Jupp, da haben wir einen so richtig schlechten Film. Nicht im Sinne von "grausamer Zeitverschwendung", sondern einen Streifen, der durchaus Potential und auch ein paar mehr als ordentliche Szenen hat.
Aber diese Umsetzung!
Diese Dialoge!
Diese Inszenierung!
Dieser Schnitt!
Dabei hat "Amityville" tatsächlich einen beachtlichen Ruf unter den Spukhausfilmen (gibt ja auch nicht so viele davon) und der rührt daher, daß der Film a) auf einer wahren Begebenheit beruhen soll (wir lachen herzlich), b) im Fahrwasser von Shining zu Popularität kam (weswegen eine Axt auch eine nicht unbedeutende Rolle spielt und c) er aus der ganzen Slasher-Welle ein wenig herausragte.
Trotzdem kann man eins mit Fug und Recht sagen: es ist ein Versager von Film. Er ist so ungeschickt gemacht, daß man ihn tatsächlich immer wieder gern sieht, weil es so einen Spaß macht, zu sehen, was alles daran falsch ist.
Da hätten wir erst die Tragödie von dunnemals, als ein Jungmann seine Familie mit der Flinte auspustete, kleines Pflichtmassaker zu Beginn. Dann kommt die Familie Lutz, als Papi Hotel-Mann James Brolin, der hier dem Mann aus den Bergen optisch nacheifert, als Mami Margot Kidder, die ja als Lois Lane keine Karriere machte. Und Regisseur Rosenberg geht ab wie Luzie. Erstmal Wohnungsbesichtigung mit unpassender Parallelmontage, bei der wir die Morde ein zweites Mal sehen, die Maklerin ist hübsch schleimig, das Haus eine Bruchbude. Lutzens dagegen machen sich Sorgen um die Hypotheken. Ja, Stephen King hatte recht, hier fühlt man den halben Film weniger wegen des Horrors, sondern wegen der Kreditzinsen, denn besser wird das Haus auch nach drei Wochen Family nicht mehr aussehen.
Aber es geht hier nicht nur um die Knete, sondern auch um den familiären Zusammenhalt, die Liebe und vor allem (ganz wischtisch in USA) um die Religion. Kaum ist man also eingezogen, kommt Onkel Rod Steiger vorbeigeritten, den man hier in einen Priesterkaftan gesteckt hat, um auch gleich noch auf der Exorzistenwelle (Leute, das war vor fünf Jahren!) mitzureiten. Zwar ist keiner da, aber Roddie fängt einfach mal ungefragt an zu segnen. Dabei verbrüht er sich die Hand (oder so), hat plötzlich ein Zimmer voller Fliegen am Arsch und die Luft bleibt auch weg, ehe ihn eine körperlose Stimme heim schickt.
Damit haben wir jetzt natürlich was extra: nämlich einen Handlungsnebenstrang rund um Onkel Rod, der es einfach nicht schafft mit seinem Untergebenenmönch (ich glaubs nicht: Don Stroud!) dieses Haus zu reinigen.
Der böse Geist ist offenbar auch unterwegs tätig, denn Steiger bekommt seine Besessenheitsanfälle, wann immer er am Telefon den Lutzens beistehen will. Auch ein Autoausflug endet in einer Katastrophe, schließlich muß er Urlaub nehmen, nachdem er völlig unzusammenhängendes Zeug von Liebe und Gnade faselt. Sein Vorgesetzter spricht schließlich von Ketzerei, was mich fröhlich aufjohlen läßt. Bei seinem letzten Auftritt in einer Kirche erblindet er auch noch. Fragt mich nicht, wohin das führt oder was das soll, diese Szenen machen wenig Sinn, lenken aber vom Höllenhaus ab und bieten schlechte Dialoge als Abwechslung. Nachdem er denn nun blind ist, verschwindet er aus der Handlung - wenigstens nagt er nicht mehr an seiner Hand, wie in allen anderen Szenen.
Im lieben Amityville-Haus, daß mit seinen Dachfenstern eh wie ein böses Gesicht aussieht, wird's allerdings immer lustiger. Daddy ist nur angeheiratet, im Haus ist's kalt, beim Poppen stören die Kinder. Der Score mit dem leiernden Kindergesang (übrigens vom Exorzisten übernommen, da dort nicht gebraucht!!!) setzt ständig unvermittelt ein und aus, egal obs gerade paßt oder nicht. Überhaupt scheint die musikalische Untermalung mit dem Würfelbecher verteilt worden zu sein, wenn's paßt, ist es Zufall.
Und wie uns die lustig-uninformativen Einblendungen (4.Tag, 7.Tag, 11.Tag) verraten, kommt was auf uns zu.
Daddy Brolin entwickelt nämlich einen beunruhigenden Hang zu seiner Axt und knechtet damit ganze Wälder klein. Außerdem hat er bärig schlechte Laune, was Margot stark betroffen macht und sieht einem Yeti immer ähnlicher. Töchterle hat die unsichtbare Freundin und die sperrt eben die Babysitterin (mit Riesen-Zahnspange) in die Kleiderkammer, bis die Gute einen Schock bis zu den Wechseljahren hat. Sohnemann Nr.1. wird die Hand vom Fensterrahmen geplättet. Die Fliegen summen als böse Präsenz und Mrs.Kidder macht den Jump, als vor dem Fenster die elektronischen Augen glühen. Das wird noch dicke enden.
Klingt soweit prima, denken sie? Dann müssen sie das sehen. Dramaturgisch ein ewiges Auf und Ab, klebt Rosenberg eine Szene wegen des guten Eindrucks aneinander, ohne daß die Spannung aufgebaut wird oder die Handlungen und Verhaltensweisen aneinander passen. Da geschehen schreckliche Ereignisse und niemand zieht Konsequenzen. Da geht die Firma in Mors', aber keinen kümmerts und der mahnende Geschäftspartner (mit hellsichtiger Frau, uhaha) ist mal da und dann wieder nicht.
Trotzdem ahnen wir den Clou, denn Daddy sieht aus wie der Massenmörder von ehedem. Das wissen wir schon vor seiner Ehefrau, denn beim Anstandsbesuch begegnen wir Brolins bösem Ich im Keller. Das muß man gesehen haben, allein von der Montage: der Kollege macht Brolin in der Kneipe dicke Vorwürfe, wofür er einen vor den Bahnhof bekommt. Anschließend geht's allen besser (warum bloß) und man hat die Bombenidee: Mom und Dad müssen mal wieder ausgehen, dann renkt sich das ein. Ab nach Haus. Da will Margot erst mal überzeugt sein, daß das vor dem Fenster keine Katze war. Aus irgendeinem Grund muß James aber noch mal Brennholz nachlegen. Die Pause nützen die Hausfreunde, um in den Keller zu stürmen, weil Miss Shining dort das Zentrum ausgemacht hat und auch gleich beginnt, die Wand einzukloppen. Brolin kommt runter und macht, "Ja, da ist was!", gleich mit. Margot kommt frisch geschminkt dazu und gerade nocht recht, um eine rot ausgemalte Kammer zu entdecken mit bösem Ich und noch böserer Aura. Die Hellsichtige spricht plötzlich mit Rod Steigers Stimme. Drama, Kreisch! Und nochmals Kreisch! Schnitt! Freunde weg. Alles gut. Keiner will das Haus verlassen. Noch Fragen?
Nach hinten raus zerbröselt also die Family und mit der fehlenden Haussegnung ist wohl auch der Hase so gut wie gegessen, wobei in der letzten Nacht, die Hölle losbricht. Brolin ist schon mit der Axt unterwegs, überlegt es sich im letzten Moment jedoch anders und verfrachtet alle ins Auto. Doch der Familien-Hund ist ja noch im Keller und bewacht das Höllentor. Klarer Fall, für Mr.Brolin gibt es keine Kindertränen, er stapft tapfer zurück...
Ich bin überzeugt, in der richtigen Stimmung kann Amityville Lachkrämpfe auslösen, dabei sind manche Sequenzen sogar verdammt spannend gemacht. Die Idee hat etwas, doch leider gibt das Buch in der Richtung nichts her und entwickelt auch nichts. Eine Szene pappt an der nächsten, fahrig montiert und meistens total unpassend. Mal geht's ihnen gut, mal schlecht. Mal Terror, mal Idylle. Mal neutrale Szene, dann wieder düstere Musik. Zwischendurch seltsame rotgefärbte Aufnahmen des Hauses. Die Bombenszene ist sicherlich, wenn Brolin durchs nächtliche Haus stapft und schreit: "Mein Gott, ich werde wahnsinnig!", um dann anzufangen, den Teppich zu verlegen.
Amityville sieht aus, als hätten vier verschiedene Regisseure unabhängig voneinander Szenen aus vier sehr ähnlichen Drehbüchern verfilmt und ein Neunjähriger hat diese dann zusammengeschnitten und zwar immer die, in denen was los ist. Eine wunderbare Studie für Filmstudenten, wie man es eben nicht machen sollte. Für alle anderen ein indiskutabel verrissenes Stück Schund - und wunderbar witzig. (4/10 Kuriositätenpunkte).