilen auch Blattwerk verfängt, zum Lachen angeregt; oder durch die Riesenzahnspange des Babysitters; oder durch die reichlich gezwungen & gekünstelt wirkenden Darbietungen von Irene Dailey (als Nonne und nervige Tante) oder Elsa Raven (als Häusermaklerin).
Wenig ernst zu nehmen ist auch die beständige (und im Grunde auch gar nicht weiter handlungsrelevante) Heimsuchung Pater Delaneys: Nach seinem Versuch, das Haus zu segnen, verschlägt es ihm bei jedem Telefonkontakt zu Kathy Lutz auf unnatürliche Weise die Sprache; als er in Begleitung eines jüngeren Kollegen erneut zum Amityville-Haus fahren will, ergreift eine fremde Macht die Kontrolle über das Fahrzeug, das sich nicht bloß nicht mehr vernünftig steuern lässt, sondern mit urplötzlich aufklappender Motorhaube auch noch die Sicht auf den Verkehr versperrt. Ein auf gerader Strecke hektisch das Steuer hin & her reißender Priester, neben welchem Delaney abwechselnd furchtsam die Hände vor sein Gesicht hält oder seinerseits ins Lenksrad greift, lässt diese Szene eher zu einer Art Parodie auf die "Omen"-Reihe mit ihren kreativen Unglücksfällen geraten. An diese knüpft der Film dann auch an, wenn Pater Delaney seine Furcht überwindet, in der Kirche für die Familie Lutz betet und unter plötzlich herabfallenden Teilen einer Marienstatue sein Augenlicht verliert. Dass das eigentlich als ortsgebunden präsentierte Böse in der Lage ist, auch in der Ferne zu wirken, kann der Film kaum glaubwürdig vermitteln: dass im Amityville-Haus selbst vor allem Türen knarren, Schaukelstühle wackeln, Toiletten überfließen und Stimmen sprechen, während ein einmaliger Besucher auch weit entfernt noch in der Kirche seines Lebens nicht mehr sicher sein kann, wirkt dann auch ausgesprochen unverhältnismäßig. In Verbindung mit dieser Unverhältnismäßigkeit gewinnt auch der absurde Verlauf dieses Unfalls eher eine humorvolle, weniger eine bestürzende Note (wenngleich auch der Verlust des Augenlichts zweifelsohne entsetzlich ist).

Es bleibt letztlich Brolin - der sich in "The Car" (1977) bereits mit einem besessenen Auto plagen konnte und sich nun mit einem bösen Haus herumschlagen darf - überlassen, mit seinem zunehmenden Kränkeln, einem sich seit dem Einzug allmählich steigernden Jähzorn und seinem gewalttätigen Agieren in Kathys Alpträumen eine beständige Beklemmung zu kreieren, welche über die harmlosen Vorfälle im Amityville-Haus kaum erreicht werden kann: In diesem entwicklungsarmen Zweistundenfilm mit seinen redundanten Zwischenfällen gelingt ihm das mit der reichlich eindimensional gezeichneten Figur aber kaum, auch wenn er des nachts zur Uhrzeit der DeFeo-Morde erwacht und unruhig durchs Haus streift. Erst in den letzten zehn Minuten entwickelt "The Amityville Horror" äußerst kurzzeitig ein lebensbedrohliches Szenario, welches mit blutenden Wänden & Treppenstufen, Gewitter & Sturmböen, zerberstenden Fenstern und schwarzem Schlamm im Kellergeschoss auch für einige Schauwerte zu sorgen versucht: nach dem wenig affizierenden Mittelteil entfaltet dieses reichlich kurz ausgefallene Finale aber kaum Wirkung, zumal das Auftauchen eines lilafarbenen, gespenstischen Riesenschweins mit rotglühenden Augen - bei welchem es sich um die vermeintlich eingebildete Spielgefährtin der Tochter handeln soll - hinter den Fenstern des Amityville-Hauses bei einem großen Teil des Publikums eher unfreiwillige Komik auslöst...

Gewiss nimmt der Film mit seinem Indianerfriedhof-Aspekt, seinem zwar kurzen, aber - für Spukhausfilme - relativ aktionsreichen Finale[5] und mit der drohenden Wiederholung einer schrecklichen Mordgeschichte (die Kings Roman "The Shining" (1977) allerdings schon kurz zuvor enthielt) einiges vorweg, was später zu einem Klischee des (Sub)genres werden sollte; aber in seiner so sensationsgeilen wie naiven Ausbeutung vorgeblich realer Ereignisse entbehrt der Film vor allem einer ordentlichen Dramaturgie: "The Amityville Horror" ist eine bloße Reihung kleiner Unglücksfälle (mit einem unergiebigen Nebenstrang, der zudem die innere Logik infrage stellt), verzichtet auf eine konkrete Begründung der Ereignisse und leistet sich ein völliges Fehlen psychologischer Entwicklungen (welche für das Subgenre eigentlich von entscheidender Bedeutung sind). Im Umgang mit seinen Nebenfiguren erweist sich der Film zudem noch ungeschickter als im Umgang mit mit dem Delaney-Nebenstrang. Unfreiwillige Komik zuhauf, ein paar unlogische Elemente und einige allzu durchschaubare Trickeffekte sorgen zusätzlich dafür, dass die im Hinblick auf Kamera, Montage und Sountrack zumindest solide Inszenierung den Film kaum vor der Unterdurchschnittlichkeit bewahren kann. Als Anfang einer langlebigen, bis in die Gegenwart reichenden Reihe, als großer Kassenerfolg seiner Zeit, als Werk nahmhafter Filmschaffender sicherlich von Interesse - aber letztlich so ungeschickt zerdehnt, in­ef­fek­tiv & gehaltlos, dass ihm nicht bloß die anderen Klassiker seines Subgenres den Rang ablaufen, sondern sogar die kleinen, kostengünstigen und auch nicht gerade herausragenden Konkurrenten (wie "Something Evil" (1972), "Legend of Hell House", "Burnt Offerings", "Shock" (1977), "Full Circle" (1977)) als niveau- & stilvollere Genrefilme vorzuziehen sind. (Selbst die Simpsons-Treehouse-of-Horror-Episode "Bad Dream House" (1992) ist unheimlicher als "The Amityville Horror". Immerhin war der erste Nachfolger, Damianis "Amityville II: The Possession" (1982), wesentlich besser...)

3,5/10


1.) Jay Anson: "The Amityville Horror" (1977).
2.) Man kann mit Cormans "House of Usher" (1960) eine andere AIP-Produktion zum Vergleich heranziehen: Dort wurde die Dialogzeile, dass das Haus selbst böse sei, auf Produzentenwunsch eingefügt, derweil der Film selbst keinerlei Zweifel daran lässt, dass alles Unheil der Psyche der Figuren entspringt. "The Amityville Horror" legt es hingegen von Anfang bis Ende darauf an, dass das Haus böse ist, derweil die Psyche der Figuren keine Grautöne, keine nachvollziehbaren Abweichungen aufweist.
3.) Die Idee des Indianer-Friedhofs sollte fortan fest zum Genre gehören: Die King-Verfilmungen "The Shining" und "Pet Semetary" (1986) greifen die Idee auf, Tobe Hoopers "Poltergeist" (1982) - in welchem ein nicht umgesiedelter Friedhof unter einer Wohnkolonie liegt, wird diese Idee - womöglich aufgrund des ersten Sequels mit seiner Figur des Indianers - immer wieder zugeschrieben.
4.) Diese Pforte zur Hölle ist bloß eine der vagen Gemeinsamkeiten, die "The Amityville Horror" mit Lucio Fulcis (im englischsprachigen Raum als Gates of Hell-Trilogie bekannter) Trilogie "Paura nella città dei morti viventi" (1980), "L'aldilà" (1981) und "Quella villa accanto al cimitero" (1981) aufweist, deren letzter Teil am deutlichsten Parallelen aufweist. Was "The Amityville Horror" mit Fulcis Trilogie noch verbindet, wäre die - bei Fulci deutlich anklingende - Anlehnung an Lovecraft, welche bei Rosenberg lediglich über den von Jay Anson übernommenen Titel erfolgt, der sich an der Erzählung "The Dunwich Horror" (1929) orientierte (welche übrigens als "The Dunwich Horror" (1970) bei AIP verfilmt worden war).
5.) Ein ebenfalls ungewöhnlich furios angelegtes Finale lieferte zuvor aber auch schon Dan Curtis' Spukhausfilm "Burnt Offerings" (1976).

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